"Hinter diesen festen Marmorsteinen, da schlägt das Herz der ganzen Republik"
Vor 40 Jahren wurde "Erichs Lampenladen" im Herzen Berlins eingeweiht, doch sein Leben war nur von kurzer Dauer



Der Palast der Republik wurde zwischen 1973 und 1976 auf einem
15300 Quadratmeter großen Gelände des ehemaligen Stadtschlosses
in Nachbarschaft des Berliner Doms und des Staatsratsgebäude errichtet.
Das Modell zeigt vorn das DDR-Außenministerium, das 1996/6 verschwand.




Die Medaille der Volkskammer zeigt den zum Dom am Lustgarten
ausgerichteten Trakt, der von 1976 bis 1990 Sitz der DDR-Volksvertretung war.



Der Palast der Republik wurde 2006 bis 2008 Stück für Stück abgerissen,
Interessenten konnten von einem Podest zuschauen, wie er zerlegt wird.




Das über der Tribüne angebrachte DDR-Wappen fand mit weiteren Relikten
aus dem Palast der Republik Asyl im Deutschen Historischen Museum.




Ende der 1990-er Jahre warb eine bemalte Tapete am Palast der Republik für
den Wiederaufbau des Stadtschlosses, der 2019 abgeschlossen sein soll. (Fotos: Caspar)

Mit ungeheurem Aufwand und Kosten von einer - nie offiziell zugegebenen - Milliarde DDR-Mark wurde zwischen 1973 und 1976 der Palast der Republik in Berlin aus dem Boden gestampft. Die am 23. April 1976, vor nunmehr 40 Jahren, vom damaligen Staats- und SED-Chef Erich Honecker eingeweihte Mehrzweckhalle mit der kupferbeschichteten Glasfassade und einer Tribüne davor beherbergte in einem gesonderten Trakt die Volkskammer der DDR. Sie hatte am 20. September 1990, als das SED-Regime im Orkus der Geschichte verschwunden war, den Beitritt des zweiten deutschen Staates zum Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland beschlossen, der am 3. Oktober 1990 erfolgte. Alle übrigen Bereiche des weitläufigen Prestigebaus wurden für politische und kulturelle Veranstaltungen sowie von Restaurants aller Preisklassen genutzt. Karten für Plätze und Tische zu bekommen, war schwierig und mit langen Wartezeiten verbunden, sofern man keine "Beziehungen" hatte. Wegen der fast 10 000 in den Sälen eingebauten so genannten Kugeleffektleuchten erhielt das Haus des Volkes, so der offizielle Titel für den Palast der Republik, schon bald den Spitznamen "Erichs Lampenladen". Manchmal nannte man ihn hinter vorgehaltener Hand auch mit Blick auf die bombastischen Dimensionen "Palazzo Prozzo" oder wegen der immensen Baukosten "Ballast der Republik".

Honecker verkündete Ende 1972, ein schon lange geplantes "Zentrales Gebäude" bauen zu wollen, das dann "Palast der Republik" heißen sollte. Baubeginn war im August 1973 gleich nach dem Abschluss der X. Weltfestspiele der Jugend und Studenten, und fertig sollte es im ersten Quartal 1976 sein. Nach knapp tausend Tagen wurde das Gebäude im Beisein von 3800 geladenen Gästen mit Weihereden, Musik und Tanz eröffnet. Honecker strahlte über das ganze Gesicht, als er dem Bauwerk eine große Zukunft voraussagte. Der Palast der Republik war nach Plänen des Chefarchitekten Heinz Graffunder und seiner Kollegen in einer Rekordzeit von 32 Monaten errichtet worden. Als 40 Jahre später an die Eröffnung des Bauwerks erinnert wurde, gab es den Ratschlag an die Verantwortlichen für den Berliner Flughafen BER, den Umbau der Staatsoper Unter den Linden und andere sich rasant verteuernden und verzögernden Bauten, an die Vergangenheit zu erinnern, als man das Mammutprojekt Palast der Republik noch ohne Computer stemmte und auch die schwierigen Berliner Untergrundverhältnisse in den Griff bekam.

Als Nachfolger des 1971 abgehalfterten SED- und Staatschefs Walter Ulbricht hatte sich Erich Honecker, um Popularität und Anerkennung im In- und Ausland bemüht, mit dem Riesenbau ein weithin sichtbares Denkmal gesetzt, bei dessen Bewertung es großen Zwiespalt gab und gibt. Die einen mochten das Haus, weil sie hier bei mäßigen Preisen schöne Stunden bei den verschiedensten Kulturveranstaltungen verlebten. Andere, vor allem im Westen lebende Leute fühlen sich abgestoßen von der Architektur an Berlins prominentester Stelle und noch mehr von der Vergangenheit des Palasts der Republik als Ort bombastischer Parteitage. Schon bald nach dem Ende der DDR wurde der Ruf laut, das auf dem Gelände des 1950 abgerissenen Berliner Schlosses errichtete Gebäude so schnell wie möglich zu beseitigen und den Wiederaufbau der Hohenzollernresidenz in Angriff zu nehmen. So galt nur wenige Jahre der Richtfestspruch von 1976 "Hier werden Mut und Freude sich vereinen / In ihm wird Frohsinn wohnen und auch Glück! / Denn hinter diesen festen Marmorsteinen, /da schlägt das Herz der ganzen Republik".

Der Abriss des Palasts der Republik ging auf Beschlüsse des Deutschen Bundestags von 2002 und danach zurück. Sie bestimmen, dass am Schlossplatz das Humboldtforum errichtet wird. Der Komplex in der Kubatur des 1950 abgerissenen Hohenzollernschlosses nimmt die außereuropäischen Museen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz sowie die wissenschaftlichen Sammlungen der Humboldt-Universität auf. Das Humboldtforum wird ein Kongresszentrum sowie Restaurants und Cafés beherbergen.

Als Begründung für die Schließung und Beseitigung des Palastes der Republik wurde 1990 seine hohe Belastung durch krebserregenden Asbest angegeben. Die 720 Tonnen dieser gefährlichen Substanz auf einer Fläche von 170 000 Quadratmetern sollten im Falle eines Brandes das Durchglühen oder Verbiegen der Stahlträger verhindern. Bei ähnlich abgesicherten Gebäuden, etwa dem ICC im Westteil der Stadt, wurde diese Frage nicht gestellt. Das 1979 eröffnete Internationale Congress Centrum, das nach ähnlichen Prinzipien wie der Palast der Republik errichtet wurde, steht immer noch. Seine Asbestsanierung lässt auf sich warten, und unklar ist auch, wer die Kosten dafür trägt und wie die künftige Nutzung aussehen soll.

Was im Palast der Republik nicht niet- und nagelfest war, wurde in den neunziger Jahren ausgebaut und fortgeschafft. Die tonnenschweren Stahlteile kamen in den Schrott, der Beton wurde zermahlen und einer neuen Verwendung zugeführt. Viele von namhaften Designern gestalteten Ausstattungsstücke wie Geschirre und Bestecke mit dem Monogramm PdR wurden als Souvenirs verkauft. Nach dem Ableben der DDR wurde deren Staatsemblem mit Hammer und Zirkel auf der Glasfront über der Tribüne demontiert und kam ins Deutsche Historische Museum. Dort fanden auch charakteristische Möbel und Dekorationsstücke Asyl. Die Bildergalerie, geschaffen von namhaften DDR-Malern zur Verherrlichung der Sieghaftigkeit des Kommunismus, fristet im Depot ein unbekanntes Dasein.

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