Faule Grete und Dicke Berta -
Populärer Name eines Riesengeschützes von Krupp nicht erklärbar



Aus dem Hause Krupp stammt dieser im 19. Jahrhundert gebaute Tausendpfünder, nach 1900 kam die Dicke Berta hinzu.
(Repro: Caspar)


Geschütze aus Bronze, Eisen und Stahl sind gelegentlich mehr oder weniger liebevoll mit Namen von Personen versehen worden. Da gab es im Mittelalter die Faule Grete, ein auch im Brandenburgischen eingesetztes Riesenrohr mit mauerbrechenden Eigenschaften und die auf der sächsischen Festung Königstein als Modell ausgestellte Faule Magd. Das Original des 2,5 Tonnen schweren und 4,37 Meter langen Geschützes aus der Zeit um 1430 steht im Militärhistorischen Museum der Bundeswehr in Dresden. Die legendären Kanonen waren, was Wendigkeit, Treffsicherheit und Schussweite betrifft, offenbar wirklich faul, werden aber von Militärhistorikern als Spitzenprodukte spätmittelalterlichen Stückeschmiedens gelobt.

Im Ersten Weltkrieg (1914-1918) stellte die Dicke Berta alle bis dahin bekannten Kanonen weit in den Schatten. Ihr geradezu mythischer Ruf hatte etwas mit ihren gewaltigen Ausmaßen zu tun. Auf wen sich der volkstümliche Name der wegen ihrer Durchschlagkraft gefürchteten Riesenkanone bezieht, ist auch bei der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung in Essen nicht bekannt. Als eine mögliche These wird die Benennung der in der Krupp’schen Rüstungsfabrik hergestellten Geschütze nach der alphabetischen Reihenfolge ihrer Herstellung angegeben. Der immer wieder behauptete Bezug auf Berta Krupp(1886-1957), die alleinige Aktionärin der Friedr. Krupp AG, sei nicht zu beweisen. Sie war die Tochter und Erbin des 1902 verstorbenen Industriellen und Kanonenkönigs Friedrich Krupp und heiratete 1906 den Diplomaten Gustav von Bohlen und Halbach (1870-1950), der sich nach einer Genehmigung von Kaiser Wilhelm II., der mit den Krupps freundschaftliche Beziehungen pflegte, Gustav Krupp von Bohlen und Halbach nennen durfte. Der Industrielle gehörte zu den Förderern Hitlers und seiner Nazipartei und war einer der Profiteure der nationalsozialistischen Kriegspolitik. Wegen Verhandlungsunfähigkeit blieb ihm eine Anklage vor dem Nürnberger Kriegsverbrechertribunal erspart. Statt seiner wurde der Sohn Alfried Krupp von Bohlen und Halbach (1907-1967) zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt, doch schon 1951 aus der Haft entlassen.

Im Jahr 1903 hatte der Grosse Generalstab und die deutsche Artillerie-Prüfungs-Kommission die Firma Krupp mit der Entwicklung eines schweren 42-cm-Steilfeuergeschützes beauftragt, das volkstümlich Dicke Berta hieß. Aufgabe der „M 42“ war es, französische Panzertürme zu zerstören, und tatsächlich wurden im Ersten Weltkrieg belgische und französische Festungsanlagen bezwungen. Trotz ihrer enormen Größe konnte die Kanone mit einer Reichweite bis zu 14 Kilometern und einem Gewicht von 20 Tonnen auf Schienen oder mit Hilfe von Dampftraktoren oder anderen Zugmaschinen relativ leicht und zügig transportiert werden. Im Laufe des Krieges hat die deutsche Seite auf den Einsatz von Geschützen in der Art der Dicken Berta verzichtet. Nach der deutschen Niederlage wurde abgerüstet, und so landete auch die legendäre Riesendame auf dem Schrott.

Helmut Caspar

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