"Zu Deutschlands Ehr"

Kaiserliche Kolonialtruppen wurden für Massenmord von 1904 an Herero und Nama mit Medaillen ausgezeichnet





Der Genozid von 1905 bis 1907 in der deutschen Kolonie Deutsch-Südwestafrika
ließ sich werbewirksam ausschlachten. Die Kolonialtruppen konnten
sich als Herrenmenschen fühlen und trugen solche Medaillen auf der Uniform,
die ihre Verbrechen als gottgewollt und notwendig rechtfertigten. (Fotos: Caspar)


Zwischen 1904 und 1908 fielen rund 70 000 Herero und Nama den Massakern deutscher Kolonialtruppen im damaligen Deutsch-Südwestafrika zum Opfer. Ihre Nachfahren fordern die Bundesrepublik Deutschland auf, diesen Völkermord als solchen anzuerkennen und endlich das nachzuholen, was bereits 1948 dazu von der UNO erklärt wurde. Wenn Deutschland feststelle, dass das, was 1915 bis 1917 den Armeniern durch Soldaten des mit dem deutschen Kaiserreich freundschaftlich verbundenen Osmanischen Reich angetan wurde, ein Völkermord war, so sei es nicht zu verstehen, warum sich die Bundesregierung bei den Verbrechen der kaiserlichen Truppen in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika zurück hält und die Augen davor verschließt, dass damals die einheimische Bevölkerung brutal in die Wüste vertrieben wurde, um sie dort verhungern und verdursten zu lassen. Zuhause, im Deutschen Reich, wurden die Verbrechen der Kolonialtruppen nur von der linken Presse thematisiert. Offiziell sprach die Reichsregierung den weißen Kolonialherren und ihren Schergen Dank und Anerkennung aus und zeichnete die Kommandeure mit Orden aus.

Im Münzhandel werden Medaillen angeboten, die das Geschehen als dem Kaiserreich dienend und gottgewollt feiern. Eine solche Medaille mit angeprägter Öse zeigt eine wildbewegte Germania mit einem Schild und einem Schwert, wie sie dabei ist, sich auf den Feind zu stürzen, wer auch immer das sein mochte. Die Umschrift IN TRUTZIGER WEHR ZU DEUTSCHLANDS EHR fasst zusammen, wie man damals den Massenmord an den Herero und Nama verstand und anerkannt wissen wollte. Die Widmung auf der Rückseite der am Band zu tragenden Medaille ist den KRIEGSJAHREN IN DEUTSCH-SÜDWESTAFRIKA gewidmet. Das Gewehr und der Säbel unter der Inschrift waren jene Waffen, mit denen die Kolonialtruppen gegen die ausgebeuteten und unterdrückten Ureinwohner vorgingen. Die kaiserliche Krone deutet an, dass der Genozid unter dem Schutz und mit Billigung Wilhelms II. und seiner Regierung durchgeführt wurde. Wer die numismatischen Hinterlassenschaften der deutschen Kolonialgeschichte sammelt und sich näher mit der Rolle des Deutschen Reichs als Kolonialmacht befasst, wird weitere Belege dafür finden, wie weit Sein und Schein auseinander klaffen.

Als Bundeskanzler Helmut Kohl vor über 20 Jahren Namibia besuchte, vermied er ein Zusammentreffen mit Abgesandten der Herero. Zwar bedauerte die Bundesregierung das Geschehene, wollte aber keine Verantwortung für Kolonialkrieg des deutschen Kaiserreichs übernehmen, indem sie behauptete, es habe einen solchen Völkermord garnicht gegeben und außerdem gelte die UN-Völkermordkonvention nicht rückwirkend. Hingegen argumentieren Repräsentanten der Herero, dass bereits die vierte Haager Konvention von 1899 Repressalien gegen Zivilisten untersagt hat, und fordern Entschädigungen für die Nachfahren der damals Ermordeten und Vertriebenen ein. Wenn überall in Deutschland und den ehemals von der Wehrmacht besetzten Ländern Denkmäler an den Holocaust während der NS-Diktatur und des Zweiten Weltkriegs erinnern, sei es nicht zu verstehen, dass die Mordaktionen der deutschen Kolonialherren von damals quasi unter den Tisch fallen. Das unmenschliche, von der Reichsregierung in Berlin gedeckte Vorgehen der Kolonialtruppen in Deutsch-Südwestafrika könnte ein Vorbild dafür gewesen sein, was die Nationalsozialisten drei Jahrzehnte später für die Juden und andere so genannte Fremdvölkische geplant und in blutiger Konsequenz verwirklicht haben.

Etwa 15.000 deutsche Kolonialsoldaten unter dem Befehl des Generalleutnants Lothar von Trotha schlugen 1904 den Aufstand der Herero nieder. Die meisten von ihnen flohen nach der Schlacht von Waterberg im August 1904 in die fast wasserlose Omaheke-Wüste. Von Trotha ließ diese abriegeln und die Flüchtlinge von den wenigen vorhandenen Wasserstellen vertreiben, so dass tausende Herero mit ihren Familien und Rinderherden verdursteten. "Die Herero sind nicht mehr deutsche Untertanen. […] Innerhalb der deutschen Grenze wird jeder Herero mit oder ohne Gewehr, mit oder ohne Vieh erschossen, ich nehme keine Weiber und keine Kinder mehr auf, treibe sie zu ihrem Volke zurück oder lasse auch auf sie schießen", lautete ein von dem Generalleutnant erlassener Befehl. Die Überlebenden wurden enteignet, in Konzentrationslager gesperrt, die man damals aber noch nicht so nannte, und mussten Zwangsarbeit verrichten. In den Lagern ist fast jeder zweite Gefangene gestorben. Misshandlungen, unzureichende Ernährung und schlechte hygienischen Bedingungen haben dort zum Tod fast jedes zweiten Gefangenen geführt.

Eine Statistik zufolge lebten von den um 1904 auf rund 80.000 bis 100.000 Personen geschätzten Volk der Herero 1911 nur noch 15.130 Personen. Demnach hat der Völkermord in Deutsch-Südwestafrika 65 000 bis 85 000 Herero sowie etwa 10.000 Nama das Leben gekostet. 2009 wurde unweit des Bremer Nelson-Mandela-Park ein Erinnerungsort zum Gedenken an die Opfer des Völkermords in Namibia und der Schlacht am Waterberg eingeweiht. Die Gedenkstätte besteht aus Steinen der Omaheke-Wüste, in der unzählige Herero verdursten mussten.

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