Turm bestimmt die Stadtsilhouette -
Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche soll 2017 beginnen, doch müssen noch bedeutende Spendengelder eingeworben werden



Auf dem Gelände der früheren Garnisonkirche kann man sich über die Planungen zum Wiederaufbau und eine Beteiligung an Spenden informieren. (Foto: Caspar)

Gut drei Wochen vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde am 14. April 1945 die alte preußische Residenz- und Garnisonstadt Potsdam von britischen Bombern zerstört. Tausende Menschen starben im Feuersturm, wertvolles Kulturgut ging zu Grunde. Bei der Erstürmung der von den Nationalsozialisten kurz vor Toresschluss noch zur "Festung" erklärten Stadt durch die Rote Armee wurden Ende April 1945 weitere Gebäude in Trümmer gelegt. In den frühen Fünfzigerjahren begann der zaghafte Wiederaufbau der in Trümmern liegenden barocken Innenstadt. Doch wurden die Arbeiten aus ideologischen Gründen vom SED-Chef Walter Ulbricht gestoppt. Man kreidete dem Gotteshaus an, dass dort am 21. März 1933 Adolf Hitler in feierlicher Form vom Reichspräsidenten Paul von Hindenburg per Handschlag zum Kanzler aller Deutschen geweiht wurde. In der "sozialistischen Bezirkshauptstadt" Potsdam sollte nach dem Willen des sächsischen Bilderstürmers Ulbricht nichts an die alte verhasste Preußenzeit erinnern. Er veranlasste den Abriss des von brandenburgischen Kurfürsten und preußischen Königen erbauten Stadtschlosses, der in den vergangenen Jahren seine Wiedergeburt erlebte und Anfang 2014 als Landtagsgebäude eingeweiht wurde. Außerdem verfügte er die Beseitigung der Ruine der unter dem Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. "zur Ehre Gottes" erbauten Garnisonkirche, wie es auf einer Inschriftenplatte über dem Portal hieß. Auch für sie gab es in den fünfziger Jahren Wiederaufbaupläne, doch wurden sie vom Tisch gefegt und alle Befürworter des Plans mundtot gemacht. In ihm wurden 1740 und 1786 zwei Preußenkönige - Friedrich Wilhelm I., der Bauherr, und sein Sohn Friedrich II., den man den Großen nannte, bestattet.

Für den seit dem Ende der DDR diskutierten Wiederaufbau der Garnisonkirche liegen erste Bauplanungen und Genehmigungen vor. Baubeginn für den die Silhouette der brandenburgischen Landeshauptstadt bestimmenden Turm wird für 2017 angestrebt. Die Gesamtkosten für ihn belaufen sich nach aktuellen Berechnungen auf rund 38 Millionen Euro. Allerdings sind davon bisher nur 6,6 Millionen Euro eingegangen, die zum großen Teil in die Planungsarbeiten eingegangen sind. Neben zwölf 12 Millionen Euro vom Bund stehen weitere 2,4 Millionen Euro als Fördergelder und Hilfen in Aussicht. Besonders attraktive Möglichkeiten, um den Wiederaufbau der Garnisonkirche zu unterstützen ist das Spenden von Ziegeln, die später sichtbar im Treppenhaus des Turms vermauert werden sollen. Auch das Ausfüllen eines Zeichnungsscheins ist eine sinnvolle Unterstützung. Mit der darin gegebenen Zusage, das Projekt dann finanziell zu unterstützen, wenn mit dem Bau begonnen wird, erhält der Spender die Sicherheit, dass sein Geld beim Baustart eingesetzt wird, und die Stiftung bekommt finanzielle Planungssicherheit.

Neben der Gewinnung von Spendengeldern wird 2016 vor allem die Werbung für das Projekt mit Hilfe eines im vergangenen Jahr erworbenen Modells der Garnisonkirche im Maßstab 1:100 im Mittelpunkt der Arbeit der Stiftung und der Fördergesellschaft stehen. Geplant ist, Kirchengemeinden und Parlamentarier anhand dieses Modells und weiterer Unterlagen darzulegen, warum der Wiederaufbau der Garnisonkirche und hier erst einmal ihres Turm für Potsdam so wichtig und förderungswürdig. Er wird in 57 Meter Höhe eine barrierefrei zugängliche Aussichtsplattform besitzen und einen prächtigen Blick auf die Stadt sowie die Park- und Schlösserlandschaft gewähren. Fördergesellschaft und Stiftung werden ihre Kontakte und Dialog mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern wie bisher bei Stadtfesten und öffentlichen Veranstaltungen ausbauen und ihre Unterschriftensammlung auf der Internetseite www.unterstuetzen.garnisonkirche.de fortsetzen. Dort hatten im Januar 2016 mehr als 18 500 Personen ihre Zustimmung bekundet. Ein besonderer Höhepunkt in diesem Jahr wird der Fernsehgottesdienst sein, der am 11. September live vom Baufeld der Garnisonkirche vom ZDF übertragen werden wird. Weiterhin finden an jedem Mittwoch um 18 Uhr Friedensgebete zu aktuellen politischen Ereignissen statt. Die Reihe "Literatur und Musik" und interreligiöse Veranstaltungen bereichern ebenfalls das Programm.

Mit drei neuen Publikationen starten die Befürworter des Wiederaufbaus der Garnisonkirche in das neue Jahr. Angeboten werden die Jahreszeitschrift der Fördergesellschaft die "Potsdamer Spitze 2016" sowie eine Broschüre über die Nutzungsabsichten im Turm und einer Grafik, die die Aussichtsplattform des Turmes in Beziehung zu bereits bestehenden Gebäuden in Potsdam darstellt. Der Potsdamer Bauingenieur sowie Bau- und Kirchenhistoriker Andreas Kitschke erzählt in einem neuen, opulent bebilderten Buch die bewegte Geschichte der Garnisonkirche - von ihrer Errichtung unter Friedrich Wilhelm I. bis zur Sprengung 1968 und den gegenwärtigen Bemühungen um ihre Rekonstruktion. Das Buch erscheint im be.bra verlag, hat 400 Seiten und 340 zum Teil bisher unveröffentlichte Abbildungen und kostet 28 Euro (SBN 978-3-86124-694-7).

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