Viel Stahl, Glas und Licht
Was man bei einem Besuch des Bundeskanzleramtes im Berliner Spreebogen sehen kann





Das von 1997 bis 2001 im Berliner Spreebogen erbaute Bundeskanzleramt von vorn und vom Reichstagsgebäude aus betrachtet.



Die 5,5 Meter hohe und 87,5 Tonnen schwere Stahlskulptur im Ehrenhof des Bun-deskanzleramtes symbolisiert Teilung und Einigung.






Günter Rittner, Hans Jürgen Kallmann, Jörg Immendorff und Albrecht Gehse und haben die Bundeskanzler Ludwig Erhard, Konrad Adenauer, Gerhard Schröder und Helmut Kohl für die Galerie im Bundeskanzleramt porträtiert. (Fotos: Caspar)

Das Bundeskanzleramt zwischen Moltkebrücke und Haus der Kulturen der Welt, Platz der Republik und Spree im Berliner Tiergarten erhielt bald nach seiner Eröffnung am 2. Mai 2001 vom Berliner Volksmund den Spitznamen Bundeswaschmaschine. Nach einem seinerzeit preisgekrönten Entwurf der Architekten Axel Schulte und Charlotte Frank zwischen 1997 bis 2001 errichtet, ist der Regierungssitz gegenüber dem Reichstagsgebäude als Sitz des Deutschen Bundestages ein städtebauliches Ausrufezeichen erster Ordnung, keineswegs ein Bürokomplex der üblichen Art. Entlang des Spreebogens erstreckt sich das "Band des Bundes", das die lange geteilte Ost- und die Westhälfte der Stadt über den Fluss hinweg verbindet. Unweit des Reichstagsgebäudes stehen drei nach bekannten Politikern bekannte Parlamentsbauten - das Paul-Löbe-Haus, das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus und das Jakob-Kaiser-Haus - sowie weitere Bürohäuser der Abgeordneten und einzelner Ministerien. Die Baukosten sollen 465 Millionen Mark (umgerechnet rund 297 Millionen Euro) betragen haben, nach anderen Berechnungen sollen es über 510 Millionen Mark gewesen sein. Das wären etwa die Hälfte dessen gewesen, was der Neubau des Berliner Schlosses als künftiges Humboldt Forum verschlungen hat, und ein Bruchteil der Kosten für die Hamburger Elbphilharmonie.

Das Bundeskanzleramt steht auf einem H-förmigen Grundriss und enthält die Arbeitsräume der Kanzlerin Angela Merkel sowie die ihrer Referate und Abteilungen. Auf dem Fernsehen sind der große Konferenzsaal mit dem ovalen Tisch bekannt, an dem das Bundeskabinett Platz nimmt. Hingegen sind die abhörsicheren Räumlichkeiten der Öffentlichkeit nicht zugänglich, ebenso die 370 Büros, in denen die tägliche Regierungsarbeit organisiert und inspiriert wird. Im Ehrenhof vor der aus Glas und Stahl gebildeten Ostfassade steht die imposante Stahlskulptur "Berlin", mit der der baskische Spanier Eduardo Chillida Teilung und Vereinigung symbolisiert hat. Hier werden Ehrengäste eingeholt, und es schließen sich über breite Treppen ein großer Konferenzsaal und weitere Räume für Empfänge und Beratungen in großem und kleinem Kreis an. Die Südfassade öffnet sich zum Tiergarten in Form eines Halbkreises, was dem Haus den Spitznamen Bundeswaschmaschine verschaffte.

An die Westfassade schließt sich der Kanzlergarten an. Hier gibt es auch einen Landeplatz für Hubschrauber. Der Garten erstreckt sich bis an die Spree und gestattet einen Blick auf das gegenüberliegende Ufer. Die Nordfassade schaut in Richtung Hauptbahnhof, der zum wichtigsten Verkehrsknotenpunkt der Hauptstadt ausgebaut wurde. Durch eine Brücke sind Kanzlerbau, Ehrenhof und Garten mit dem Moabiter Werder verbunden. Aus Sicherheitsgründen ist allerdings nur die zehn Meter breite Uferpromenade beiderseits der Spree öffentlich zugänglich. Der Regierungssitz wird durch eine mit Naturstein verkleidete und an vielen Stellen mit Überwachungskameras bestückte Umschließungswand geschützt.

Ab und zu werden Besuchergruppen durch den riesigen Komplex geführt, und an Tagen der offenen Tür kann man auch einen Blick in die Arbeitsräume der Bundeskanzlerin und den großen Kabinettsaal tun. Bevor man das Amt etwa zu einer Pressekonferenz betreten kann, werden Mäntel und Taschen kontrolliert, und man muss auch eine Schleuse wie auf einem Flughafen passieren. Sicherheitspersonal oder Angestellte begleiten die Gäste zu dem Ort begleitet, an dem sie zu tun haben. Vorbei geht es im Eingangsbereich an einer riesigen "Philosophin" aus Bronze des Bildhauers Markus Lüpertz in die erste Etage. Dort kann man, rechts beginnend und links endend, eine kleine Gemäldegalerie mit Porträts früherer Bundeskanzler von Konrad Adenauer bis Gerhard Schröder betrachten. Der Platz für die seit 2005 regierende Bundeskanzlerin Angela Merkel ganz links ist noch frei. Die Anordnung von rechts nach links habe nichts mit der politischen Ausrichtung der betreffenden Politiker zu tun, ist beim Rundgang zu erfahren. Das Bildnis von Gerhard Schröder, der 2005 sein Amt an Angela Merkel abtreten musste, wirft Fragen auf. Von Jörg Immendorff geschaffen, umkreisen schemenhaft angedeutete Affenfiguren den wie ein Heiligenbild in Goldfarbe ausgeführten Kopf, während am unteren Ende ein Bundesadler und eine Fernsehkamera das Regierungsamt und eine beliebte Beschäftigung des damaligen "Medienkanzlers" mit SPD-Parteibuch andeuten.

12. Februar 2017

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