Das Schloss im Ephraimpalais
Sehenswerte Ausstellung der Stiftung Stadtmuseum dokumentiert Geschichte der Berliner Hohenzollernresidenz



Noch im 17. Jahrhundert zeigte sich das Berliner Schloss als bunt zusammengewürfelter
Renaissancebau, der unter Friedrich I. durch Schlüter und andere Künstler seine
barocke Neufassung erhielt. Das Modell ist ein Hingucker in der neuen Ausstellung.



Dem Großen Kurfürsten kann man in die Augen schauen, wenn man ganz
nahe an das Modell des Schlüterschen Reiterdenkmals herantritt.



Reich mit blauer Farbe bemalte Fayencen aus der Berliner Manufaktur
von Gerhard Wolbeer aus der Zeit des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I.




Aus dem Großen Treppenhaus stammt dieses reich geschnitzte Türblatt
mit der Darstellung der Athena, das zweite Türblatt ehrt den Kriegsgott Mars.




Hofschranzen umschwärmen im Film "Andreas Schlüter" den prunksüchtigen
Friedrich I., zu sehen in Ausschnitten im Ephraimpalais. Im Hintergrund ist das
berühmte Silberbuffett im Rittersaal zu erkennen, das heute im Kunstgewerbemuseum
Schloss Köpenick ausgestellt ist. (Fotos: Caspar)

Zweimal wurde das Berliner Schloss zerstört, erst durch Bombeneinschläge im Zweiten Weltkrieg und dann endgültig 1950, obwohl die Ruine den Wiederaufbau gelohnt hätte und von vielen Leuten auch gewünscht wurde. Was bei der Sprengung geschah und wie auf dem leeren Platz der Palast der Republik errichtet wurde, kann man auf Videos in der bis zum 23. April 2017 im Ephraimpalais von der Stiftung Stadtmuseum gezeigten Ausstellung "Schloss.Stadt.Berlin. - Die Residenz rückt in die Mitte (1650 - 1800)" betrachten. Doch bevor man dazu kommt, geht man durch das Ephraimpalais an der Poststraße mitten im Berliner Nikolaiviertel an einer Fülle niemals oder selten gezeigter Exponate vorbei. Gezeigt wird, wer die anfangs doch recht bescheidene Residenz der brandenburgischen Kurfürsten und preußischen Könige um- und ausgestaltet hat, welche Rolle der auf einer Insel zwischen zwei Spreearmen gelegene Bau als Zentrum der Haupt- und Residenzstadt gespielt hat und was davon nach dem Abriss auf Befehl der SED und ihres Chefs Walter Ulbricht übrig geblieben ist.

Städtischer Mittelpunkt war das von den Berlinern lange als Zwingburg und Fremdkörper empfundene Schloss anfangs nicht. Erst der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm und seine Nachfolger rückten es durch den nach Westen gerichteten Ausbau der Landeshauptstadt vom Rand in die Mitte. Auf das Schloss lief alles zu, in ihm wurde über das Wohl und Wehe der Bewohner des Hohenzollernstaates entschieden. Dass das Schloss nicht nur Lust, sondern auch Last war, zeigen Ausweichmanöver preußischer Herrscher. Friedrich II., genannt der Große, konnte einen Schlossneubau in Berlin nicht verwirklichen und orientierte sich nach Potsdam, andere Monarchen erkoren sich kleine Paläste in Berlin und Umgebung zu ihren Residenzen. Dafür gab es manche Gründe, wohl weil das Berliner Schloss zu gewaltig und irgendwie ungemütlich war und weil außerdem die Berliner ihren Herrschern nicht jene Ehrerbietung entgegen brachten, die von ihnen erwartet wurde.

Erinnerungen an verlorene Pracht

Zeitgenössische Grafiken, Gemälde und Pläne zeigen in der Ausstellung, wie das Hohenzollernschloss zum städtebaulichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zentrum wurde und wie die Hofgesellschaft die sauer verdienten Taler der Untertanen verprasste. Skulpturenfragmente vom zerstörten Schloss aus der Sammlung des Stadtmuseums Berlin und Reste von Raumausstattungen, aber auch Möbel und Gemälde, Prunksilber, Porzellan und kostbare Gläser erinnern an die verlorene Pracht des barocken Repräsentationsbaus, mit dem der erste Preußenkönig Friedrich I. im wahrsten Sinne des Wortes Staat zu machen verstand und seinen beim römisch-deutschen Kaiser in Wien mit großen Bestechungssummen, durch "Lieferung" von Soldaten und auf andere dubiose Weise erkauften Anspruch auf die preußische Krone untermauerte.

Die Sonderausstellung im Ephraimpalais fügt sich gut in die Aktivitäten rund um die Wiedergeburt des Humboldt Forums in der Kubatur und zum Teil auch mit der barocken Fassade aus der Schlüterzeit. Wie der Hohenzollernbau vor dem Umbau durch Schlüter und andere Barockmeister ausgesehen hat, schildert eine zwanzigteilige Bilderfolge, die Johann Stridbeck der Jüngere um 1690 geschaffen hat. Welch überladener Prunk in dem Palast entfaltet wurde, kann man beim Betrachten von Ausschnitten des Spielfilms "Andreas Schlüter" aus dem Jahr 1942 erfahren. Unter der Regie von Herbert Maisch stolzieren dort König Friedrich I., der Schlüter und weitere Künstler mit dem Um- und Ausbau des Schlosses betraut hatte, im Kreis seiner goldstrotzenden Hofschranzen durch die Säle und tun so, als würden sie etwas von Kunst verstehen, dabei ist es ihnen offenbar wichtig, möglichst nahe am Herrscher gesehen und respektiert zu werden.

Nach den Erfahrungen aus dem verheerenden Dreißigjährigen Krieg hatte der Große Kurfürst, Friedrich Wilhelm Berlin zur Festung ausbauen lassen, die allerdings wenig militärischen Nutzen besaß, sondern nur viel Geld und Baumaterial kostete. Nach der Königskrönung seines Sohnes Friedrich I. im Jahr 1701 entwickelte sich die Residenzstadt zum politischen Zentrum des preußischen Staates, und das Schloss avancierte zum grandiosen Repräsentationsobjekt der aufstrebenden Monarchie. In den folgenden hundert Jahren wurde es zum bestimmenden Bezugspunkt für Stadtplaner, Architekten und Berliner Bürger. Seine herausragende Lage wird durch großformatige Stadtmodelle veranschaulicht, ergänzt durch eine mediale Präsentation im Museumslabor, die den schnellen Ausbau der Stadt veranschaulicht. Die von den Hohenzollern gezielt angeworbenen Zuwanderer waren willkommen, um den wohl etwas drögen Berlinern feinere Lebensart, bessere Sprache und eine schmackhafte Küche zu vermitteln.

Reise durch Raum und Zeit

Nur wenige hundert Meter von der aktuellen Schlossbaustelle entfernt, lädt die Ausstellung zu einer Reise durch Raum und Zeit ein, komplettiert durch ein interessantes Begleitprogramm. Der Platz im Ephraimpalais, genannt Berlins schönste Ecke, lässt es offenbar nur zu, die Geschichte des Berliner Schlosses bis etwa zum Jahr 1800 zu erzählen. Doch damit ist sie nicht zu Ende, denn das 19. und frühe 20. Jahrhundert bescherte ihm umfangreiche Umbauten und Verschönerungen durch Künstler wie Schadow, Schinkel, Langhand, Strack und Ihne, die eine Fortsetzung der aktuellen Ausstellung wünschenswert erscheinen lassen.

Für den Rundgang steht ein kostenloser Audioguide speziell auch für Kinder zur Verfügung, der reich illustrierte Katalog ist in deutscher und englischer Ausgabe zum Preis von 29,80 Euro im Holy Verlag Berlin erschienen und hat 223 Seiten (ISBN 978-3-9818033-2-7). Das Museum Ephraimpalais ist Dienstag sowie Donnerstag bis Sonntag von 10 bis18 Uhr, am Mittwoch von 12 bis 20 Uhr geöffnet, Eintrittspreis 8, ermäßigt 6 Euro, bis 18 Jahre Eintritt frei. An jedem ersten Mittwoch im Monat ist freier Eintritt.

25. November 2016

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