Perle mittelalterlicher Baukunst
Ruine der Berliner Klosterkirche unweit des Alexanderplatzes ist ein herausragender Kulturstandort



Die sorgsam sanierte und restaurierte Ruine der mittelalterlichen Kirche
des Franziskanerklosters gehört zu den ältesten Bauwerken Berlins.




Außerhalb der Ruine ist eine Pieta aufgestellt, die der Bildhauer
Jürgen Pansow den Lebenden gewidmet hat, so die Inschrift.




Unter freiem Himmel stellen Künstler in der Ruine ihre Arbeiten aus,
es finden hier auch Gottesdienste und Konzerte statt.




Einschüchternder Prunk empfängt die Angestellten und Besucher des
Stadtgerichts in der Littenstraße. Das Gebäude wurde in den
vergangenen Jahren außen und innen saniert und restauriert. (Fotos: Caspar)

Die im 13. und 14. Jahrhundert erbaute und danach immer wieder erweiterte und umgestaltete Klosterkirche an der Klosterstraße gehört, obwohl sie nur noch als Ruine aus dem Zweiten Weltkrieg erhalten ist, zu den Perlen der mittelalterlichen Baukunst in der Hauptstadt. Mit dem in DDR-Zeiten als Haus der Jungen Talente und heute als Kulturzentrum genutzten Podewilsschen Palais, genannt Podewil, der barocken Parochialkirche und dem Alten Stadthaus (siehe weitere Beiträge auf dieser Internetseite) sowie weiteren historischen Bauten einschließlich der in der Waisenstraße erhaltenen Reste der Stadtmauer bildet die selbst noch als Torso eindrucksvolle Ruine der Klosterkirche eine Berliner Sehenswürdigkeit ersten Ranges. Obwohl das Klosterviertel nur wenige hundert Schritte vom Alexanderplatz entfernt ist und einem eigenen U-Bahnhof besitzt, ist es relativ wenig bekannt. In den kommenden Jahren soll es unter Berücksichtigung der historischen Architektur und ihrer Dimensionen neu bebaut und damit belebt werden.

Die in den vergangenen Jahren vom Landesdenkmalamt sanierte Klosterkirchen-Ruine hat als Kulturstandort und Freilichtmuseum einen guten Namen erworben. Möglich wurde dies durch eine aufwändige Sicherung des nach oben offenen Mauerwerks, außerdem wurden der desolate Fußboden neu verlegt und die Rippen in den Fensterhöhlen stabilisiert. Von einer Überdachung der Klosterkirche, die ihre Nutzung auch in der feuchten und kalten Jahreszeit ermöglichen würde, wurde Abstand genommen. Das wäre viel zu teuer geworden und widerspräche auch dem Charakter der Ruine als Mahnmal gegen den Krieg. Genutzt wird die Klosterkirche in der trockenen und warmen Jahreszeit als Schaustelle Berliner Künstler, vor allem von Bildhauern, die im Kirchenschiff ihre Werke ausstellen, aber auch für Gottesdienste und Konzerte.

Nach der Einführung der Reformation im Kurfürstentum Brandenburg (1539) wurden alle Klöster aufgehoben. Im Grauen Kloster behielten die grau gekleideten Franziskanermönche lebenslanges Wohnrecht. Kurfürst Johann Georg von Brandenburg gründete 1574 durch Zusammenlegung zweier Lateinschulen ein Gymnasium, dem er das ehemalige Kloster samt Kirche zuwies. Mit der Zeit entwickelte sich das Berlinische Gymnasium zum Grauen Kloster, so der offizielle Name, zur wichtigsten Lehranstalt der brandenburg-preußischen Hauptstadt. Hier erhielten künftige Beamte, Geistliche und Militärs das Rüstzeug, um an den Universitäten in Frankfurt an der Oder, Königsberg, Wittenberg, Leipzig und anderswo studieren zu können. Die Hohenzollern förderten die Lehranstalt mit Privilegien und Geldzuwendungen, außerdem stifteten wohlhabende Lehrer und Schüler Bücher, Manuskripte, Gemälde und Bargeld. In der Berliner Landesbibliothek ist der Nachlass des als Kaufmann in Venedig erfolgreichen Absolventen Sigismund Streit erhalten, während die Berliner Gemäldegalerie seine dem Grauen Kloster vermachten Bilder betreut. Historische Grabsteine, Gemälde und andere Ausstattungsstücke der Klosterkirche sind im Märkischen Museum und in derMarienkirche erhalten. Zu den bekanntesten Schülern des Grauen Klosters gehören der Bildhauer Johann Gottfried Schadow, der Architekt Karl Friedrich Schinkel sowie Friedrich Ludwig Jahn, der als Turnvater im Grauen Kloster den Sportunterricht einführte, der spätere Reichskanzler Otto von Bismarck und der Chef der AEG Emil Rathenau.

Im Zweiten Weltkrieg zerstört, existierte das Gymnasium zum Grauen Kloster an verschiedenen Orten im Ostteil Berlins, doch musste es 1958 aus ideologischen Gründen seinen Namen ablegen und hieß fortan nur noch 2. Erweiterte Oberschule. Um die Erinnerung an die berühmte Bildungsstätte zu bewahren und ihre Tradition fortzuführen, gründete die Evangelische Kirche 1963 im damaligen Westberlin das Evangelische Gymnasium zum Grauen Kloster, das sich einen hervorragenden Ruf erwarb. Ob es jemals neben der Ruine des Franziskanerklosters neu erbaut wird, steht in den Sternen, ebenso ob Pläne des Senats, das Areal durch eine kleinteilige Neubebauung mit Wohnungen, Gastronomie und Gewerbe aufzuwerten und an den quirligen Alexanderplatz anzubinden. Angesichts der prekären Haushaltslage des Landes Berlin und anderweitigen Engagements von privaten Investoren wird die Realisierung entsprechender Pläne schwierig sein, was auch für andere Pläne dieser Art quer durch die Stadt gilt.

Unübersehbar erhebt sich hinter der Ruine der Klosterkirche an der Littenstraße ein Gerichtspalast aus der Kaiserzeit. In den vergangenen Jahren innen und außen saniert und restauriert, ist er ein bemerkenswertes Zeugnis für die imposante Art und Weise, wie man in der Kaiserzeit allen Personen, die mit der Justiz zu tun hatten, sei es als Angeklagte, sei es als Betroffene oder Zeugen sowie als Richter und Verteidiger, durch aufwändig gestaltete Treppenhäuser und Gerichtsräume zu imponieren, ja zu ängstigen. Der monumentale, in den Formen des in der Kaiserzeit beliebten Neobarock errichtete Bau wurde im Zweiten Weltkrieg beschädigt und in vereinfachter Form wiederhergestellt. In den vergangenen Jahren hat man große Sorgfalt auf die Rückgewinnung des dem Jugendstil verpflichteten Dekors innen und außen gelegt. Durch Stahlkonstruktionen angedeutet sind die beiden Türme über dem Haupteingang.

Benannt ist die Littenstraße nach dem Rechtsanwalt und Strafverteidiger Hans Litten, der sich als Gegner des NS-Regimes und Anwalt kleiner Leute diesem verhasst gemacht hat. Eine Tafel am Eingang des Gerichtsgebäudes ehrt den "unerschrockenen Kämpfer für Menschlichkeit und Frieden (sowie) Anwalt und Verteidiger der Unterdrückten", der unmittelbar nach dem Reichstagsbrand verhaftet und 1938 im KZ Dachau ermordet wurde. Im Landgericht erinnert eine Büste an Hans Litten, außerdem ist ein Juristenpreis nach ihm benannt. Beim Anblick oder dem Besuch des Stadtgerichts sollte nicht vergessen werden, dass hier auch in DDR-Zeiten großes Unrecht geschehen ist und in politischen Prozessen harte Zuchthausstrafen gegen Gegner des Ulbricht- und Honecker-Systems ausgesprochen wurden, in den frühen DDR-Jahren auch Todesurteile.

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