Der lange Weg zum Grundgesetz

Sehenswerte Ausstellung über die Parlamentsgeschichte im Deutschen Dom am Berliner Gendarmenmarkt



Blick auf den Deutschen Dom, dessen monumentaler Kuppelturm unter
Friedrich dem Großen mit einer vergoldeten Figur obenauf errichtet wurde.




Bismarck stopft dem Reichstag mit Ausnahmegesetzen und anderen
Drohungen das Maul. Die Karikatur unterstreicht drastisch
die Differenzen zwischen dem Reichskanzler und der obersten
Volksvertretung im 1871 unter preußischer Vorherrschaft vereinten Deutschland.



Skulpturen vom historischen Reichstagsgebäude werden im Deutschen Dom als
Zeugnisse unserer Parlamentsgeschichte präsentiert. (Fotos/Repro: Caspar)

Der Berliner Gendarmenmarkt wird als der wohl schönste Platz unserer Hauptstadt gelobt. An seinem Rand ragen die mächtigen Türme des Französischen und des Deutschen Doms in den Himmel, und in der Mitte zieht, mit dem restaurierten Schillerdenkmal davor, Schinkels Schauspielhaus bewundernde Blicke auf sich, heute auch Konzerthaus genannt. Wer an diesem Ort Ruhe und Besinnung sucht und sich dazu noch für unser Woher und Wohin interessiert, ist im Deutschen Dom an der richtigen Adresse.

In dem zur Ausstellungshalle umfunktionierten Gotteshaus aus dem späten 18. Jahrhundert dokumentiert der Deutsche Bundestag in einer sehenswerten Ausstellung auf fünf Etagen, wie sich unsere parlamentarische Demokratie im 19. und 20. Jahrhundert entwickelt hat, wer ihre Vorkämpfer und Verteidiger, wer ihre Feinde und Zerstörer waren und wie wir zu unserem Grundgesetz gekommen sind. Die Dokumentation widmet sich vor allem jenen Epochen, in denen die wesentlichen Grundlagen für die politische Ordnung der Bundesrepublik Deutschland gelegt wurden. Es werden parlamentarische Entscheidungsprozesse und Konflikte ebenso nachgezeichnet wie Funktion und Arbeitsweise von Volksvertretungen sowie Entstehung, Entwicklung und Tätigkeit der politischen Parteien in Deutschland werden. Das Thema "Wege - Irrwege - Umwege" der mit vielen Fotografien und eingängigen Texten, mit Skulpturen, Modellen und Schriftstücken sowie Videoaufnahmen in allen Räumen ausgestatteten Dokumentation schildert, dass der Weg zur parlamentarischen Demokratie steinig und mit vielen Opfern verbunden, aber nicht vergebens war.

Die Schau im Turm des Deutschen Doms sowie seitlichen Räumen beginnt mit der französischen Revolution von 1789 und beschreibt die Versuche mutiger Visionäre im 19. Jahrhundert, die Fürstenherrschaft und die deutsche Zersplitterung zu überwinden, um dann bei der Revolution von 1848 zu verweilen und die Ursachen ihres Scheiterns darzustellen. Geschildert wird sodann die Entwicklung des Parlamentarismus im 1871 gegründeten Kaiserreich, wobei man viel über die zum Teil sehr heftigen Auseinandersetzungen der Parteien von ganz rechts bis ganz links erfährt. Da sich viel Streit an der Person und Politik des ersten Reichskanzlers Otto von Bismarck festmachte, verwundert es nicht, diesem auf Bildern und Skulpturen leibhaftig zu begegnen. Im Abschnitt über die nach dem Ende der Monarchie 1918 ausgerufene Weimarer Republik wird man mit deren Errungenschaften, aber auch ihren Schwächen und den Ursachen konfrontiert, die 1933 zur Zerstörung des bei allen seinen Schwächen doch funktionierenden parlamentarischen Systems durch die Nationalsozialisten mit den bekannten schrecklichen Folgen führten.

Die Ausstellung setzt sich in weiteren Abschnitten mit dem unterschiedlichen Demokratieverständnis in beiden deutschen Staaten nach 1945 auseinander und schildert schließlich, wie heute die Mitbeteiligung des Volkes an den öffentlichen Angelegenheiten funktioniert. Wer nach so viel "Geschichte kompakt" noch Kraft hat, kann sich im obersten Geschoss des Deutschen Doms mit Zeugnissen deutscher Parlamentsarchitektur vertraut machen. Auf allen Ebenen sind Reste des Berliner Reichstagsgebäudes ausgestellt, die nach dem Zweiten Weltkrieg bei der Enttrümmerung und den Umbaumaßnahmen geborgen wurden. Die Dauerausstellung "Wege - Irrwege - Umwege. Die Entwicklung der parlamentarischen Demokratie in Deutschland" dokumentiert auch die Geschichte des Deutschen Doms. Sie ist dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr bei freiem Eintritt geöffnet. Anmeldungen zu Führungen werden unter der Telefonnummer 030/227 304 31 erbeten, weitere Informationen im Internet www.bundestag.de.

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