Bei Gott ist Rat und Tat -
Mit einem alten Georgstaler aus Mansfeld nachempfundenen Dreimarkstück endete 1915 die preußische Münzgeschichte



Das einem Mansfelder Georgstaler nachempfundene Berliner Dreimarkstück von 1915 ist die letzte preußische Münze und eine der schönsten der ganzen Kaiserzeit dazu. (Foto: Caspar)

Die Kupfer- und Silberförderung im Mansfelder Land blickt auf eine lange Erfolgsgeschichte zurück.
Um das Jahr 1200 war damit begonnen worden, bei Hettstedt, im Herrschaftsbereich der Grafen von Mansfeld, Kupfer abzubauen. Da das rote Metall einen hohen Anteil Silber besaß, lieferte es auch den Rohstoff für Münzen. Wer im Besitz dieser Förderstätten war, zählte zu den Reichen im Römisch-deutschen Reich und trug das auch durch vielfältige Prägungen zur Schau. Mansfelder Münzen und Medaillen der Neuzeit bilden neben dem vierfach geteilten Wappen der gräflichen Landesherren auch den Heiligen Georg als Drachentöter ab; andere zeigen Gruben im Längsschnitt mit Bergleuten bei der Arbeit. Ähnlich verfuhr man in den braunschweigischen Herzogtümern und in der Grafschaft Stolberg, wo man ebenfalls sehr schöne Bergbauansichten auf Münzen abbildete.

Als Amulette beliebt
Die in großer Zahl geprägten Mansfelder Georgstaler waren als Amulette überaus beliebt. Mit Löchern oder Henkeln versehen und oft auch vergoldet, wurden sie um den Hals an Schnüren oder Ketten getragen oder am Körper mitgeführt. Das kam nicht von ungefähr, denn den Georgstalern wurde die Eigenschaft zugeschrieben, vor dem bösem Blick, vor Krankheit, Verwundung sowie Gefahr für Leib und Leben bewahren zu können. In einem Münzlexikon von Carl Christoph Schmieder (Halle und Berlin 1811) wird über folgende Begebenheit berichtet: „Der Zufall wollte, daß einmal ein Officier im Treffen von einer Kugel getroffen, aber nicht verwundet wurde, weil sie sich von einem solchen Georgenthaler, den er als Nothpfennig eingenähet bei sich trug, abprallte. Die Sache ward ruchbar und, wie billig, schrieb man den Erfolg den Patrono Comitum et Dominorum (dem Patron der Grafschaft und ihrer Herren) zu. Man glaubte zuversichtlich, daß ein Georgsthaler gegen Hieb, Stoß und Schuß fest mache, auch wohl vor gefährlichem Sturz mit dem Pferde sicher stelle. Von dieser Zeit an wollte jeder Officier damit versehen seyn und ein Georg war ein wesentliches Stück seiner Equipage. Durch die häufige Nachfrage wurden die Thaler so selten, daß man das Stück mit 20 – 30 Rthlr. (Reichstaler) bezahlen mußte“.

In der Bevölkerung kursierten über die Kräfte der Georgstaler die unglaublichsten Geschichten, und gelegentlich wurden Exemplare herumgezeigt, die durch eine steckengebliebene Kugel zerbeult waren. Besonders begehrt waren jene Ausgaben aus dem frühen 17. Jahrhundert, die außer den Drachentöter auch die Inschrift „Bei Gott ist Rat und Tat“ zeigen. Angeblich sollen diese Münzen im Dreißigjährigen Krieg und in den Türkenkriegen des 17. Jahrhunderts bei der Abwehr feindlicher Kugeln gute Dienste geleistet haben.

Sicherheit im Sturm
Da sich die Mansfelder Münze außerstande sah, den großen Bedarf an Georgstalern zu befriedigen, sprangen andere Prägestätten, etwa in Kremnitz und Nürnberg, ein. Sie ersetzten allerdings das Wappen der Mansfelder Grafen durch eine Szene aus dem Neuen Testament, nämlich den in einem Segelschiff schlafenden Jesus Christus, dem das stürmische Meer nichts anhaben kann. Dieses Amulett mit der (übersetzten) lateinischen Umschrift „Sicherheit im Sturm“ hatte den Vorteil, dass es „zum Land- und Seekriege in der That tauglich war“, wie das zitierte Lexikon bemerkt. Bis ins 20. Jahrhundert hinein wurden solche Glücksbringer und Gefahrenabwehrer in großer Zahl und unterschiedlicher künstlerischer Qualität hergestellt. Viele Stücke aus Gold sind ausgesprochene numismatische Raritäten und, wenn sie von bedeutenden Stempelschneidern stammen, auch große Kunstwerke.

Silberner Abschluss
Als die Grafschaft Mansfeld nach dem Wiener Kongress (1814/15) an das Königreich Preußen fiel, wurde die Münzprägung fortgeführt. Am Münzbuchstaben „A“ kann man erkennen, dass die Taler mit der Aufschrift SEGEN DES MANSFELDER BERGBAUES in Berlin geprägt wurden, wo seit 1750 dieser Münzbuchstabe gebräuchlich war.

In der Königlichen Münze an der Unterwasserstraße wurde vor genau 90 Jahren das letzte preußische Dreimarkstück geprägt. Dieses inoffiziell Mansfelder Segenstaler (weil es den Taler schon lange nicht mehr gab!) genannte Geldstück ist eine der schönsten Silbermünzen der Kaiserzeit. Wie die Dreimarkstücke von 1913 zur Hundertjahrfeier des Aufrufs „An mein Volk“, mit dem 1813 der preußische König Friedrich Wilhelm III. das Signal zur Volkserhebung gegen das napoleonische Joch gab, und das Dreimarkstück mit der Darstellung des Völkerschlachtdenkmals bei Leipzig zur Hundertjahrfeier des Sieges über die französischen Truppen am 18. Oktober 1813 weicht die Mansfelder Münze von 1915 wohltuend vom Einerlei der immer wiederkehrenden Herrscherdarstellungen ab. Den Weg dafür hatte das deutsche Münzgesetz von 1901 geebnet, das auch die Prägung von Gedenkmünzen mit abweichenden Motiven erlaubte. Anlass der Prägung war die hundertjährige Zugehörigkeit der Grafschaft Mansfeld zum Königreich Preußen.

Mit einem Stempel des bekannten Berliner Medailleurs Paul Sturm in einer Auflage von nur 30 000 Exemplaren geprägt, zeigt die Dreimarkmünze auf der Vorderseite in Analogie alter Mansfelder Gepräge den Heiligen Georg als Ritter des 16. Jahrhunderts hoch zu Ross, wie er eine Lanze in den Rachen eines gräulichen Drachen stößt. Dass es sich um ein mansfeldisches Motiv handelt, erkennt man am Wappen der Grafschaft, das auf der Pferdedecke angebracht ist. Dieses traditionsreiche Motiv geht auf einen Entwurf des 1920 verstorbenen Eislebener Bergrats Karl Vogelsang zurück, der eine wertvolle Sammlung von Bergbaumünzen und –Medaillen besaß und sich bei Mansfelder Münzen bestens auskannte. Der Katalog der 1925 bei Riechmann in Halle versteigerten Kollektion ist noch heute ein wichtiges Zitierwerk und liegt auch als Nachdruck der Münzhandlung Heinrich Winter von 1971 mit Angaben der damaligen Erlöse vor.

Aufgrund des Silbermangels musste im Ersten Weltkrieg die Gedenkmünzenproduktion gedrosselt und dann ganz eingestellt werden. Das Edelmetall wurde für Rüstungszwecke benötigt. Hätte man mehr Silber zur Verfügung gehabt, dann wären wohl die Auflagen der extrem seltenen Dreimarkstücke von 1917 Friedrich der Weise zur Vierhundertjahrfeier der Reformation sowie von 1918 zur Goldenen Hochzeit des bayerischen Königspaares höher als 100 Exemplare gewesen. Der numismatischen Literatur ist der Hinweis zu entnehmen, dass weitere Gedenkprägungen geplant waren, so Münzen für das Jahr 1915 zum hundertsten Geburtstag des Reichskanzlers Otto von Bismarck beziehungsweise für das Jahr 1919 zur Fünfhundertjahrfeier der Universität Rostock. Wegen des Kriegsverlaufes und des Endes der Monarchie (1918) unterblieben diese und vielleicht auch noch andere Emissionen. Schade eigentlich, die Münzproduktion der Kaiserzeit hätte sonst sicher noch weitere bunte Tupfer bekommen.

Helmut Caspar

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