Der Mann mit schiefer Nase und so genannten O-Beinen
Berliner Polizeimuseum widmet dem legendären Hauptmann von Köpenick eine kleine Sonderschau



In der Polizeihistorischen Sammlung am Platz der Luftbrücke kann
man sehen, wie Einbrecher und Mörder vorgehen und wie ihnen die Kripo
auf die Schliche kommt.



Im Vestibül des Polizeipräsidiums lädt der leibhaftige Hauptmann
von Köpenick zum Besuch des Museums ein.




Der Jahrgang 1906 einer Polizeizeitschrift enthält auch Angaben über
den in eine Hauptmannsuniform gehüllten Kassenräuber Wilhelm Voigt,
über den die ganze Welt lachte.




Die Spottpostkarte schildert, wie sich Voigt Soldaten schnappte und es
fertig bekam, dem Bürgermeister von Köpenick 4000,70 Mark abzunehmen.




Das Plakat wirbt für einen Film in der Regie von Helmut Käutner,
in dem Heinz Rühmann auf tragisch-komische Weise den Schuster
Wilhelm Voigt spielt, der es vor 110 Jahren zu Weltruhm brachte.
(Fotos: Caspar)

Die Polizeihistorische Sammlung im Berliner Polizeipräsidium am Platz der Luftbrücke im Bezirk Tempelhof zeigt zum 110. Jahrestag des legendären Raubzuges, den Wilhelm Voigt in der abgerissenen Uniform eines Gardehauptmanns im Rathaus von Köpenick veranstaltet hat. Ausgelegt ist unter anderem ein Fahndungsblatt vom 17. Oktober 1906, das den ehemaligen Zuchthäusler als Mann mit schiefer Nase, gelblichem und krankhaftem Gesicht, vorstehenden Backenknochen, stark herunterhängendem Schurrbart sowie etwas krummen, so genanten O-Beinen beschreibt. Für Hinweise zur Ergreifung des Täters, dem eine gewählte Redeweise bescheinigt wird, hat der Polizeipräsident die damals ungewöhnlich hohe Belohnung von 2000 Mark ausgesetzt.

In einem Buch mit Jahrgängen einer Zeitung der damaligen Polizei ist das wenig ansehnliche Bild des Kassenräubers abgebildet, der die Schirmmütze eines Gardeoffiziers trägt und traurig dreinschaut. Spottpostkarten und Bücher zu der Sensation des Jahres 1906 und weitere Hinterlassenschaften können ebenfalls betrachtet werden. Das gilt auch für die mit zittriger Schrift ausgestellte Quittung über 4000,70 Mark, die sich der falsche Hauptmann vom völlig konsternierten Köpenicker Bürgermeister Langerhans und seinem Kassierer von Wiltberg hat auszahlen lassen. "Unseres Erachten kann es hier wohl nur um die Tat eines Wahnsinnigen oder Betrügers handeln", heißt es in dem ebenfalls ausgestellten Extrablatt der Zeitung "Cöpenicker Dampfboot". Die letzten Meldungen lauten dort, dass man im Landratsamt nachgefragt habe, was es mit dem angeblich auf Befehl Seiner Majestät des Kaisers und Königs handelnden Hauptmann auf sich hat. Man habe nur erfahren, dass man dort von dem Vorgang keine Ahnung habe und völlig überrascht sei. Außerdem wird mitgeteilt, dass der Bürgermeister wieder auf freiem Fuß sei. Er sagte später aus, dass er den falschen Hauptmann durchschaut habe, doch um kein Blutvergießen zu riskieren, habe er getan, was von ihm verlangt wurde.

Leibhaftig begegnet einem der uniformierte Hochstapler in einer Glasvitrine, und man erfährt an einer Hörstation, was Wilhelm Voigt 1907 nach seiner Begnadigung durch Wilhelm II. und Entlassung aus dem Zuchthaus der wartenden Menschen gesagt hat. In gewählten Worten beschreibt der ehemalige Schuster Voigt seinen unbeugsamen Freiheitswillen und die Hoffnung, auf seine alten Tage irgendwo festen Fuß fassen zu können und ein ehrliches Auskommen zu haben. Dass er durch seinen frechen Coup preußisch-deutschen Militarismus und die Uniformgläubig des wilhelminischen Zeitalters vor aller Welt bloß gestellt hat, scheint für ihn kein Thema gewesen zu sein, hat aber die Welt damals in Wallung und zu unbändigem Lachen gebracht. Reimeschmiede, Karikaturisten und Schriftstellern trug der freche Coup viel Arbeit ein.

Das in mehreren Räumen des Berliner Polizeipräsidiums untergebrachte Museum entstand durch Zusammenlegung einer kriminalpolizeilichen Lehrmittelsammlung in der Gothaer Straße und eines kleinen Polizeimuseums in der Polizeischule "Joachim Lipschitz" in Spandau. Nach der Wiedervereinigung kamen Stücke aus dem Fundus des ehemaligen Museums der DDR-Volkspolizei hinzu. Die Dauerausstellung dokumentiert die bewegte Geschichte der Berliner Polizei von der Barockzeit bis zur Gegenwart. Präsentiert werden historische Uniformen, Waffen und Arbeitsmittel, aber auch zahlreiche Mordwaffen und Tatwerkzeuge aus verschiedenen Kriminalfällen, darunter Beile, Hammer und Messer, mit denen Menschen umgebracht wurden, sowie jede Menge Einbruchwerkzeuge, Bohrer, Schweißgeräte und ähnliches, mit denen Panzerknacker und Diebe zu Werk gegangen sind. Zur Sammlung gehören Fahndungsbücher und Verbrecheralben, aber auch historische Polizeifahrzeuge, von denen einige beim Tag der offenen Tür der Berliner Polizei und bei anderen Gelegenheiten vorgeführt werden. Historikern stehen ein Archiv, eine Fotosammlung sowie eine Präsenzbibliothek zur Verfügung.

Beim Rundgang durch die Ausstellung erfährt man interessante Details über die Arbeit der Polizei, für die 1809 das Amt des "Königlich Preußischen Polizei-Präsidenten von Berlin" geschaffen wurde. Ein dunkles Kapitel in der langen Historie ist die Rolle der Polizei zu Zeiten des Nationalsozialismus unter dem Befehl von Reichsführer SS Heinrich Himmler. Dokumentiert werden die Verbrechen von Erschießungskommandos der Polizei im Zweiten Weltkrieg und wie sie beim Massenmord an Juden in den besetzten Ländern mitgewirkt hat. Die Dauerausstellung schildert, dass Schupos nicht das beste Ansehen hatten und wie sie sich mühten, den Berlinern Freund und Helfer zu sein. Ausgestellt sind Orden und Ehrenzeichen, Helme und Polizeiwaffen, aber auch Beispiele dafür, wie Kriminalpolizisten auf beiden Seiten der Mauer und im vereinigten Berlin mühten und mühen, mit neuester Technik Tätern auf die Spur zu kommen und sie zu überführen.

5. Juli 2016

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