Bauten für Besserverdienende -
Was Riehmers Hofgarten im Berliner Bezirk Kreuzberg so interessant macht



Riehmers Hofgarten ist ein einzigartiges Denkmal gründerzeitlichen Bauens und erinnert daran, dass Besserverdienende im kaiserzeitlichen Berlin gut zu leben wussten. (Foto: Caspar)

Riehmers Hofgarten an der Kreuzberger Yorckstraße gehört zu den Berliner Sehenswürdigkeiten, die man einfach gesehen haben muss. Unweit des U-Bahnhofs Mehringdamm hat sich das aus der Gründerzeit stammende Bauensemble in gutem Zustand erhalten. Aus den Jahren 1891/92 stammend, ist es nach dem Bauherrn und Architekten Wilhelm Riehmer benannt. Zentrum der Wohnanlage ist ein Innenhof, der von aufwendig gestalteten Gebäuden mit großzügigen Wohnungen umgeben ist. Die Bebauung erstreckt sich in Nord-Süd-Richtung von der Yorckstraße bis zur Hagelberger Straße und zweigt vom Hof zur Großbeerenstraße ab, die hinauf zum Kreuzbergdenkmal führt. Die Fassaden der Gebäude mit der Begrüßungsformel SALVE an der Eingangstür besitzen reichen bauplastischen Schmuck im Stil der Neorenaissance und des Neobarock. Das "Dehio-Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler" schreibt, die Anlage sei ungewöhnlich großzügig mit dem Bestreben gestaltet worden, die dichte Blockbebauung der damaligen Zeit zu überwinden. Hingewiesen wird auf den Torbogen an der Yorckstraße, der von zwei mächtigen Atlanten im Schlüterschen Stil betont wird. In der Kaiserzeit wurden rund 300 Wohnungen für besserverdienende Kaufleute, Fabrikanten, Handwerker sowie Offiziere gebaut, die in den nahegelegenen Kasernen dienten. Im Zweiten Weltkrieg wurde der linke Flügel zerstört und nicht wieder aufgebaut. Statt seiner entstand 1985/1986 ein Neubau mit zwei Kinos, der nicht in die edel gestaltete Umgebung passt. TextAbsatz1

In Berlin gibt es weitere Anlagen dieser Art aus der Gründerzeit, aber keine ist so edel, aufwändig und teuer gestaltet worden wie Riehmers Hofgarten. Es gab üble Mietskasernen mit kleinen Höfen, in die kein Lichtstrahl fiel. Heinrich Zille hat gezeigt, wie es da zuging, und aus zeitgenössischen Beschreibungen wissen wir, dass in den elenden Behausungen Armut, Krankheit, Prostitution und Verbrechen an der Tagesordnung waren. Wer im alten Berlin arm, krank und hilflos war, hatte nichts zu lachen, war mit seiner Familie ganz dem Wohlwollen der Behörden ausgeliefert, musste sich mit Almosen und frommen Trostworten zufrieden geben und wurde, als Asozialer gebrandmarkt, auch zur Zwangsarbeit herangezogen. Auf der einen Seite gab es unmäßigen Luxus, teure Garderoben und üppige Schmausereien und Trinkgelage, während auf der anderen Seite in den vielköpfigen Familien der Unterschicht, wie wir heute sagen würden, Hunger, Unterernährung, Krankheit, Bildungsnotstand und Perspektivlosigkeit herrschten. Die Armen wohnten in dunklen, feuchten Löchern, in denen sich mehrere Personen ein Bett und wenige Brocken Brot teilen mussten. Das bisschen Lohn, den die Väter nach Hause brachten, war schnell verbraucht und vertrunken, der Zuverdienst von Frauen und Kindern reichte ebenfalls vorn und hinten nicht. Um aus der Misere zu kommen, wurde unter den misstrauischen Blicken der Polizei gebettelt, und es gab auch kleine Hilfen aus dem öffentlichen Kassen und Hilfsfonds. Viel kam nicht zusammen, ebenfalls waren in Kirchen gesammelte Spenden und durch mildtätige Vermächtnisse aufgebrachte Summen nicht gerade üppig.

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