Ursprünglich kannte man nur
sieben Weltwunder -
auf die antike Liste wurden immer neue
herausragende Bauten gesetzt



Die Zeus-Statue in Olympia gehörte zu den Weltwundern der Antike. Wie man sich das berühmte Götterbild im 19. Jahrhundert vorstellte, zeigt diese Illustration. (Repro: Archiv)

In der Antike kursierten Listen, auf denen berühmte Bau- und Kunstwerke als Weltwunder beschrieben wurden. Nur sieben dieser sich durch majestätische Größe, kostbares Material und andere Besonderheiten auszeichnende Schöpfungen wurden in den Rang eines Weltwunders erhoben, und zwar die Pyramiden von Gizeh, die Festungsmauern von Babylon und die hängenden Garten der Semiramis ebenfalls in Babylon, sodann die aus Bronze, Elfenbein und Gold gefertigte Zeusstatue des Phidias in Olympia, der Artemis-Tempel zu Ephesos, das ganz aus Marmor bestehende Mausoleum des Königs Mausolos zu Halikarnassos und schließlich der riesige Helios-Koloss zu Rhodos.

Zu diesen mythischen Bauten kamen im Laufe der Jahrhunderte weitere herausragende Schöpfungen hinzu, so der berühmte Leuchtturm auf der Insel Pharos vor Alexandria und der Pergamonaltar in Kleinasien, dessen Reste im gleichnamigen Museum auf der Berliner Museumsinsel erhalten sind. Der Status eines Weltwunders wurde auch dem aus Irrgärten bestehenden Labyrinth auf der Insel auf der Insel Kreta, dem Kolosseum in Rom und der Hagia Sophia in Konstantinopel, dem heutigen Istanbul, verliehen. Sogar die Arche Noah und der Tempel des Salomon in Jerusalem hat man in christlicher Zeit auf die Weltwunder-Liste gesetzt.

Bis heute hat sich die Aufstellung geradezu inflationär aufgebläht. So wurde auch das legendäre Bernsteinzimmer, das der preußische Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. seinem russischen Bündnisgenossen Zar Peter I. geschenkt hatte und das seit Ende des Zweiten Weltkriegs verschwunden ist, in den Rang eines Weltwunders erhoben. Eine Kopie der als achtes Weltwunder apostrophierten Wandverkleidung ganz aus Bernstein im Katharinenpalast von Zarskoje Selo bei Sankt Petersburg wurde vor einiger Zeit wiederhergestellt.

Die älteste vollständige Überlieferung der Weltwunderliste findet sich in einer Schrift des Antipatros von Sidon aus dem zweiten vorchristlichen Jahrhundert. Es handelt sich um eine Art antiken Reiseführer, in den allerdings nur jene Weltwunder aufgenommen wurden, die man noch besichtigen konnte. Da der auch in der Bibel mehrfach erwähnte Turm von Babylon nicht mehr existierte, hat man auf seine Nennung verzichtet. Bis auf die Pyramiden von Gizeh sind die antiken Weltwunder zerstört oder nur in Resten erhalten. Gründe dafür waren Erdbeben, Kriege und andere Katastrophen, aber auch Bilderstürmerei und ganz normaler Verfall wegen mangelnder Bauunterhaltung.

Der Name Weltwunder ist eigentlich nicht ganz korrekt. Gemeint waren ursprünglich im Griechischen „sieben Schaustücke der bewohnten Welt“. Daraus machte die lateinische Übersetzung „sieben Wunder der Welt“, womit die Weltwunder geboren waren.

Dass man ursprünglich an sieben Weltwunder glaubte, hat mit der Magie dieser Zahl sieben zu tun. Sie galt bei vielen antiken Völkern als heilig. So verehrten die Griechen und Römer Sieben Weise, Rom wurde auf Sieben Hügeln erbaut, in der christlichen Religion spielen die Sieben Todsünden, nämlich Stolz, Geiz, Unkeuschheit, Neid, Unmäßigkeit, Zorn, Trägheit, eine Rolle. Zu nennen sind auch das „Buch mit sieben Siegeln“, die Sieben Sakramente, der Siebenschläfer und andere so genannte Siebenheiten wie eben die Sieben Weltwunder.

Helmut Caspar

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