Römischer Barock stand Pate
Die brandenburgische Landeshauptstadt Potsdam hat eine neue Attraktion, das Museum Palais Barberini am Alten Markt



Das Museum Barberini am Alten Markt ist die neueste kulturelle Errungenschaft der brandenburgischen Landeshauptstadt.



Das wieder aufgebaute Palais Barberini, hier ein Foto vor der Zerstörung, wird als Leitbau für die an den originalen Gebäuden orientierte Wiederherstellung der Potsdamer Innenstadt bezeichnet.



Mit viel Liebe zum Detail haben Bildhauer die verloren gegangene Barockfassade aus dem 18. Jahrhundert neu geschaffen, das Gebäude dahinter besteht aus vielen Betonelementen.



Vor ein paar Jahren, als das Stadtschloss (links) schon im Bau war, gab es nur eine Baugrube an der Stelle, auf der heute das Palais Barberini neugierige Besucher aus aller Welt zu einem ungewöhnlichen Kunstgenuss einlädt. (Fotos/Repro: Caspar)

Die brandenburgische Landeshauptstadt Potsdam erfreut sich unter den Bewohnern und Touristen aus aller Welt wachsender Beliebtheit und Bewunderung, und das nicht nur wegen des Parks von Sanssouci mit seinen Schlössern und Skulpturen. Dass vor einigen Jahren als Landtagsgebäude aus dem Nichts neu errichtete Stadtschloss und andere historische Bauten aus dem 18. und 19. Jahrhundert entweder aus Trümmern neu erstanden sind oder saniert und restauriert wurden wie etwa das Holländische Viertel erhöht spürbar die Attraktivität der Stadt an der Havel.

Wer sie besucht, wird nicht in jedem Fall wissen, dass Potsdam noch am 14. April 1945, gut drei Wochen vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa, bombardiert wurde. Viele von den preußischen Königen und der Bürgerschaft erbaute Häuser gingen dabei in Flammen auf und sanken in sich zusammen. Nach 1945 gab es vorsichtige Versuche, die Barockstadt in altem Stil wieder aufzubauen, doch blieb es bei ein paar mit niedlichen Putten besetzten Häusern. In der Ulbricht- und Honecker-Zeit wurde versucht, Potsdam in eine sozialistische Bezirkshauptstadt umzuwandeln, was aber nur partiell gelang. Rücksichtslos wurden historische Bauten wie die Ruine des Stadtschlosses und des Palastes Barberini sowie weitere Häuser am Alten Markt, aber auch die Garnisonkirche in der Breiten Straße und Häuser an anderen Stellen dem Erdboden gleich gemacht. Lediglich hat man Schinkels Nikolaikirche mit der weithin sichtbaren Riesenkuppel rekonstruiert. Was stehen gelassen wurde, war dem Verfall preisgegeben, während schon in der Innenstadt und an der Peripherie Plattenbauten in rascher Folge in die Höhe schossen.

Der Palast Barberini, der neuerdings Palais Barberini genannt wird, ist ein Zeugnis für die Italienschwärmerei des preußischen Königs Friedrich II., des Großen. Er veranlasste den Architekten Carl von Gontard, in den Jahren 1771 und 1772 ein Bürgerhaus am Alten Markt mit einer aufwändigen Fassade zu schmücken. Das Gebäude ist nach dem Palazzo Barberini benannt, das der König quasi als Kopie von Rom nach Potsdam versetzen ließ. Das Palais Barberini im Anschluss an das Alte Rathaus mit dem vergoldeten Atlanten obenauf gehörte mit dem ebenfalls von Gontard entworfenen Noackschen Haus nebenan zu den letzten unter der Regentschaft Friedrich II. errichteten Repräsentationsbauten am Alten Markt, der die Anmutung einer italienischen Piazza mit einem Obelisken aus rotem und weißem Marmor erhielt.

Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Palais nach Entwürfen von Ludwig Persius und Ludwig Ferdinand Hesse um zwei rückseitige, zur Havel gerichtete Seitenflügel erweitert. Bis zur Zerstörung im April 1945 war der Komplex eine Stätte des Potsdamer Kultur- und Vereinslebens. 1912 kaufte die Stadt Potsdam das Gebäude und richtete 1916 darin Büros ihrer Verwaltung ein. In den 1930-er Jahren richtete sich in den Seitenflügeln eine Jugendherberge ein.

Namhafte Spenden des Mitbegründers des Softwareunternehmen SAP, Kunstsammlers und Mäzens Hasso Plattner machten es möglich, dass der Palast Barberini von 2013 bis 2016 mit der originalen Fassade und einem modernen Innenleben nach Plänen des München-Berliner Architekturbüros Hilmer, Sattler und Albrecht (HSA) als Museum Barberini neu errichtet werden konnte. Eine Tafel im Eingangsbereich würdigt die großherzige Initiative des Potsdamer Ehrenbürgers Hasso Plattner und weist darauf hin, dass die Potsdamer Stadtverordnetenversammlung 2010 das nach dem historischen Vorbild zu rekonstruierende Palais Barberini zum "Leitbau bei der Wiederherstellung von Potsdams historischer Mitte" erklärt hat.

Hasso Plattner stellt in dem Alt-Neubau auf 2200 Quadtratmetern in 17 Sälen seine Sammlung impressionistischer Malerei sowie Skulpturen aus, und wer sich für das Werk von Monet, Manet, Renoir, Pisarro und Sisley sowie von Liebermann, Nolde, Munch, Kandinsky und anderen Künstlern interessiert und sie in "geballter" Form sehen will, ist im Palais Barberini an der richtigen Adresse. Neben wechselnde Sonderausstellungen mit dem Schwerpunkt Impressionismus werden überdies Kunst der DDR sowie Arbeiten aus dem wiedervereinigten Deutschland gezeigt. Die gemeinnützige Organisation "Stadtbild Deutschland" hat dem wieder aufgebauten Palais Barberini den Titel "Gebäude des Jahres 2016" verliehen, und das wird ganz bestimmt nicht die einzige Auszeichnung sein, die Potsdams neueste Attraktion erhalten wird.

29. Januar 2017

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