Jeder kehre vor seinem eigenen Haus

Kurfürsten und König verdonnerten die Berliner zu größerer Reinlichkeit, hatten damit aber nur geringen Erfolg



Immer wieder drohten Kurfürsten und Könige ihre Untertanen mit solchen
Gassenordnungen und anderen Edikten, sich um die ordentliche Entsorgung von
Fäkalien und Hausabfällen zu kümmern. Zuwiderhandlungen wurden mit
Geldbußen sowie Auspeitschungen und öffentlichem Ausstellen am Pranger bestraft.




Unter den Linden, wo das vornehme Berlin flanierte, wurde auf Reichlichkeit geachtet.
Das Bild aus dem Jahr 1780 zeigt auf der rechten Seite vorn das Zeughaus und
dahinter das Prinz-Heinrich-Palais, heute Sitz der Humboldt-Universität. (Repros: Caspar)

Mit der Reinlichkeit in Häusern und auf den Straßen hatten die Berliner ein Problem. Sie kümmerten sich weder um Unrat noch um Fäkalien und Hausabfälle, sondern bahnten sich ihren Weg um ihre auf die Straßen gekippten Fäkalien und Hausabfälle. Immer wieder musste die Obrigkeit gegen diese Schlamperei vorgehen, die dem Ansehen Berlins und der Gesundheit seiner Bewohner alles andere als gut tat.

Die kurfürstliche Brunnen- und Gassenordnung von 1660 verpflichtete Hausbesitzer zur Pflasterung und Reinhaltung der Straßen. Ein Gassenmeister hatte für die regelmäßige Straßenreinigung zu sorgen. Für einen kleinen Obolus fegten er und seine Helfer den Unrat von der Straße, die man üblicherweise vors Haus kippte, und lud ihn vor den Toren der Stadt ab. "Ein jeder, der in diesen kurfürstlichen Residenzstädten ein eigen Haus hat, soll nach Publikation dieser Ordnung inner sechs Wochen und sooft es Not, bei zwei Talern Strafe, das Pflaster vor seiner Türe, soweit sein Haus gehet, bis an die Rinne inklusive, dergestalt anfertigen lassen, damit bei regenhaftigem Wetter das Wasser ablaufen könne und nicht das eine hoch, das andere niedrig oder grubicht sein möge. [...] Alle Schweinekoven, Ställe und dergleichen, so einigen Stank geben könnten, sollen von öffentlichen Gassen weggeschaffet" werden, heißt es in dem Edikt. Die Hausbesitzer wurden außerdem verpflichtet, für einen richtigen Ablauf des Wassers zu sorgen, damit Menschen und Vieh nicht zu Schaden kommen. Eine Feuerordnung verpflichtete überdies die Bürger, im Winter dafür Sorge zu tragen, dass die Wasserrinnen nicht zufrieren, denn im Falle eines Falles wollte man fließendes Wasser zum Löschen haben.

Da der Erfolg dieser Anordnung zu wünschen ließ, wurde sie immer wieder mit neuen Strafandrohungen erneuert. So verlangte Kurfürst Friedrich Wilhelm 1671 Steuern für die Pflege des Neumarkts nahe der Berliner Marienkirche und eine Extraabgabe nur für die Straßenreinigung. 1679 hat man den Bürgern, die ihren Pflichten zur Straßenreinigung nicht nachkamen, Prügel und Geldstrafe angedroht, außerdem wurde befohlen, dass an jedem dritten Haus des Nachts, von Vollmondzeiten abgesehen, Licht brennen sollte, weil der Weg durch die Stadt mit ihren vielen dunklen Ecken sowie dem Morast und dem Dreck nicht ungefährlich war. Hausbesitzer hatten darauf zu achten, dass die Funzeln gut brennen und keine Feuergefahr nicht von ihnen ausgehen.

Alten Chroniken zufolge stank es an allen Ecken und Enden, und außerdem waren die Gewässer, die die brandenburgisch-preußische Haupt- und Residenzstadt damals reichlicher als heute durchzogen, alles andere als sauber. Es muss einiges zusammengekommen sein, denn viele Hausbesitzer hielten Vieh und besaßen Landwirtschaften und Gärten, um deren Rückstände sie sich nicht zu kümmern pflegten. Da alles Bitten und Befehlen nichts nutzte, wies Kurfürst Friedrich III. anno 1700, kurz vor seiner Krönung zum König Friedrich I., an, dass die Straßen zweimal in der Woche gefegt werden sollen. Den eingesammelten Unrat verwendete man, um einen sumpfigen Abschnitt auf der Schlossinsel zu befestigen. Der reinlich veranlagte Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. verlangte von den Hausbesitzern, dass sie für den Abtransport des Unflats sorgen sollen. Untersagt wurde überdies, vom Land oder von Schiffen Müll in die Spree zu werfen und dort sowie in Kanälen und auf Straßen des Inhalts von beweglichen Latrinen und von "Nachteimern" zu entledigen.

Unter König Friedrich II., genannt der Große, hatte sich die Lage nicht wesentlich verändert, von der Gegend um das Schloss und entlang der Straße Unter den Linden abgesehen, wo das "feine Berlin" unterwegs war. 1765 sah daher eine neue Straßenreinigungs-Verordnung vor, dass bei Zuwiderhandlungen nicht nur empfindliche Geldstrafen gezahlt werden sollten, sondern bei Verstößen namhaft gemachte Personen an den Pranger gestellt und öffentlich ausgepeitscht werden sollen. Die eingezogenen Strafgelder wurden zur Bezahlung von Straßenfegern und von "gewissen Weibern" verwendet, die den Dreck von den Straßen kehrten. Außerdem wurden aus dem Fonds Denunzianten belohnt, die Personen anzeigten, welche sich nicht an die Regeln halten.

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