Vom Arbeitshaus zum DDR-Gefängnis -
Im Lichtenberger Ortsteil Rummelsburg wurde ein Informations- und Gedenkort eingeweiht



Drei hohe Stelen berichten über die Geschichte des ehemaligen Gefängnisses Rummelsburg und ehren die Menschen, die dort gelitten haben und starben.



So weit es möglich ist, erhalten ehemalige Häftlinge in der Gedenkstätte Gesicht und Stimme. Viele von ihnen erlangten nie mehr die Freiheit.



Der aus dem früheren Gefängnis gebildete Campus Berlin ist eine teure Wohnanlage mit dunkler Vergangenheit. (Fotos: Caspar)

Wer in DDR-Zeiten am Gefängnis an der Rummelsburger Hauptstraße vorbei fuhr oder lief, tat gut daran, schnell weiter zu kommen. Irgendwie ahnte man, dass es hinter den hohen, mit Stacheldraht geschützten Klinkermauern und in den vergitterten Häusern mit den schweren Türen dahinter alles andere als gemütlich zugeht. Erst nach dem Untergang der DDR vor nunmehr 25 Jahren wurden die unmenschlichen Umstände öffentlich gemacht, unter denen im so genannten Wendeherbst 1989 DDR-Oppositionelle „zugeführt“ und im Rummelsburger Gefängnis von Polizisten eingesperrt, drangsaliert, geschlagen und ihrer Menschenwürde beraubt wurden. Bilder und Texte dokumentieren die Prügelorgien von DDR-Polizisten, denen eingeschärft worden war, den willkürlich von der Straße weg verhafteten, also zugeführten Menschen zu verdeutlichen, dass sie keine Rechte haben, dass sie Staatsfeinde sind sowie den Mund halten und sich ihr Schicksal als Staatsfeinde fügen müssen. Mit seinen Zwangsmaßnahmen wollte das Regime Stärke zeigen und abschrecken. Es machte keinen Unterschied zwischen Randalierern, die es auch gab, und Bürgern, die sich zum friedlichen Protest versammelt hatten, zufällig in solche Ansammlungen geraten waren oder, weil sie mit ihrer Kleidung oder Frisur von der Stasi als feindlich-dekadent eingestuft wurden. Die Protokolle sind in dem Gedenkort Rummelsburg Grundlage für eine Folge erschütternder Zitate, die an einem Maschendrahtzaun angebracht sind.

Über die Vorgänge rund um den 7. Oktober 1989, als die DDR ihr 40-jähriges Bestehen feierte, sind wir gut informiert. Es gibt erschütternde Berichte von Augenzeugen und Betroffenen über die Brutalität und die Menschenverachtung, die die Stasi und die Volkspolizei bei den so genannten Zuführungen an den Tag legten. Noch im Oktober 1989 veröffentlichte der Berliner Maler und Grafiker Manfred Butzmann eine hektografierte Broschüre mit dem Titel „Ich zeige an. Berichte von Betroffenen zu den Ereignissen am 7. und 8. Oktober 1989 in Berlin“. Das 150-seitige Heft enthält zahlreiche Aussagen von Frauen, Männern und Jugendlichen, die auf die Lastkraftwagen geprügelt wurden. Die Verhafteten wurden anschließend in zugigen Garagen und auf kalten Gefängnisgängen stehend und die Gesichter zur Wand gerichtet wie Schwerverbrecher festgehalten. Man gab ihnen nichts zu essen und zu trinken, und man ließ die Gefangenen auch nicht zur Toilette.

Die DDR wies Menschen in der Nachkriegszeit und später in das Gefängnis Rummelsburg ein, die vom SED-Regime als asozial, unangepasst und aufrührerisch verunglimpft wurden, also nicht in dessen politisch-ideologisches Schema passten. Sie mussten als billige Arbeitskräfte in umliegenden Betrieben schuften, und wenn sie nicht die „Norm“ erfüllten, hat man sie hart bestraft. Dazu bieten die aus drei Stahlstelen an der viel befahrenen Straße sowie zahlreichen Tafeln auf dem ehemaligen Gefängnisgelände erschütternde Informationen. Unter ihnen waren Personen, die versucht hatten, den Arbeiter-und-Bauern-Staat zu verlassen, aber auch solche, die Justiz und Staatssicherheit der „Boykotthetze“ beschuldigten oder nur weil sie politische Witze gerissen hatten.

Der Informations- und Gedenkort an der Hauptstraße ist eine Gemeinschaftsarbeit des Berliner Bezirksamts Lichtenberg sowie von Vertretern der Opfergruppen, von Historikern und zahlreichen Anwohnern. Er erinnert an die Geschichte der in der Kaiserzeit errichteten Arbeits- und Bewahrungsanstalt für Obdachlose, Beschäftigungslose, Bummler, Prostituierte und andere unangepasste und/oder mit dem Gesetz in Konflikt geratene Menschen. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurden hier Personen gefangen gehalten, die nach damaliger Lesart als „lebensunwert, erbkrank und rassisch minderwertig“ eingestuft wurden. Wie die auf dem Gelände des in Berlin-Campus umbenannten und jetzt als Wohnanlage genutzten ehemaligen Gefängnisgelände umschaut, erfährt Lebensläufe von so genannten Gemeinschaftsfremden, die von hier aus im Rahmen des NS-Krankenmordes in verschiedenen Krankenanstalten, in Konzentrationslagern und an anderen ermordet wurden.

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