Königssäule wurde Architektenmonument
Der Obelisk auf dem Potsdamer Alten Markt und das Fortunaportal als Entree für das wieder aufgebaute Stadtschloss



Friedrich II., der Große, ließ den Alten Markt als wichtigsten Platz seiner
Residenzstadt Potsdam wie eine italienische Piazza gestalten.



Nachdem die Nikolaikirche mit barocker Schaufassade 1795 abgebrannt war,
wurde sie im frühen 19. Jahrhundert nach Plänen von Schinkel
und anderen Architekten neu gebaut und mit einer riesigen Kuppel
geschmückt. Der Obelisk davor wurde vor einiger Zeit restauriert.




Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff und drei andere Architekten sind auf der Säule verewigt.



Von einer Terrasse des Landtagsgebäudes hat man eine gute Sicht auf
das Fortunaportal sowie die monumentale Nikolaikirche im Herzen
der brandenburgischen Landeshauptstadt.




Eine teure Fehlinvestition war das Theater an der Havel, mit dem die
sozialistische Bezirkshauptstadt Potsdam "beglückt" werden sollte.
Nach dem Ende der DDR dauerte es nicht lange, bis der Betonkoloss
beseitigt wurde, links ist der Obelisk zu erkennen.
(Fotos/Repro: Caspar)

Die ehemalige preußische Residenz- und Garnisonstadt und heutige brandenburgische Landeshauptstadt Potsdam und ihr königlichen Gärten und Parks sind angefüllt mit Monumenten zur Erinnerung an die Hohenzollern, die in der Novemberrevolution 1918 entmachtet wurden. Vor allem in der Barockzeit und der Zeit des Klassizismus prägte die Herrscherfamilie mit repräsentativen Bauten und Skulpturen das Gesicht der Stadt an der Havel. Auf dem Alten Markt, bis zur Zerstörung durch den britischen Bombenangriff vom 14. April 1945 das Herz der Stadt, steht vor dem als Landtag wiedergewonnenen Stadtschloss ein Obelisk, der einen bemerkenswerten Wandel durchgemacht hat. König Friedrich II. ließ 1753 bis 1755 auf der nach italienischem Vorbild gestalteten Piazza zwischen Stadtschloss, Rathaus und der barocken, später klassizistisch umgebauten Nikolaikirche von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff die viereckige Gedenksäule errichten und setzte sich und seinen Vorgängern mit ihm ein bemerkenswertes Denkmal.

Inwendig ist die von Knobelsdorff entworfene Bildsäule auf viereckigem Grundriss gemauert und außen mit rotem Kauffunger Marmor und solchem aus weißem Carraramarmor verkleidet. Auf den Ecken des hohen Sockels liegen Sphingen, darunter haben als antike Redner oder Philosophen gedeutete Männer Aufstellung genommen. Der Bezug zu einer als arkadisch gelobten antiken Gesellschaft und Kultur ist gewollt und entsprach dem Geist der Entstehungszeit. Außerdem korrespondiert das Bildwerk mit den Bauten des Hofes und des gehobenen Bürgertums am Alten Markt, bei deren Gestaltung sich Friedrich II. und seine Architekten an italienischen Palästen orientierten. Mit der Aufstellung der sich nach oben verjüngenden Säule an prominentester Stelle in Potsdam, dem Alten Markt, wollte der machtbewusste König und Schöngeist nicht nur Stolz auf seine vornehme Abkunft kundtun und den Vorplatz seines Schlosses durch ein besonders schönes Denkmal schmücken, sondern auch ein Zeichen für die gewachsene Stärke der Monarchie setzen, aber auch den Potsdamern und allgemein den Preußen sagen, wer Herr im Haus ist.

Ursprünglich war der Schaft des Obelisken mit Medaillons von vier Vertretern des Hauses Hohenzollern geschmückt. Zu erkennen waren der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm sowie die preußischen Könige Friedrich I., Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II., der Große. Obwohl er von seinem Großvater Friedrich I. nicht viel hielt und ihm Verschwendungssucht, hohlen Prunk und Günstlingswirtschaft vorwarf, war es für Friedrich II. kein Problem, ihn auf diesem einzigartigen Staatsdenkmal abzubilden. Angemessen war es, mit einem Bildnis an den Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm zu erinnern, der unter anderem das aus der Renaissancezeit stammende Schloss vis à vis des Obelisken im holländischen Stil umbauen und erweitern ließ. Da der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. in seiner Lieblingsresidenzstadt Potsdam bedeutende Bauten für die Armee und den Beamtenapparat errichten und sie auch mit dem Holländischen Viertel versah, war es ebenfalls keine Frage, ihn auf dem Obelisken darzustellen. Erstaunlich ist schließlich, dass sich Friedrich II. selbst abbilden ließ, denn eigentlich war er solchen öffentlichen Ehrungen zu Lebzeiten abgeneigt.

Weil die Hohenzollern nicht ins kommunistische Geschichtsbild passten, hat man ihre beim britischen Bombenangriff auf Potsdam am 14. April 1945 beschädigten Bildnisse nach 1969 bei der Generalrestaurierung des baufälligen Obelisken entfernt und durch Büsten der Architekten Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff (1699-1753) sowie Carl von Gontard (1731-1791), Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) und Ludwig Persius (1803-1845) ersetzt. In einer Preußen-Ausstellung im Kutschstall am Neuen Markt waren 2001 einige Bruchstücke zu sehen. Durch die Anbringung der neuen Köpfe mutierte das borussische Herrschermonument in ein Architektendenkmal, wie man es nicht noch einmal in Deutschland findet.

Die auf ungewöhnliche Weise geehrten Baumeister haben im 18. und 19. Jahrhundert mit großer Kunstfertigkeit Potsdam zu dem gemacht, was es bis zur Zerstörung drei Wochen vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs war. Beim Anblick des "neuen" Obelisken sollte man sich hinzudenken, dass die damalige sozialistische Bezirkshauptstadt Potsdam in einer zweiten Zerstörungswelle unnötigerweise zahlreiche beschädigte oder sogar noch intakte Bauten verloren hat, die von den auf der Bildsäule darstellten Künstlern stammen.

An der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert erlebte das Potsdamer Stadtschloss eine wichtige Umbauphase. Während sich Kurfürst Friedrich III. auf den Weg nach Königsberg machte, um sich als zum König "in" Preußen zu krönen, errichtete man am Potsdamer Stadtschloss nach Plänen des Holländers Jean de Bodt ein prächtiges Triumphtor, durch das der Monarch, der sich jetzt Friedrich I. nannte, nach seiner feierlichen Rückkehr zog. Während die aus Gips, Holz und Pappe gefügten Triumphtore in Berlin nicht erhalten sind, erinnerte bis zum Abriss der Kriegsruine 1960 das Potsdamer Fortunaportal an die feierliche Heimholung des prunkliebenden Herrschers. Sein Enkel Friedrich II. schätzte den Säulenbau mit der vergoldeten Glücksgöttin auf der Spitze so sehr, dass er seinem Architekten Knobelsdorff befahl, es beim Umbau des alten Stadtschlosses stehen zu lassen. Mit der Rekonstruktion des barocken Fortunaportals begann 2002 der Wiederaufbau des Stadtschlosses, dessen Außenfassade originalgetreu und im Inneren modern und funktional gestaltet ist. Preußische Adler, Kronen, Fahnen und lateinische Inschriften weisen auf die ursprüngliche Aufgabe des Fortunaportals als Wegweiser der königlichen Hofgesellschaft in das Potsdamer Stadtschloss.

(8. Juni 2016)

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