Millionenspende für „Trichinentempel“ –
Frühklassizistisches Hörsaalgebäude auf Charité-Gelände in Berlin wird saniert und restauriert



Dem frühklassizistischen "Trichinentempel" auf dem Berliner Charitégelände wird derzeit neues Leben eingehaucht.


Kostbare Deckenmalereien blieben im Hörsaal erhalten, der wie ein antikes Amphitheater gestaltet ist. (Fotos: Caspar)

Er gehört zu den architektonischen Kleinodien in Berlin, doch kaum jemand kennt ihn. Die Rede ist vom so genannten Trichinentempel, einem 220 Jahre alten Hörsaalgebäude auf dem Charité-Gelände, das seit einiger Zeit saniert und restauriert wird. Die Hamburger Hermann Reemtsma Stiftung stellt für die Arbeiten eine Million Euro zur Verfügung.

Wie aus der Humboldt-Universität zu erfahren ist, werden die Gesamtkosten für die Sanierung des von angehenden Tierärzten etwas spöttisch „Trichinentempel“ genannten Bauwerks ganz im Stil des Frühklassizismus auf etwa 7,6 Mio. Euro geschätzt. Mit der Spende der Hermann Reemtsma Stiftung komme die Universität bei fachlich vom Landesdenkmalamt begleiteten Maßnahme sehr gut voran. Die Millionenspende sei so etwas wie ein vorzeitiges Geburtstagsgeschenk an die hauptstädtische Alma mater, die 2010 ihr zweihundertjähriges Bestehen feiert und dabei auch die Arbeit der Veterinäre und der weit über die Landesgrenzen hinaus bekannten Tierarzneischule würdigen wird. Beteiligt an der Sanierung des einzigartigen Hauses außen und innen seien neben der Reemtsma-Stiftung mit namhaften Geldbeträgen die Deutsche Stiftung Denkmalschutz und das Berliner Landesdenkmalamt; außerdem fließen Städtebaumittel in das Projekt ein.

Wie durch ein Wunder ist das seinerzeit vor den Toren Berlins errichtete Gebäude weitgehend im Originalzustand erhalten. Errichtet von 1789 bis 1790, diente das offiziell Anatomisches Theater genannte Haus der Ausbildung von Studenten der Königlichen Tierarzneischule, die Friedrich Wilhelm II. „zum Besten des Landes, der Cavallerie, der Marställe und Gestüte“ gestiftet hatte. Gut ausgebildete Tierärzte wurden in der preußischen Armee und Landwirtschaft dringend zur Seuchenvorsorge, Pferdezucht und Pflege kranker Tiere gebraucht. Da Ausfälle auf diesem Gebiet sehr viel Geld kosteten und Tierkrankheiten immer auch die Gefahr von Hungersnöten mit sich brachten, ließ sich der preußische Staat die Ausbildung von Fachleuten einiges kosten. Deshalb wurde für den Bau der Ausbildungsstätte nicht irgendein Architekt, sondern einer der damals besten Baumeister in Preußen beauftragt - Carl Gotthard Langhans der Ältere. Er ist in Berlin kein Unbekannter, denn ihm verdanken wir unter anderem das Brandenburger Tor und weitere hochkarätige Kunstdenkmäler.

Ausgestattet war die Tierarzneischule auf das Modernste mit einem Hörsaal, einer Apotheke und einem Laboratorium. Das Haus verfügte über eine Bibliothek, Hufeisensammlung, Schmiede, eine „Gallerie der Präparate und Skelette“ und ein warmes Bad. In seiner Umgebung gab es Koppeln unter schattigen Bäumen, „um kranke Thiere bei schicklicher Witterung ins Freie führen zu können“, außerdem besaß die Tierarzneischule „Ställe für Pferde, Hornvieh, Schaafe, Schweine und Hunde“, so eine Beschreibung aus dem Jahr 1795.

Schon von weitem ist der Kuppelbau als Ausbildungsstätte von Tierärzten durch steinerne Nachbildungen von Rinderschädeln und Löwenfellen über Fenstern und Türen zu erkennen, während Ausmalungen an der inneren Kuppeldecke idyllisches Landleben mit Hirten mit ihren Herden schildern. Im Fußboden des Hörsaals gab es eine Hubvorrichtung, mit der man in Lehrveranstaltungen tote Tiere aus dem Präpariersaal im Untergeschoss heraufholen konnte. Original erhalten ist auch die Bibliothek mit Wandschränken nach Langhans’ Entwurf, die auch in die Restaurierung einbezogen werden sollen. Nach Abschluss der Arbeiten hat die Hauptstadt wieder ein bedeutendes Zeugnis frühklassizistischer Baukunst, und man geht sicher nicht fehl in der Annahme, dass die Humboldt-Universität manche ihrer Feierlichkeiten in diesem Haus mit einzigartigem Flair durchführen wird.

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