Eichengalerie bleibt tabu
Bundespräsident empfängt künftig Staatsgäste in Charlottenburg


Von Zeit zu Zeit wird das Schloss Charlottenburg
dicht gemacht, wenn der Bundespräsident empfängt. (Foto: Caspar)


Bundespräsident Johannes Rau ist auf der Suche nach einem Ausweichquartier für das Schloss Bellevue im Berliner Tiergarten, das durchgreifend saniert werden muss, fündig geworden. Nicht das barocke Schloss Schönhausen im Berliner Bezirk Pankow und auch nicht das klassizistische Kronprinzenpalais Unter den Linden soll es sein. Vielmehr fiel jetzt das Auge des deutschen Staatsoberhaupts ist auf die Große Orangerie neben dem Schloss Charlottenburg.

Solange das Schloss Bellevue nicht zur Verfügung steht, sollen in dem lang gestreckten, außen ocker und innen weiß gestrichenen Bau neben dem eigentlichen Schloss Staatsempfänge stattfinden, verlautet aus dem Bundespräsidialamt. Zusätzlich steht für kleinere Feste das Gästehaus des Auswärtigen Amtes in der Pacelliallee in Dahlem zur Verfügung. Ungeachtet der von allen bisherigen Staatsoberhäuptern vernachlässigten, aber unumgänglichen Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten bleibt das Schloss Bellevue weiterhin die Präsidentenadresse. Johannes Rau und seine Nachfolger wohnen allerdings privat in einer Dienstvilla. Im ovalen Neubau, dem so genannten Präsidenten-Ei, neben dem Schloss Bellevue wird weiterhin das Bundespräsidialamt tätig sein.

Die Große Orangerie zwischen dem Schloss und dem Museum für Vor- und Frühgeschichte, auch als Langhansbau bekannt, beherbergte in königlicher Zeit exotische Pflanzen, um sie vor Kälte zu schützen. Hier hat die Preußische Schlösserstiftung unter anderem 2001 die große Preußen-Ausstellung gezeigt. Wie die Stiftung erklärt, seien die historischen Räume des unter dem ersten preußischen König Friedrich I. von dem Baumeister Eosander von Göthe errichteten Kuppelbaues aus konservatorischen Gründen tabu. Empfänge und Tagungen sollen in der Orangerie stattfinden, alles andere könnte den kostbaren Ausstattungen und teuren Fußböden schaden. Dies gilt vor allem für die vor einigen Jahren sehr aufwändig restaurierte barocke Eichengalerie. Mit ihren wertvollen Vertäfelungen aus geschnitztem Eichenholz und einer gemalten preußischen Ahnengalerie ist der Saal der einzige noch im Originalzustand erhaltene Prunkraum von Friedrich I. und seiner Gemahlin Sophie Charlotte, der Namensgeberin von Charlottenburg. Sonst ist die im Zweiten Weltkrieg nahezu bis auf die Umfassungsmauern zerbombte barocke Anlage eine detailgenaue Rekonstruktion aus der Nachkriegszeit.

In den kommenden Monaten wird die Große Orangerie, in der unter anderem die Preußenausstellung 2001 stattfand, für die Zwecke des Bundespräsidenten hergerichtet. Besucher des benachbarten Schlosses und des Parks müssen sich auf Einschränkungen einstellen, wenn hier Staatsgäste empfangen werden. Die Umbaukosten betragen rund zwei Millionen Euro. Das ist eine Billigvariante, denn Umbau und Sanierung des Schlosses Schönhausen, in dem früher einmal DDR-Präsident Wilhelm Pieck residierte, und des Kronprinzenpalais kämen erheblich teurer und nähmen auch mehr Zeit in Anspruch, weshalb man sich für die Charlottenburger Variante entschied.

Helmut Caspar

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