Elegante Prunkmöbel vom Hoflieferanten -
Kunstgewerbemuseum zeigt Arbeiten von Abraham und David Roentgen


Zwischen 1777 und 1779 wurde in der Roentgen-Werkstatt in Neuwied der Große Kabinettschrank gebaut, hier zu sehen im geöffneten Zustand. (Foto: Klonk/KGM)

Wer im späten 18. Jahrhundert auf sich hielt und viele harte Taler übrig hatte, ließ sich seine Schlösser und Herrenhäuser von den Kunsttischlern Abraham und David Roentgen ausstatten, die in Neuwied eine renommierte Werkstatt besaßen und deren Name zum Markenzeichen für ebenso prunkvolle wie gediegene und kompliziert gebaute Möbel wurde. Zum 200. Todestag von David Roentgen zeigt das Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz am Kulturforum unter dem Motto „Präzision und Hingabe“ eine Auswahl von Prunkmöbeln aus der Neuwieder Manufaktur, die an alle europäischen Fürstenhöfe lieferte und auch in Berliner und Potsdamer Schlössern und Museen reich vertreten ist. Zu den Glanzstücken der bis zum 11. November laufenden Ausstellung, in der das Kunstgewerbemuseum auch einige hochrangige Leihgaben aus Sankt Petersburg, Amsterdam und anderen Städten zeigt, ist der Große Kabinettschrank für den preußischen König Friedrich Wilhelm II. gebaut haben. Wer vor diesem Wunderwerk der Möbelkunst steht, wird sich kaum satt sehen können, so viel gibt es zu entdecken. Auf das Schönste harmonieren matt spiegelnde Hölzer unterschiedlichster Herkunft und Färbung mit vergoldeten Bronzebeschlägen. Intarsien aus Elfenbein und Perlmutter geben dem wie ein Altar gebauten Schrank mit einer allegorischen Figur aus vergoldeter Bronze obenauf zusätzliche Eleganz. Überall sieht man kleine Türen und Schubfächer, Pulte und Klappen, dazu kommen Geheimfächer, in denen der königliche Frauenschwarm verliebte Briefchen versteckt haben mag. Alle glatten Flächen sind mit figürlichen Intarsien versehen, und wenn der Schrank zugeschlossen ist, erkennt man auf der Tür das Bildnis des königlichen Besitzers in blauer Uniform, dem eine schöne Frau huldigt.

Der preußische Hof war auf Abraham Roentgen und seinen Sohn David durch Nachrichten aus Paris aufmerksam geworden, wo sich der französische König Ludwig XVI. für ihre Werke begeisterte. Nachdem Preußens König Friedrich Wilhelm II. 1786 die Nachfolge Friedrichs II., des Großen, antrat, machte ihm Roentgen in Berlin die Aufwartung, und es begann eine für den preußischen Hof und die Manufaktur in Neuwied segensreiche und produktive Geschäftsbeziehung. Ihr verdanken die preußischen Schlösser und die Berliner Museen edle Schränke, Schreibtische, Sekretäre und andere Möbel von geradezu königlichem Zuschnitt. Da man in anderen Residenzen ebenfalls Roentgen-Möbel haben wollte, war die Werkstatt in Neuwied ausgelastet. Die Ausstellung im Kunstgewerbemuseum am Matthäikirchplatz im Tiergarten ist Dienstag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr und am Wochenende von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Der Katalog mit einer Beschreibung des Berliner Roentgen-Bestandes kostet einschließlich einer DVD 24,80 Euro.

Helmut Caspar

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