Reformator ist umgezogen
Bronzenes Lutherdenkmal ohne die Assistenzfiguren schmückt wieder den Platz neben der Berliner Marienkirche



Die Aufstellung des bronzenen Luther neben der Marienkirche mit dem
Roten Rathaus im Hintergrund ist nur provisorisch. Wenn die endgültige Platzgestaltung
festgelegt ist, wird das Denkmal auf seinen Sockel aus rotbraunem Granit gestellt.



So sah das Berliner Monument aus, als es 1895 feierlich auf dem Neuen Markt
in Berlin enthüllt wurde.



Die Namen der Bildhauer Paul Martin Otto und Robert Toberentz sind auf der Fußplatte vermerkt.




Im Herbst 1989 kehrten das Lutherdenkmal und der Sockel auf einem Tieflader
aus Weißensee zurück. Im Hintergrund erkennt man das Lenindenkmal, das
im November 1991 abgetragen wurde. Der Kopf des russischen Revolutionsführers ist
in der Spandauer Zitadelle ausgestellt. (Fotos/Repros: Caspar)

Gäste der Feierlichkeiten in der Berliner Marienkirche zur Eröffnung des Reformationsjahrs 2017 gingen am Reformationstag 2016 am historischen Lutherdenkmal vorbei. Die überlebensgroße Bronzefigur auf einem schwarzen Betonsockel steht rechts neben dem Eingang der Marienkirche am originalen Standort. Die Umrisse der monumentalen Anlage sind im Boden durch rote Linien markiert. Sie signalisieren, dass das Lutherdenkmal ursprünglich viel größer war als es heute den Anschein hat. Eine Bild- und Texttafel neben der grün patinierten Skulptur informiert über das ursprüngliche Aussehen der von Paul Martin Otto begonnenen und nach dessen Tod vollendeten Anlage und das Schicksal der Assistenzfiguren, die im Zweiten Weltkrieg der Rüstungsindustrie zum Opfer fielen und nicht mehr rekonstruiert werden können.

Als 1883 überall im Deutschen Reich der 400. Geburtstag begangen wurde, kam der Wunsch auf, den Reformator auch in der Reichshauptstadt Berlin durch ein Denkmal zu ehren. Damit wollte man gegenüber anderen deutschen Städten gleichziehen, in denen es bereits solche Monumente gab. Den Anfang hatte Wittenberg mit dem von Johann Gottfried Schadow geschaffenen und 1821 auf dem Marktplatz enthüllten Lutherdenkmal gemacht. Es folgten im Laufe des 19. und frühen 20. Jahrhunderts weiter Standbilder dieser Art, und zwar in Annaberg-Bucholz (1883), Cottbus (1911), Dresden (1885), Eisenach (1885), Eisleben (1883), Görlitz (1904), Hamburg (1912), Hannover (1900), Möhra (1861), Prenzlau (1903) und weiteren Städten, wo man auch Lutherbrunnen aufstellte und Luthereichen pflanzte.

Der Bildhauer Martin Paul Otto gewann den künstlerischen Wettbewerb für das Berliner Lutherdenkmal. Die Kosten für das Monument teilten sich private Spender, der Berliner Magistrat und Kaiser Wilhelm I. So entstand am Neuen Markt neben der Marienkirche auf einer Fläche von 250 Quadratmetern ein über acht Meter hohes Reformationsdenkmal, das 1895 feierlich eingeweiht wurde. Im Mittelpunkt steht Martin "Die Darstellung des erfolgreichen Reformators im Talar seiner späten Jahre, sein Hinweisen auf die Bibel und die Gesamtanlage als lehrhaftes, bühnenartiges Denkmal stellen Luthers Bibelübersetzung als nationalbildendes Ziel in den Vordergrund", heißt es auf der erklärenden Tafeln neben dem Monument.

Seiner Nebenfiguren entkleidet, fand Luther 1951 in der Turmhalle der Marienkirche Asyl, kam 1968 in die Stephanusstiftung in Weißensee und kehrte im Oktober 1989 in den Bezirk Mitte zurück. Die Aufstellung in einer Grünanlage zwischen Kirche und der Karl-Liebknecht-Straße war alles andere als günstig. Das Denkmal wirkte eher abgestellt als aufgestellt. Die jetzt gefundene Lösung ist nur provisorisch. Die Bronzefigur bedarf dringend der Behandlung durch Metallrestauratoren, zumal man bei näherer Betrachtung Löcher und Fehlstellen erkennt, die in der Werkstatt geschlossen werden müssen. Die Bronzefigur muss vom Kopf bis zu den Füßen gereinigt und vor schädlichen Umwelteinflüssen durch Auftragen von bienenwachsartigen Konservierungsstoffen geschützt werden. Während das in Angriff genommen wird, erhält der Neuen Markt beziehungsweise das, was nach Abrissen von Ruinen in DDR-Zeiten übrig geblieben ist, eine neue Fassung, die das Lutherdenkmal ins rechte Licht stellt und auch davon erzählt, dass es vor über 130 Jahren eine Bürgerbewegung für die Ehrung des Wittenberger Reformators auch in Berlin gegeben hat. .

1. November 1016



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