Postmoderne im Untergrund
Berliner Landesdenkmalamt stellt sieben Bahnhöfe der Berlinert Linie U7 unter Schutz



Die grelle Buntheit am U-Bahnhof Rohrdamm ist auch heute durchaus gewöhnungsbedürftig.



Große Reklametafeln konkurrieren im Bahnhof Jungfernheide mit der Rümmlerschen Wanddekoration.



Der mit dunkelroten Backsteinen dekorierte Bahnhof Zitadelle erinnert daran, dass es in der Nähe eine gewaltige, jetzt als Museum genutzte Festung gibt.



Ein auffälliges Farbenspiel gibt es am Endpunkt der Linie im U-Bahnhof Rathaus Spandau, hier steht auch eine nach Originalen gebaute Litfaßsäule. (Fotos: Caspar)

Als besondere Zeugnisse der Nachkriegsmoderne hat das Landesdenkmalamt unlängst sieben Berliner U-Bahnhöfe der Linie U7 unter Denkmalschutz gestellt. Die Bahnhöfe zwischen Siemensdamm und Rathaus Spandau stammen aus den 1980er Jahren und wurden Rainer Gerhard Rümmler (1929-2004) gestaltet. Der Vertreter der Postmoderne und der Pop-Architektur prägte seit den 1960-er Jahren als Referatsleiter für Bauentwurf des Senats den Ausbau der U-Bahn im damaligen Westberlin und schuf künstlerisch herausragende Bahnhofsarchitekturen. Bei der Unterschutzstellung betonte der auch für den Denkmalschutz in der Hauptstadt zuständige Senator für Kultur und Europa Klaus Lederer, diese Bahnhöfe müssten mehr Beachtung finden. Man sollte mit offenen Augen U-Bahn fahren und den öffentlichen Raum bewusst wahrnehmen, ganz gleich, ob die Zeugnisse der Kultur und Geschichte alt oder jung sind, modern oder postmodern. Mit der Aufnahme der Stationen ist es nun amtlich, dass auch die Postmoderne und Bauten der Internationalen Bauausstellung IBA besonderen Schutz bekommen und Aufmerksamkeit bedürfen. Das entspricht dem Eintrag der Plattenbausiedlung am Thälmannpark im Ostteil der Stadt.

Die BVG-Vorstandsvorsitzende Dr. Sigrid Evelyn Nikutta lobte die gute Zusammenarbeit zwischen den Berliner Verkehrsbetrieben und dem Landesdenkmalamt und sagte bei einer kleinen Feierstunde im U-Bahnhof Paulsternstraße: "Wir sind stolz auf unsere Denkmale im Untergrund, müssen aber immer auch die Bedürfnisse unserer Fahrgäste nach Barrierefreiheit und Sicherheit im Blick haben. In den vergangenen Jahren haben wir schon bei vielen Projekten im Dialog gute Lösungen gefunden. Zu den jüngeren Beispielen zählen die Bahnhöfe Boddinstraße und Leinestraße an der U8. Ich bin überzeugt davon, dass wir diese Herausforderung auch in Zukunft gemeinsam meistern werden."

Mit den sieben Neulingen im Berliner Nordwesten steht jetzt über die Hälfte der Berliner U-Bahnhöfe, konkret 88 der insgesamt 173 Haltepunkte. Sie werden von der BVG liebevoll und teilweise mit erheblichem Aufwand instandgehalten und bei Bedarf saniert. Seit Ende 2016 stehen auch der U-Bahnhof Fehrbelliner Platz, der U-Bahnhof Schlossstraße und der "Bierpinsel" unter Denkmalschutz.

Erinnert sei, dass Gerhard Rümmler und die BVG mit der Dekoration der U-Bahnhöfe, die ja mehr sein sollten als bloße Halte- und Wartepunkte für Züge und Passagiere, viel Hohn und Spott geerntet haben, und heute wird mancher Betrachter den Kopf schütteln ob der Vielfalt und Kühnheit der Farben, Ornamente und Materialien, die sich die Berliner Verkehrsbetriebe damals in der von der Bundesregierung mit vielen Subventionsmilliarden am Leben erhaltenen westlichen Teilstadt Berlins. Die Bahnhöfe wurden schlicht als Kitsch abgetan. Indem sie heute den "Denkmaladel" erhalten haben, ist die Kritik zwar nicht aus der Welt, aber vielleicht ein wenig abgemildert. Andere U-Bahnhöfe sind weniger auffällig, um nicht zu sagen aufdringlich dekoriert und bieten zudem mit Wandbildern aus dem alten und neuen Berlin noch einen Augenschmaus, der bildet und informiert.

5. April 2017

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