Gleichgeschaltetes Zeitungswesen - Ausstellung der Topographie des Terrors über Medien und Propaganda in der NS-Zeit



Ein weitgehend unbekanntes Kapitel nationalsozialistischer Massenbeeinflussung schildert die bis zum 20. Oktober 2013 in der Topographie des Terrors laufende Ausstellung über die Presselandschaft im Nationalsozialismus.



Eine Bildwand in der Topographie des Terrors zeigt den Berliner Sportpalast, in dem Joseph Goebbels am 18. Februar 1943 den „Totalen Krieg“ ausrief und eine neue Etappe der Kriegs- und Durchhaltepropaganda eröffnete. (Fotos: Caspar)

Die Topographie des Terrors an der Niederkirchnerstraße 8 im Berliner Bezirk Kreuzberg geht mit einer neuen Ausstellung im Rahmen des Themenjahrs „Zerstörte Vielfalt“ der Frage auf den Grund, wie die Presselandschaft im nationalsozialistischen Deutschland beschaffen war und was nach 1945 aus willigen Helfer von Hitler und Goebbels an der Zeitungsfront wurde. Die bis zum 20. Oktober 2013 laufende Dokumentation „Zwischen den Zeilen? Zeitungspresse als NS-Machtinstrument“ zeigt, wie gleich nach der Errichtung der NS-Diktatur vor nunmehr 80 Jahren von Joseph Goebbels, dem Propagandaminister und Herrn über Presse, Film, Rundfunk, Bücher und bildende Kunst, das bis dahin breit gefächerte Zeitungswesen im Deutschen Reich zerschlagen und gleichgeschaltet wurde. Mit administrativen und juristischen Mitteln wurden beiseite stehende bis kritische Autoren mundtot gemacht, zur Auswanderung gezwungen oder ermordet. Die Ausstellung macht mit Hetz- und Kampfblättern bekannt, die die Nationalsozialisten in der Reichshauptstadt und der Provinz herausgaben beziehungsweise kontrollierten, und sie zeigt, mit welchen medialen Mitteln Jagd auf Kommunisten, Juden und andere zu Reichsfeinden abgestempelte Menschen gemacht und ihre rücksichtslose Vernichtung propagiert wurde.

Goebbels unterdrückte durch seine Presseanweisungen jedwede Kritik an den herrschenden Zuständen und den Entscheidungen des „Führers“. Wo der Minister Abweichungen von der Linie bemerkte, hagelte es Verbote, Entlassungen, Haftstrafen und Schlimmeres. Da und dort aber konnte man „zwischen den Zeilen“ doch so etwas wie Nörgelei an Auswüchsen des NS-Regimes lesen, und man fand da und dort sogar scheinbar unpolitische Berichte und Kommentare zu wirtschaftlichen, kulturellen, historischen, sportlichen und lokalpolitischen Themen. So zeigt die Ausstellung, dass die von Goebbels gegängelte Presse mehr zu bieten hatte als braunen Einheitsbrei und sich bisweilen bunt und weltoffen, ja frech und spitz gab. Absichtsvoll wurden Tages- und Wochenzeitungen geduldet, mit denen sich das Regime als weltgewandt und modern präsentierte.

Besonderes Interesse verdient in der Ausstellung die Parteitags- und Kriegsberichterstattung, der von den Medien betriebene Personenkult um Hitler sowie die Hetze gegen Juden und andere so genannte Fremdvölkische. Bis zum Ende des Regimes gaukelte die Goebbels mit seinen exzellent honorierten Kommentaren in dem Wochenblatt „Das Reich“ sowie unzähligen Reden und Aufrufen den „Volksgenossen“ vor, dass ungeachtet nicht zu leugnender Rückzüge und Niederlagen der so genannte Endsieg bevorsteht; nur müssten allergrößte Anstrengungen unternommen werden, ihn auch wirklich zu erringen.

Nicht zwischen den Zeilen, sondern ganz offensiv listet die Ausstellung auf, wer von den prominenten NS-Journalisten nach dem Krieg in der Bundesrepublik Deutschland weiter gemacht haben, als sei nichts geschehen. Das von der Topographie des Terrors herausgegebene, hervorragend illustrierte Buch zur Ausstellung (166 Seiten, 14 Euro) und ein umfangreiches Vortrags- und Filmprogramm machen mit weiteren Aspekten des Themas bekannt. Die Topographie des Terrors ist täglich von 10 bis 20 Uhr geöffnet, der Eintritt ist frei.

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