Ende gut, alles gut
Beste Stimmung beim Richtfest für die James-Simon-Galerie als repräsentatives Entrée der Berliner Museumsinsel



Die riesige Baugrube am Kupfergraben dem schwankenden Untergrund
abzuringen, war eine große Herausforderung. Leider verdeckt
das neue Eingangsgebäude die Sicht auf das Museum dahinter.




Indem die Staatlichen Museen das neue Eingangsgebäude auf der Museumsinsel
nach dem Kunst- und Menschenfreund James Simon (1851-1932) nennen,
statten sie dem lange Vergessenen ihren tief empfundenen Dank ab.



Ohne Simons Hilfe wäre die 1912 bei einer Ausgrabung im ägyptischen
Amarna entdeckte Büste der Nofretete sicher nicht nach Berlin gelangt.




Nachdem den Bauleuten weiterhin unfallfreie Arbeit gewünscht wurde, hob
ein Kran am 13. April 2016 den Richtkranz über der hundert Meter langen
James-Simon-Galerie, die 2018 eröffnet werden soll. (Fotos/Repro: Caspar)

Auf das Richtfest für die James-Simon-Galerie haben alle gewartet, es war überfällig und verlief am 13. April 2016 in bester Stimmung bei strahlendem Sonnenwetter. Gekommen waren alle, die etwas in der Berliner Kultur-, Museums- und Bauszene zu sagen hatten. Besonders herzlich begrüßt wurden bei dem Festakt die Architekten David Chipperfield und Alexander Schwarz sowie aus den USA und England angereiste Nachkommen des Namensgebers James Simon, dem die Königlichen, ab 1918 Staatlichen Museen zahlreiche kostbare Schaustücke und weitere Zuwendungen verdanken.

Der Präsidentin des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung, Petra Wesseler, der Bundesministerin Barbara Hendricks und der Kulturstaatsministerin Monika Grütters sowie dem Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz Hermann Parzinger und weiteren Rednern sah und hörte man die große Erleichterung darüber an, dass nach manchen Widrigkeiten und Rückschlägen nun endlich das Eingangsgebäude für vier von fünf Häusern auf der Museumsinsel den langersehnten und von Kennern als sehr gelungen bewerteten Fertigungsstand erreicht hat. Schon jetzt kann man erkennen, wie das Gebäude, in das man über eine repräsentative Freitreppe gelangt, bald aussehen wird. Von dem Galeriegebäude, das der Architekturkritiker Nikolaus Bernau am 13. April als "teuersten Garderobenbau der Geschichte" abqualifiziert hat, gelangen Besucherinnen und Besucher zu den antiken und weiteren Sammlungen, während die Alte Nationalgalerie durch ihr Portal unter dem Reiterdenkmal des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm IV. betreten wird. "Mit dem Richtfest der James-Simon-Galerie können wir heute deren architektonische und funktionale Vervollständigung feiern", sagte Monika Grütters. Um diese Pracht für künftige Generationen zu pflegen und zu bewahren, finanziert der Bund den Masterplan Museumsinsel ein Vierteljahrhundert lang mit 1,4 Milliarden Euro. Bis 2025 werde das größte Projekt - das Pergamonmuseum - vollendet sein. "So wird der Masterplan Museumsinsel zu einer echten Erfolgsgeschichte."

Die 2009 begonnene James-Simon-Galerie ist das jüngste Gebäude auf der Museumsinsel, die 2030 ihr zweihundertjähriges Bestehen begehen wird. Insgesamt kostet der Neubau, dessen Fertigstellung sich durch den unsicheren Baugrund und Probleme mit inkompetenten Firmen sich merklich verzögert hatte, 134 Millionen Euro. Diese Summe, die die ursprüngliche Kalkulation erheblich überschritten hat, kam aus dem Haushalt der Kulturstaatsministerin. Das zentrale Besucherzentrum hat einen Kassenbereich, die Garderobe, ein Café, einen Museumsshop sowie Räume für Sonderausstellungen. Mit der Namensgebung verneigen sich die Staatlichen Museen zu Berlin vor einem der bedeutendsten Mäzene ihrer Geschichte.

Die Liste der Kunstwerke, die der reiche Textilunternehmer James Simon vor und nach 1900 ihnen gestiftet hat, geht von der berühmten Büste der altägyptischen Königin Nofretete über das Ischtar-Tor aus Babylon und weiteren altorientalischen Altertümern bis zu wertvollen Gemälden und Skulpturen aus der Zeit der Renaissance und danach. Im Neuen Museum ausgestellt, zählt die Büste der Nofretete zu den bekanntesten Kunstwerken der Staatlichen Museen zu Berlin und ist geradezu eine ihrer Ikonen. Auch das Berliner Münzkabinett erhielt von Simon großartige Zuwendungen. Eine Publikation von 1904 bezeichnet Simons Schenkungen als schönes Denkmal der wahren Kunstliebe ihres Stifters und seines erleuchteten Gemeinsinns. "Möge dem hochherzigen Stifter für seine unvergleichliche Gabe der eine schönste Lohn zuteil werden, die Freude, die er selbst an seiner Schöpfung gehabt hat, nun von weiten Kreisen einsichtiger Kunstfreunde geteilt und die mit so viel Liebe gesammelten Schätze zu lebendig dauernder Wirkung gebracht zu sehen", heißt es im Vorwort.

James Simons vielschichtiges mäzenatisches Wirken ohne jedes Eigeninteresse beschränkte sich keineswegs auf Stiftungen für Wissenschaft, Kunst und Kultur, sondern erstreckte sich, ganz jüdischer Tradition verpflichtet, auch und vor allem auf soziale Belange. So engagierte sich der Baumwollhändler, der zu den reichsten Männern des alten Berlin gehörte und Zugang zum kaiserlichen Hof hatte, für zahlreiche Hilfs- und Wohltätigkeitsvereine, Krankenhäuser sowie Kinder- und Waisenheime und ein öffentliches Bad für das Volk. Es gehört zur Tragik seines Lebens, dass es mit dem Unternehmen im und nach dem Ersten Weltkrieg, während der Inflationszeit und der Weltwirtschaftskrise bergab ging, so dass die Firma aufgegeben werden musste. Der Kunstsammler James Simon sah sich zu Verkäufen an die Staatlichen Museen zu Berlin genötigt und musste auch seine repräsentative Villa Tiergartenstraße 15 a aufgeben und sich eine andere Bleibe in Berlin suchen.

Als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen, breiten sie den Mantel des Totschweigens über den ehemals so sehr verehrten Mäzen und Menschenfreund und ließen alle Hinweisschilder auf ihn und seine Schenkungen entfernen. Da Simon bereits 1932 gestorben war, musste er diese Schmach nicht mehr erleben. Mit großer Mühe und einiger Fürsprache durch Mitarbeiter der Staatlichen Museen gelang es Familienmitgliedern unter Hinweis auf die Verdienste von James Simon, sich 1942 der "Umsiedlung" genannten Deportation in die Vernichtungslager zu entziehen und die Nazizeit zu überleben. Der Fall wird von Olaf Matthes in dem neuen Buch "Zwischen Politik und Kunst - Die Staatlichen Museen zu Berlin in der Zeit des Nationalsozialismus" (Böhlau Verlag 2013, S. 53-66) ausführlich dargestellt.

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