Über 180 Tote an der Berliner Mauer -
Zahl aller Opfer des DDR-Grenzregimes wird auf 800 und mehr geschätzt



Am Reichstagsgebäude erinnern weiße Kreuze mit schwarzer Schrift an Menschen, die ihre Flucht von Ost nach West mit dem Leben bezahlen mussten. (Foto: Caspar)

Über die Zahl der Menschen, die zwischen 1961 und 1989 an der Berliner Mauer starben, gibt es fast 20 Jahre nach ihrem Fall weiterhin unklare Vorstellungen. Das Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam und die Gedenkstätte Berliner Mauer an der Bernauer Straße haben bisher 136 Todesopfer ermittelt. Hinzu kommen mindestens 48 Reisende aus Ost und West, die vor, während oder nach Kontrollen an Grenzübergängen in und um Berlin etwa an den Folgen eines Herzinfarkts ihr Leben verloren.

Die Angaben wurden im Rahmen eines vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien geförderten Forschungsprojekts ermittelt. Erfasst wurden alle verfügbaren Informationen über Todesfälle auf der Grundlage von amtliche Listen sowie umfassenden Quellenrecherchen und Zeitzeugengesprächen. Nach den Worten der Projektleiter Hans-Hermann Hertle und Maria Nooke klammert die Statistik jene Menschen aus, die aus Kummer und Verzweiflung über die Auswirkungen des Mauerbaus auf ihre individuellen Lebensverhältnisse starben.

Unter den 136 Berliner Todesopfern sind 98 DDR-Flüchtlinge, die beim Versuch, die Grenzanlagen zu überwinden, erschossen wurden, verunglückten oder sich das Leben nahmen. Hinzu kommen 30 Menschen aus Ost und West, die keine Fluchtabsichten hatten, aber dennoch erschossen wurden oder verunglückten. Außerdem nennt die Statistik acht im Dienst getötete DDR-Grenzsoldaten. Die meisten Todesopfer waren junge Männer zwischen 16 und 30 Jahren. Mehr als die Hälfte der 136 Todesopfer stammen aus den ersten fünf Jahren nach dem Mauerbau.

Die Ergebnisse der Untersuchungen sollen im kommenden Jahr in einem biographischen Handbuch der Todesopfer an der Berliner Mauer veröffentlicht werden. Schon jetzt finden sich biographische Angaben und Porträts jener 136 Todesopfer auf der Internetseite http://www.chronik-der-mauer.de, die von der Bundeszentrale für politische Bildung, Deutschlandradio und dem Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam angeboten wird.

Hans-Hermann Hertle zufolge ist die Gesamtzahl der an der innerdeutschen Grenze ums Leben gekommenen Menschen nicht bekannt. Nach seinen Übersichten könnte sie bei 800 oder mehr liegen. Viele Todesfälle seien in den Listen der Staatssicherheit nicht vermerkt oder absichtlich verschleiert worden, manche unbekannte Erschießungen seien erst durch die so genannten Mauerschützenprozesse ans Tageslicht gekommen. Genaue Recherchen wären wichtig und notwendig; dass sie nicht geführt werden könnten, liege an fehlender Finanzierung eines über die Berliner Mauertoten hinaus gehenden Forschungsprojekts.

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