Kampf um die schöne Helena -
Griechen verschafften sich Einlass durch das berüchtigte Danaergeschenk



Sophia Schliemann, die Frau des Ausgäbers Heinrich Schliemann, im Schmuck von Juwelen, die zum Schatz des Priamos gerechnet wurden. Kolorierte Fotografie um 1875. (Foto: Archiv)

Kaum ein anderer Kampf ist so von Legenden umgeben wie der Trojanische Krieg. Zahlreiche Maler und Dichter haben das dramatische Geschehen fantastisch ausgeschmückt. Sofern der erbitterte Kampf in grauer griechischer Vorzeit überhaupt stattgefunden hat und keine märchenhafte Erfindung des Dichters Homer ist, der im achten vorchristlichen Jahrhundert gelebt haben soll, dauerte die Belagerung des von starken Mauern geschützten Troja unter Führung des mykenischen Königs Agamemnon zehn Jahre. Ziel war die Befreiung der von Paris, dem Sohn des trojanischen Königs Priamos, geraubten Helena, der Gattin des Königs Menelaos von Sparta. Dieser König und sein Bruder Menelaos riefen die Griechen auf, die schöne Helena zu befreien, und es entspann sich ein langer, verlustreicher Krieg. In der „Ilias“ des Homer sind zahlreiche Heldentaten beschrieben. Beteiligt waren solch mythische Gestalten wie Achilles (der durch einen Pfeil des Paris an der „Achillesferse“ tödlich getroffen wurde), Hektor, Odysseus und Nestor.

Die Griechen werden bei Homer als Danaer bezeichnet. Da die Trojaner leichtfertig die Warnung der Seherin Kassandra und des Priesters Laokoon in den Wind schlugen, waren sie an ihrem Unglück nicht ganz unschuldig. „Was es auch ist: fürchtet die Danaer, auch wenn sie Geschenke bringen“, hatte Laokoon gewarnt. Doch die Trojaner hörten nicht und vertrauten den falschen Zeichen. Denn als Laokoon mit seinen Söhnen von zwei Schlangen getötet und so zum Schweigen gebracht wurde, erblickten die Trojaner darin ein göttliches Zeichen. Sie hatten deshalb auch keine Bedenken, das „Danaergeschenk“ in Gestalt eines Pferdes in die Stadt zu holen, das die nur zum Schein abziehenden Griechen vor den Stadttoren hatten stehen lassen. Mit der List hatten die Griechen Erfolg. 30 im Inneren der mächtigen Holzskulptur befindliche Krieger kletterten aus dem in die Stadt gezogenen „trojanischen Pferd“, öffneten heimlich die Stadttore von innen und holten die Belagerer herein. Troja wurde von den Griechen erobert.

Nur wenige Trojaner konnten fliehen. Der aus dem ortsansässigen Herrschergeschlecht stammende Aeneas entkam mit seinem gelähmten Vater auf der Schulter aus der brennenden Stadt und gelangte nach vielen Umwegen nach Italien. Die Römer verehrten in Aeneas einen ihrer mythischen Gründerväter.

Wie immer, ist auch an der Geschichte vom Trojanischen Krieg ein Körnchen Wahrheit. Die Existenz des immer wieder zerstörten und neu aufgebauten Ortes südwestlich der Dardanellen ist durch archäologische Funde verbürgt. Der Hügel heißt heute Hissarlik. Die bis in das dritte vorchristliche Jahrtausend zurück reichenden Siedlungsreste wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert von den deutschen Archäologen Schliemann und Dörpfeld und in den 1930er Jahren von dem Amerikaner Blegen ausgegraben. Der aus dem mecklenburgischen Ankershagen stammende Pastorensohn Heinrich Schliemann (1822-1890) war als Kaufmann in Russland reich geworden und erfüllte sich mit der Suche nach dem homerischen Troja und weiteren Stätten der Antike einen Traum. Umstritten ist seine Interpretation der Funde als diejenigen aus homerischer Zeit. Der von Schliemann so bezeichnete Schatz des Priamos mit herrlichen Gefäßen und Gesichtsmasken aus Gold, den der berühmte Ausgräber dem Vorderasiatischen Museum in Berlin überließ, wird seit Ende des Zweiten Weltkriegs als Beutegut in Sankt Petersburg zurück gehalten.

Helmut Caspar

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