Zur Lehre und Erbauung - Das Münzensammeln begann in der Renaissance und avancierte bald darauf zu einem akademischen Lehrfach



Was in der nationalen und internationalen Numismatik Rang und Namen hat, zeigt das Münzkabinett im Bodemuseum auf der Berliner Museumsinsel in einer repräsentativen Auswahl, die von der Antike bis in unsere Tage reicht; hier eine Auswahl von Talern aus dem 19. Jahrhundert. Der Bestand kann im Interaktiven Katalog unter der Internetadresse www.smb.museum/ikmk/ betrachtet werden. (Foto: Caspar)

Als Heinrich Heine im Herbst 1824 durch den Harz wanderte, machte er in Clausthal Station und besichtigte die königlich-hannoversche Münzstätte. Dabei sah er, wie Geld geprägt wird, und er schilderte in seinem Buch „Die Harzreise“, was er beim Anblick der blitzenden Taler empfand. Über die Art und Weise, wie man Münzen herstellte, ließ sich der Dichter nicht aus. Wohl aber notierte er seine Gedanken beim Anblick der frisch geprägten Münzen: „Mit einem Gefühle, worin gar komische Ehrfurcht und Rührung gemischt waren, betrachtete ich die neugeborenen blanken Taler, nahm einen, der eben vom Prägestocke kam, in die Hand und sprach zu ihm: Junger Taler! welche Schicksale erwarten dich! wie viel Gutes und wie viel Böses wirst du stiften! wie wirst du das Laster beschützen und die Tugend flicken, wie wirst du geliebt und dann wieder verwünscht werden! wie wirst du schwelgen, kuppeln, lügen und morden helfen! wie wirst du rastlos umherirren, durch reine und schmutzige Hände, jahrhundertelang, bis du endlich, schuldbeladen und sühnemüd, versammelt wirst zu den Deinigen im Schoße Abrahams, der dich einschmelzt und läutert und umbildet zu einem besseren Sein“. Mehr als zuzusehen, wie Geld gemacht wird, sei ihm nicht gegeben, bemerkte Heine, und sollten einmal die Taler vom Himmel herunterregnen, so bekäme er davon nur Löcher im Kopf.

Auch wir mögen uns manchmal beim Anblick alter und neuer Münzen und Medaillen fragen, welches Schicksal diese Prägungen hatten und welche Wege sie zurückgelegt haben, bis sie in unseren Händen liegen. Das eine Stück mag schwer erarbeitet worden sein, ein anderes war Dank günstiger Umstände leicht verdient, einem dritten sieht man an, dass es nicht echt und alt ist, und von einem vierten kann man sagen, dass es ehrfürchtig zur Erinnerung an ein wichtiges Ereignis oder als Amulett beiseite gelegt wurde. Es kommen auch Münzen vor, die über Jahrhunderte im Boden vergraben wurden oder in einem Keller ein verborgenes Dasein hatten, bis man es bei Ausgrabungen oder Hausabrissen fand.

Obwohl es Hinweise gibt, dass man schon in der Antike Münzen gesammelt hat, weil man sie schön fand oder weil sie ein besonderes Ereignis, eine berühmte Person feiern, weil sie selten waren oder man sie „kurios“ fand – erst richtig kam das Münzensammeln in der Renaissance auf. In jener Zeit also, da sich Gelehrte und Künstler auf die Kultur und Kunst der alten Griechen und Römer besannen und nach Zeugnissen aus diesen Zeiten suchten. Da nimmt es nicht Wunder, dass dabei auch das Geld dieser untergegangenen Völkerschaften ins Blickfeld rückte. Von da ab war es nicht weit, dass Münzkabinette systematisch angelegt und die ersten Kataloge mit Münzabbildungen und -beschreibungen veröffentlicht wurden. Und auch der Münzhandel kam langsam in Gang, wie alte Verkaufs- und Versteigerungskataloge und Lebenserinnerungen von Numismatikern, allen voran Johann Wolfgang von Goethe, belegen.

Waren zunächst antike Münzen beliebt, so wandte man sich im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts auch neueren Münzen zu – erst denen aus dem Mittelalter und dann den zeitgenössischen Prägungen. Im frühen 18. Jahrhundert errang die Numismatik akademische Ehren. So starteten 1738 an der Universität in Halle an der Saale die ersten Vorlesungen über antike Münzen. In ihnen erfuhren Studenten, warum die Gepräge aus grauer Vorzeit als Geschichtsquellen bedeutsam sind und wie man ihnen Informationen über das Leben und Denken untergegangener Völker entlocken kann.

Natürlich hatte die Beschäftigung mit Münzen und Medaillen auch große politische Bedeutung, denn Fürsten konnten unter Verweis auf lange Ahnenreihen ihre vornehme Abkunft und die Legitimität ihrer Herrschaft unter Beweis stellen und diese manchmal mit ein bisschen Schummelei bis zu den alten Römern zurück datieren. In Frankreich ließ der Sonnenkönig Ludwig XIV. nicht nur eine bedeutende Medaillenserie zu seiner eigenen Verherrlichung prägen, sondern sie auch in einem mehrbändigen, überaus kostbar illustrierten Katalog publizieren. Mit seinen Sammlungen versetzte der Sonnenkönig seine Mit- und Nachwelt in Erstaunen, und da große und kleine Fürsten den Hof von Versailles nachahmten, legten auch sie ihre ganze Ehre darein, ebenfalls mit kostbaren Münz- und Medaillensammlungen zu glänzen. So verdankt auch das Berliner Münzkabinett im Bodemuseum auf der Museumsinsel seine Existenz dem Bestreben brandenburgischer Kurfürsten und preußischer Könige, die metallnen Hinterlassenschaften der Altvorderen systematisch zur Lehre und Erbauung zu versammeln.

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