Frauenmode im Wandel -
Kunstbibliothek zeigt ungewöhnliche Grafik aus der Zeit des Ersten Weltkriegs



Über die neue Mode kann man sich nur wundern, gibt der Karikaturist Thomas Theodor Heine in der Satirezeitschrift „Simplicissimus“ eine vor hundert Jahren weit verbreitete Meinung wieder.



Viel Licht und Luft war vor hundert Jahren in der Modebranche das große Motto. In einem Restaurant nahe der Berliner Friedrichstraße erlebt man ein Stück vom damaligen Zeitgeist. (Repro/Foto: Caspar)

Während vor einhundert Jahren Millionen Männer auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs verbluteten oder verletzt wurden, mussten Frauen in der Heimat für die Kriegswirtschaft bis zum Umfallen schuften. Wie sich die veränderten Zeiten auf die Frauenmode auswirkten, schildert die Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz in der noch bis zum 18. Januar laufenden Ausstellung am Kulturforum zum Thema „Krieg und Kleider - Modegrafik zur Zeit des Ersten Weltkriegs“.

Mit Verwunderung registrierte damals die Männerwelt, wie sich die Frauen kleideten, was sie sich mit ihren Frisuren und Makeup erlaubten. Rauschende Roben, kostbare Stoffe, dicke Juwelen waren out, einfache Konturen, zurückhaltende Farben waren in. „Die Krieger aber, die im Jahre 1919 nach Haus zurückkehrten, fanden Frauen und Mädchen mit Pagen- und Knabenköpfen vor. Das lange, prächtige Haar war gefallen, ein neuer, unheimlich eindeutiger, ein sachlicher und simpler Stil kündigte sich an“, schrieb ein Kenner der Szene nach dem Krieg, der wie kein anderer furchtbare Opfer gefordert und die Welt stark verändert hatte. Adelheid Rasche, die Kuratorin der Ausstellung, spricht von einer erstaunlichen Vitalität in der Modegeschichte zwischen Jugendstil und den zwanziger Jahren. „Unser Wissen über die Kleidermode dieser Zeit speist sich nicht nur aus Zeitschriften, sondern auch aus privaten Zeitzeugnissen, Alltagsbildern und erhaltener Kleidung“, sagt die Expertin. Nach dem Krieg habe man Neuerungen wie die deutlich verkürzte Rocklänge beibehalten sowie schlicht-sportliche Tageskleidung getragen. Jetzt wurde Seiden- und Wolljersey getragen, und Schwarz gewann Boden als Modefarbe. Adelheid Rasche freut sich, erstaunliche, selten gezeigte Exponate aus dem reichen Bestand der von ihr geleiteten Sammlung Modebild - Lipperheidische Kostümbibliothek präsentieren zu können. Viele Exponate atmen patriotischen Zeitgeist. Angesichts gravierender Probleme bei der Beschaffung von Stoffen, des Fehlens von Arbeitskräften, des Ausbleibens von kaufkräftigen Kunden und sinkender Kaufkraft musste man sich auf das Notwendige und Praktische beschränken. In Deutschland wurde das Motto „Los von Paris“ auch im Bereich der Mode populär. Die Dame von Welt trug jetzt so genannte Reformröcke, hüllte sich in bequeme Stoffe und fiel dadurch auf, dass sie mehr Körper als früher zeigte. Der Wandel hat nicht jedem Zeitgenossen gefallen, weshalb Satire- und Witzblätter mit Wonne den neuen Modestil verulkten.

Die Kunstbibliothek am Matthäikirchplatz 6 ist Dienstag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr sowie am Wochenende von 11 18 Uhr geöffnet, der Lesesaal kann Montag bis Freitag von 9 bis 20 Uhr genutzt werden.

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