Schon zu Lebzeiten Kult

Stiftung Stadtmuseum widmet dem Berliner Maler und Grafiker
Adolph Menzel eine repräsentative Ausstellung



Wie sich der preußische Soldatenkönig bei seinem Tabakskollegiummit seinen Kumpanen
auf Kosten anderer amüsierte und der Kronprinz Friedrich, ab 1740 König Friedrich II.,
missmutig zuschaut, hat Adolph Menzel in dieser Szene wunderbar dargestellt.




Wer möchte, kann im Märkischen Museum Lithographien unter Anleitung
eines Lithographen wie zu Menzels Zeiten herstellen. (Fotos: Caspar)

Berlin und Adolph Menzel, das war und ist eine untrennbare Einheit. Daran erinnert die Stiftung Stadtmuseum im Märkischen Museum mit einer repräsentativen Ausstellung zum 200. Geburtstag des Grafikers, Zeichners und Malers, der schon zu seinen Lebzeiten Kult war und als "kleine Exzellenz" geliebt und verehrt wurde. Der nur 150 Zentimeter hohe und daher in der Berliner und preußischen Gesellschaft mit ihrem Hang zu "langen Kerls" ziemlich deplatzierte Künstler war ein genialer Autodidakt. Er bildete sich mit unermüdlichem Fleiß vom Handwerker im lithografischen Gewerbe zu einem alles überragenden, 1899 von Kaiser Wilhelm II. in den Adelsstand erhobenen Künstler. Mit seinen auf detailverliebten Studien an Bauwerken, Waffen, Kostümen, Fahnen und anderen Originalobjekten sowie an zeitgenössischen Porträts orientierten Buchillustrationen und Historiengemälden hat Menzel wesentlich das Bild geprägt, das wir uns bis heute von Preußen und seinem Herrscherhaus machen.

Die bis 28. März 2016 laufende Ausstellung "Ich. Menzel" zeigt rund 200 Objekte und führt die Menzel-Bestände des Märkischen Museums und früheren Berlin Museums zusammen. Herzstücke sind neben einigen Gemälden zahlreiche Zeichnungen sowie als besondere Raritäten lithografische Steine, die von Menzel eigenhändig für den Druck bearbeitet wurden und wie durch ein Wunder alle Zeiten überstanden haben. Aus dem persönlichen Besitz des Künstlers stammen eine von ihm benutzte Palette mit alten Farbklecksen, eine Auswahl von Stiften, mit denen seine Taschen reichhaltig gefüllt waren, aber auch ein Spazierstock mit dem als Pferdefuß geformten Griff aus Elfenbein und ein Reisepass von 1852. Hinzu kommen Notizhefte, Skizzenbücher, Briefe und Karten sowie zeitgenössische Reproduktionen seiner Bilder und Porträtfotos. Da Menzel nicht gerade groß war, musste er auf Stühle oder Leitern klettern, wenn er den Objekten seiner Kunst auf Augenhöhe nahe sein wollte. Ein solcher Stuhl mit hoher Lehne stammt aus dem letzten Atelier des Künstlers in der Sigismundstraße 3. Dort hat der das ein wenig menschenscheue Berliner Original Menzel bis zu seinem Tod am 9. Februar 1905 gearbeitet und seinen künstlerischen Nachlass geordnet.

Der vor 200 Jahren in Breslau geborene Künstler entdeckte, wie die Ausstellung zeigt, neuartige Bildthemen und brachte dabei gern auch manches Beiläufige und Skurrile ans Tageslicht. Dem Märkischen Museum ist Menzel auf besondere Weise verbunden. Es kümmerte sich schon früh um seine Werke sowie Dokumente aus seinem Leben, von denen jetzt eine Auswahl gezeigt werden kann. Menzels Œuvre wird auf 180 Gemälde, 1.200 Druckgrafiken, 12.000 Zeichnungen als Einzelblätter und in Skizzenbüchern geschätzt. Hinzu kommen rund 1.600 Briefe. Im Menzel-Jubiläumsjahr 2015 konnte das Stadtmuseum Berlin das achtseitige Manuskript einer frühen Autobiografie des Künstlers von 1865 erwerben. Eine spätere Darstellung seines Lebens von 1874 betitelte der knapp 60-jährige Menzel selbstbewusst mit "ich.", woraus sich der Titel der in Zusammenarbeit mit der Adolph Menzel Gesellschaft Berlin e. V. präsentierten Ausstellung mit reichem Begleitprogramm und einem interessanten Katalog gefunden war.

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