Ruhmeshalle des preußischen Militärs
An der Straßenbahnhaltestelle Hackescher Markt kann man manches über die alte Garnisonkirche lesen



Bild-Text-Tafeln an der Haltestelle Hackescher Markt erzählen aus der Geschichte der Berliner Garnisonkirche, die hier in alter Zeit gestanden hat.



Ein historischer Stadtplan auf einer der Bild- und Texttafeln an der Haltestelle zeigt den Standort der Garnisonkirche und die von Bastionen und kleinen Gassen geprägte Umgebung.



Die Garnisonkirche nach vielen Um- und Ausbauten bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg



Adolph Menzel zeigt ohne Beschönigung, wie Särge in der Gruft lieblos übereinander gestapelt sind. Das war kein Ruhmesblatt für die Kirchgemeinde und ihre Beschützer aus dem Haus Hohenzollern.



Das Foto schildert die Einbeziehung der Garnisonkirche in die Neue Friedrichstraße. (Foto/Repros: Caspar)

Bild- und Texttafeln an der Straßenbahnhaltestelle Hackescher Markt unweit des gleichnamigen S-Bahnhofs, der früher einmal Bahnhof Börse hieß, berichten über ein historisches Gebäude, das es schon lange nicht gibt - die nach Plänen von Martin Grünberg erbaute Garnisonkirche. Der Hofbaumeister schuf einen Zentralbau auf dem Grundriss eines griechischen Kreuzes und schmückte ihn mit sparsamen Mitteln. Elf Eingänge gestatteten den geordneten Einzug der in Reih und Glied einrückenden Militärpersonen. Im Innern fand sich ein schlichter Raum mit Kanzel und Altar. Emporen boten Platz für die Regimenter.

Das Gotteshaus erlangte nie die Berühmtheit ihrer Potsdamer Schwester, um deren Wiederaufbau in der brandenburgischen Landeshauptstadt seit Jahren gerungen wird. Unter König Friedrich I. errichtet und von weiteren Monarchen weiter ausgestattet, war die Berliner Garnisonkirche an der damaligen Neuen Friedrichstraße ein schlichtes Gebäude, in dem das Berliner Militär zwischen 1703 bis zur Zerstörung 1943 am Gottesdienst teilnahm und auch preußische Generale und Offiziere bestattet wurden.

Den ehemaligen Standort der Garnisonkirche auszumachen, ist angesichts der Neubauten nicht einfach. Die Kirche stand dort, wo die frühere Neue Friedrichstraße und heutige Anna-Louisa-Karsch-Straße in die Spandauer Straße mündet. Eine Inschrift über der Tür des Hauses Anna-Louisa-Karsch-Straße 9 erinnert daran, dass dieses Gebäude Pfarramt der Garnisongemeinde war. Auf dem heute als Straßenbahnhaltestelle genutzten Grundstück stand die Garnisonkirche. Der Platz der ehemaligen Kirche ist völlig verändert, hier stehen Bürogebäude, Restaurants, ein Hotel, die Zentrale der GASAG und Wohngebäude.

Schule für arme Kinder

Die erste, 1703 eingeweihte Kirche stand nur 17 Jahre, denn 1720 flog ein alter Pulverturm gleich neben in die Luft. Dabei kamen 72 Menschen ums Leben, unter ihnen 35 Soldatenkinder, die am Schulunterricht teilnahmen. Während die Schule völlig zerstört wurde, blieb die Kirche stark beschädigt stehen. Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. nach Beseitigung der Trümmer einen Neubau nach Plänen von Philipp Gerlach errichten, der auch für die Potsdamer Garnisonkirche verantwortlich zeichnete.

Auf den Tafeln ist weiter zu erfahren, dass die Kirchengemeinde vielfältige Aufgaben zur Ausbildung von Soldatenkindern wahrnahm. 1692 wurde eine Schule gegründet, die in nachfolgenden Zeiten immer wieder um- und ausgebaut wurde. Hier erhielten arme Soldatenkinder unentgeltlichen Unterricht. Sie wurden im Lesen, Schreiben und Rechnen unterwiesen und lernten den Katechismus. Da die Zahl der Schüler stetig wuchs, mussten neue Lehrer eingestellt und die Räumlichkeiten erweitert werden. Ende des 18. Jahrhunderts hatte die Bildungsstätte ein gutes Ansehen als Bürgerschule erworben. Hier wurde der Offiziersnachwuchs für Kinder aus bürgerlichen Familien herangebildet.

Als 1844 die Schule geschlossen wurde, hat man das Gebäude in das Gemeindehaus und das Wohnhaus der Garnisonprediger umgewandelt. In der Weimarer Republik kam die Garnisonkirche in die Obhut des Reichswehrministeriums und stand vor allem Traditionsverbänden der Reichswehr für Gottesdienste und Gedenkveranstaltungen zur Verfügung. Der letzte Gottesdienst fand am 21. November 1943 statt, zwei Tage später wurde die Kirche von einer Bombe getroffen und brannte aus. Die ehemalige Garnisonschule überstand wie durch ein Wunder die Zerstörung. Nach dem Krieg stand der Abriss der Kirche mit dem Argument auf der Tagesordnung, die Ruinenwände könnten Passanten gefährden. Einwände von Bauleuten und Denkmalpflegern gegen die Beseitigung des historisch bedeutsamen Baudenkmals und ein mögliches Interesse der Humboldt-Universität an ihm nutzten nichts, denn 1962 fiel die Ruine der Spitzhacke zum Opfer, wie viele andere Bauwerke in beiden Teilen Berlins auch.

"Das ist Keith"

Die 1723 eingerichtet Gruft der Kirche entwickelte sich mit der Zeit zu einer Art Prominentenfriedhof der preußischen Armee und hohen Beamtenschaft. Friedrich Wilhelm I. erließ die Gebührenordnung für Beisetzungen und verschaffte damit der Gemeinde eine schöne Einnahmequelle. Unter Friedrich dem Größen und seinen Nachfolgern wurde das Gotteshaus ähnlich wie die Potsdamer Garnisonkirche mit Militärfahnen geschmückt. Der König beauftragte Christian Bernhard Rode mit patriotischen Gemälden zur Erinnerung an Feldherrn dieser Kriege um die Provinz Schlesien. Geehrt wurden Kurt Christoph Graf von Schwerin, Ewald von Kleist, Hanns Karl von Winterfeld und Jakob von Keith sowie nach 1786 Hans Joachim von Zieten.

Kein Geringerer als der Maler und Grafiker Adolph Menzel erhielt 1873 Gelegenheit, die Leichname einiger Weggefährten Friedrichs des Großen und andere in der Gruft der Garnisonkirche bestattete Persönlichkeiten in Augenschein zu nehmen und zu zeichnen. Der Kirchenvorstand ließ viele der 900 Särge öffnen, um festzustellen, wer darin liegt. Als der Künstler einen mumifizierten Feldmarschall noch mit Haupthaar und dem Schwarzen Adlerorden auf der Uniform erblickte, soll er gerufen haben: "Das ist Keith, den erkenne ich an der Ähnlichkeit!". Noch im selben Jahr hat man zahlreiche Särge auf den Garnisonfriedhof im Berliner Ortsteil Wedding überführt und beigesetzt. Doch verblieben noch etwa 200 Särge in der alten Gruft. Sie wurden nach Ende des Zweiten Weltkriegs geplündert und kamen 1949 auf den Stahnsdorfer Friedhof.

LITERATURTIPP: Barbara Kündiger/Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht. 300 Jahre Berliner Garnisonkirche. Berlin Edition 2004 im Quintessenz Verlag Berlin 208 S., zahlr. Abbildungen, ISBN 3-8148-0128-8

16. Januar 2017

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