„Er lasse seinen Frieden ruhn auf unserm Volk und Land“ -
Heimatjournal würdigt geistliche und weltliche Musikkultur in Brandenburg



Vor seiner Wirkungsstätte, der Nikolaikirche in Lübben, hält der Theologe und Dichter geistlicher Lieder Wache.



Auf dem Marktplatz von Finsterwalde schmettern Bronzemänner das bekannte Lied „Wir sind die Sänger von Finsterwalde / wir leben und sterben für den Gesang“. (Fotos: Caspar)

Glaubt man alten Chroniken, dann ging es in der brandenburgischen Hofkapelle ziemlich feucht-fröhlich und oft nicht gerade gesittet zu. Die Kurfürsten mussten ihre Musikanten immer wieder ermahnen, sich gottesfürchtig und ehrbar zu benehmen „und sich des fluchens vollsaufens und anderer leichtfertiger ungebuhr gentzlich zu enthalten“. Wer seine Pflichten verletzte und betrunken bei Hofe zur Mittags- und Abendmusik erschien, wurde zu Geldstrafen verdonnert. Erst im 18. Jahrhundert, als sich Berlin, Potsdam und Rheinsberg dank der Förderung durch den flötenspielenden und komponierenden König Friedrich II., den Großen, einen hervorragenden Ruf als Zentren der Musikpflege erwarben und sich hier berühmte Komponisten, Dirigenten und Solisten die Klinke in die Hand gaben, erhielt dieser Berufsstand das ihm gebührende Ansehen. Man begann sogar, Notenhandschriften zu sammeln. So kommt es, dass die inzwischen 350 Jahre alte Staatsbibliothek zu Berlin Autographen von Bach, Mozart, Beethoven, Mendelssohn Bartholdy und anderen Berühmtheiten besitzt und pflegt.

Die Heimatzeitschrift „Die Mark Brandenburg“ schlägt einen Bogen von den eher bescheidenen Anfängen am hohenzollernschen Hof bis zu Sternstunden der Musikkultur und würdigt große Meister ihres Faches. Am Beginn der nunmehr 80. Ausgabe macht Hans-Joachim Beeskow in einem biographischen Beitrag mit dem evangelischen Theologen Paul Gerhardt bekannt, dessen im 17. Jahrhundert verfasste Kirchenlieder in der Vertonung von Johann Crüger und anderer Komponisten bis heute geliebt und gesungen werden. Denkmäler vor den Kirchen in Mittenwalde und Lübben erinnern an Gerhardt, und eine Gedenktafel von 1999 an der Nikolaikirche in Berlin-Mitte würdigt ihn und Crüger mit der bis heute aktuellen Fürbitte an Gott „Er lasse seinen Frieden ruhn auf unserm Volk und Land / er gebe Glück zu unserm Tun und Heil zu allem Stand“. Wenn man die Standbilder umrundet, sieht man, wie eine Kanone von einem Getreidebündel ummantelt und damit unschädlich gemacht wird.

Marcel Piethe ruft in einem Beitrag über die Berliner Hof- und Staatskapelle „Kleinodien einer anmutigen Klangwelt“ ins Gedächtnis und regt ähnlich wie die anderen Autoren an, sich auf eine musikalische Entdeckungsreise quer durch die Region zu begeben. Mangel an Oratorien und Kantaten, Konzerten, Kammermusiken, Opern und anderen Aufführungen herrscht nicht. Überall erklingen sie in Kirchen, Theatern und manchmal unter freiem Himmel zum Vergnügen der Einwohner, um eine Inschrift am ehemaligen Stadttheater in Potsdam zu zitieren. Heinrich Gloß würdigt die Brandenburgische Konzerte, die der Leipziger Thomaskantor dem Markgrafen Christian Ludwig von Brandenburg-Schwedt gewidmet hat, einem Mitglied des preußischen Königshauses, und Wolf Bergelt lädt zu einer Reise durch die brandenburgische Orgellandschaft ein und macht mit Orgeln und ihren Erbauern, aber auch mit Standorten großer und kleiner Instrumente dieser Art bekannt.

Dass die Märker ein sangesfreudiges Völkchen sind, weiß man nicht erst seit den legendären Sängern von Finsterwalde vor über hundert Jahren. Denn schon davor haben sie geschmettert, was das Zeug hält, und überall verschafften sich Singakademien und Liedertafeln, Kammer- und Kirchenchöre, Sängerbünde und andere Vereinigungen Gehör, Alles wunderbar, doch Gefahren lauern, meint wie Habakuk Traber in einem weiteren Beitrag. Denn ungelöst seien Fragen nach der Zukunft des Musikunterrichts und nach dem Chorsingen in den Schulen. Der Autor plädiert dafür, sich dieser Problematik ernsthaft zu widmen, damit nicht irgendwann die schöne Tradition des gemeinsamen Musizierens und Singens unter die Ränder kommt und man von ihr nur noch in der Vergangenheitsform sprechen muss.

Die Mark Brandenburg Marika Großer Verlag Berlin, 40 S., zahlr. Abb., 5 Euro

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