Aktion Rauch und Asche -
Verlorene Standbilder in Potsdam

Von den Monarchendenkmälern in der ehemaligen preußischen Residenz- und Garnisonstadt und heutigen brandenburgischen Landeshauptstadt Potsdam ist nichts übrig geblieben. Lediglich die Monumente im Park von Sanssouci haben Einschmelzungen im Zweiten Weltkrieg und die kommunistische Bilderstürmerei danach überlebt. Im Lustgarten stand, mit Blick auf das Stadtschloss und die Nikolaikirche, das Denkmal des preußischen Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. Die 1885 errichtete Bronzefigur auf hohem Granitsockel war eine Wiederholung des Standbildes von Karl Hilger, das mit weiteren brandenburg-preußischen Herrschermonumenten das zur Ruhmeshalle des deutschen Kaiserreichs umgebaute Zeughaus Unter den Linden in Berlin, das heutige Deutsche Historische Museum, schmückte. Der Standort war gut gewählt, diente doch der Lustgarten unterm Soldatenkönig und späteren Herrschern als Exerzierplatz. Vom Stadtschloss, dessen Kriegsruine 1960. abgerissen wurde und dessen Wiederaufbau geplant, aber noch nicht begonnen ist, hatte der Monarch einen guten Blick auf die vor ihm paradierenden und exerzierenden „Langen Kerls“ mit dem charakteristischen turmförmigen und mit dem Stern des Schwarzen Adlerordens geschmückten Helm.

Der Sohn des Soldatenkönigs, Friedrich II., der Große, erhob sich, den Dreispitz auf dem Kopf und den unvermeidlichen Stock in der Hand, auf der „Plantage“. Auch dieses Bronzemonument ging in Rauch und Asche auf. Wann es eingeschmolzen wurde, lässt sich nicht genau sagen. Das Denkmal wurde 1901, zur Zweihundertjahrfeier des preußischen Königreichs, als Geschenk Kaiser Wilhelms II. an die Residenzstadt hinter der Garnisonkirche aufgestellt. Der Große König schaut, wenn man so sagen will, auf das Gotteshaus, in dem er 1786 und sein Vater 1740 in der Gruft hinter dem Altar bestattet wurden. Die Garnisonkirche war am 18. März 1933 Schauplatz einer schaurigen Zeremonie. Über den Gräbern der beiden Preußenkönige legte der greise Reichspräsident und ehemalige preußische Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg symbolisch die Regierungsgewalt in die Hände des Führers der NSDAP und Reichskanzlers Adolf Hitler. Die Zeremonie ging als „Tag von Potsdam“ in die Geschichte ein. Sie sollte die Legitimität des neuen Regimes unterstreichen und deutschnationale Kreise mit der Nazipartei und ihrem bisher abgelehnten Führer versöhnen.

Bei dem Friedrich-Denkmal auf der Plantage handelt es sich um eine Kopie der von Joseph Uphues für die Berliner Siegesallee geschaffenen Marmorfigur des Preußenkönigs. Friedrich-Figur aus Marmor. Im Lapidarium am Halleschen Ufer in Berlin kann der Ende des Zweiten Weltkriegs stark beschädigte Große König mit weiteren brandenburg-preußischen Herrscherdenkmälern betrachtet werden. Die Siegesallee wurde als persönliches Geschenk Kaiser Wilhelms II. an die Haupt- und Residenzstadt Berlin „zur Erinnerung an die ruhmreiche Vergangenheit unseres Vaterlandes“ von namhaften Bildhauern geschaffen und 1901 fertig gestellt. In der Bevölkerung und der Kunstkritik stieß der auch als „Puppenallee“ wegen ihrer zum Teil mittelmäßigen Qualität, der Serienmäßigkeit der Figuren und der borussischen Tendenz verspottete „Ehrenschmuck“ (Wilhelm II. über seine Gabe an Berlin) auf Kritik, die den Kaiser aber nicht daran hinderte, ihre Wirkung durch Aufstellung von Nachbildungen ausserhalb Berlins zu verstärken. Das erklärt auch, warum eine weitere Version aus Marmor den Vorgarten der Generaldirektion der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg im Park Sanssouci, ein paar Minuten vom Eingang am Grünen Gitter, schmückt.

Verloren ist auch eine von dem Bildhauer Franz Dorrenbach geschaffene steinerne Gedenksäule zur Erinnerung an die Gefallenen des in Potsdam stationierten 1. Garde-Regiments zu Fuß. Der Obelisk wurde 1924, zehn Jahre nach Beginn des Ersten Weltkriegs, neben der Garnisonkirche errichtet. Unter der Büste Friedrichs II. in einem Medaillon reichen sich ein „Langer Kerl“ und ein Soldat des Ersten Weltkriegs mit einem Stahlhelm auf dem Kopf und bewaffnet mit einem Gewehr die Hände. Beide Männer blicken verzückt zu ihrem großen Vorbild hinauf. Die Form der Säule aus Kalkstein erinnert stark an die auf dem Alten Markt und an anderen Stellen in Potsdam aufgestellten Obelisken aus dem 18. Jahrhundert.

Vernichtet ist der aus stehenden Soldaten und Trophäen bestehende Figurenschmuck auf der Kaiser-Wilhelm-Brücke (besser bekannt als Lange Brücke), ein Werk des Bildhauers Ernst Herter. Nach dem zweiten Weltkrieg hat man Reste in der Havel gefunden. Ihr Verbleib ist unbekannt. Das ebenfalls von Herter stammende und 1901 enthüllte Reiterdenkmal Kaiser Wilhelms I. mit Sockelreliefs und sitzenden Assistenzfiguren wurde, wie die Brücke, ein Opfer des Zweiten Weltkriegs. Das gleiche Schicksal hatte das von Eugen Börmel geschaffene und 1903 auf dem Luisenplatz aufgestellte Standbild von Kaiser Friedrich III. Er war Sohn und Nachfolger Wilhelms I. und regierte 1888 nur 99 Tage, weshalb er auch 99-Tage-Kaiser genannt wurde. Sein Sohn Wilhelm II. ging wegen der vielen Denkmalstiftungen auch als „Denkmalwilly“ in die Geschichte ein. Das Bronzemonument Friedrichs III. fiel 1943 der Rüstungsindustrie zum Opfer und wurde eingeschmolzen.

Helmut Caspar

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