„Erichs Krönung“ war der Hammer -
Berliner Museum der DDR-Alltagskultur berichtet über Kaffee Mix und die Folgen



Die silberglänzenden Kaffeetüten von 1977 sind kaum noch zu finden. Im Museum „Alltag in der DDR“ ist ein Original mit weiteren Dokumenten ausgestellt.



Gut besucht ist die Ausstellung in der Kulturbrauerei, in der es für manche Besucher ein mehr oder weniger amüsantes Wiedersehen mit dem zweiten deutschen Staat gibt. (Fotos: Caspar)

Mit dem Kaffeetrinken war es in der DDR so eine Sache. Die Preise für eine Tüte „Bohne“ waren horrend und für Normalverdiener kaum zu bezahlen. Wie 1977 die DDR-Führung die Bevölkerung mit „Kaffee Mix“ gegen sich aufbrachte, erzählt die Ausstellung in der Kulturbrauerei über die Alltagskultur im zweiten deutschen Staat. Das Trinken von Bohnenkaffee war in der DDR lange Zeit für viele Leute Luxus. Als dieser bereits in Westdeutschland und den Berliner Wessektoren zum Alltag gehörte, sparte man in der DDR den „Echten“ für Familienfeste, für Weihnachten und Ostern auf und wurde am Sonntagnachmittag aus Gründen der Sparsamkeit nicht selten als dünne Brühe gereicht. Die SED- und DDR-Führung, die Kaffee aus der volkseigenen Produktion nicht trank, verfiel 1977 auf die Idee, echten Bohnenkaffee zur Hälfte mit undefinierbaren Surrogaten zu vermischen und diesen „Kaffee Mix“ in silberglänzenden Tüten zu verkaufen. Das Vorhaben ging, wie die Ausstellung DDR-Alltagskultur in der Kulturbrauerei berichtet, gründlich in die Hose. „Erichs Krönung“, wie man das unschmackhafte Gebräu nannte, schmeckte weder nach echter Bohne noch nach Malzkaffee. Die „staatlichen Organe“ und allen voran das Ministerium für Staatssicherheit registrierte große Unzufriedenheit, die sich in zahlreichen mündlich und schriftlich vorgetragenen Beschwerden äußerte. Notgedrungen wurde der Preis pro Tüte gesenkt und auch die Mixtur verbessert, doch war das Projekt gründlich gescheitert. „Kaffee Mix“ verschwand bald aus den Läden. Die SED-Führung, die ihn entgegen Warnungen in den eigenen Reihen hatte produzieren lassen, musste eine empfindliche Schlappe einstecken.

Da sich die DDR-Wirtschaft in den fünfziger Jahren fast ausschließlich auf die Schwerindustrie und die chemische Industrie konzentrierte, blieben Nahrungs- und Genussmittel, zu denen nun einmal Kaffee gehört, außen vor, ist in der Ausstellung weiter zu erfahren. Wie Südfrüchte musste Kaffee für teure Devisen eingeführt werden. Um Frust in der Bevölkerung abzubauen und sie für die ehrgeizigen Pläne für den Aufbau des Sozialismus zu gewinnen, beschloss der VIII. Parteitag der SED 1971 die spürbare Verbesserung der Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum und Konsumgütern.

Hinsichtlich des Kaffeeangebots versetzten jedoch massive Teuerungen auf dem Weltmarkt den Plänen einen herben Schlag. Statt bisher 150 Millionen Valutamark pro Jahr für Kaffeeimporte ausgeben zu müssen, mussten 1976 kaum verkraftbare 700 Millionen für die gleiche Menge aufgewandt werden. Deshalb beschlossen Erich Honecker und sein Politbüro, die Preise für die Marken Rondo und Mona anzuheben und jenen Mischkaffee in die Läden zu bringen. Versteht sich, dass Bohnenkaffee in den mit „Geschenksendung – Keine Handelsware“ deklarierten Westpaketen ganz oben lag. Achtzehn Prozent des Kaffeekonsums in der DDR sollen auf diesem Wege gedeckt worden sein, und das bedeutete eine nicht zu unterschätzende Wirtschaftshilfe aus der offiziell so verhassten imperialistischen Bundesrepublik. Das „Museum Alltag in der DDR“ ist dienstags bis sonntags sowie feiertags von 10.00 bis 18.00 Uhr, am Donnerstag von 10 bis 20 Uhr bei freiem Eintritt geöffnet.

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