Duelle waren streng verboten
Abschreckende Todesstrafen konnten sie aber nicht verhindern / Öffentliche Hinrichtungen gab es noch im 19. Jahrhundert



Selbst in der Zeit der Aufklärung im späten 18. Jahrhundert wurden Hinrichtungen am Galgen, mit dem Schwert und auf dem Rad unter freiem Himmel und im Beisein von Schaulustigen vollzogen.



Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. ließ selbst Kleinkriminelle gnadenlos hinrichten und achtete persönlich darauf, dass auf Berliner Straßen und Plätzen und überall in seinem Reich Ruhe und Ordnung herrscht (Holustich von Adolph Menzel).



Der beim Stehlen erwischt wird, soll vor dem Haus, in dem die Tat begangen wird, gehenkt werden, wurden Waffen mitgeführt, hat man den Delinquenten auf dem Rad vom Leben zum Tod befördert. Das Edikt wurde 1736 erlassen.



Vor dem Galgenhaus Brüderstraße 10 in Berlin-Mitte soll eine des Diebstahls zu Unrecht beschuldigte Dienstmagd aufgeknüpft worden sein, so wie es damalige Gesetze forderten.



Henker und Richter müssen mit der Hinrichtung eines Raubmörders bis Dienstag warten, weil der Delinquent noch die neueste Ausgabe des Satireblattes "Simplicissimus" lesen will. (Foto/Repros: Caspar)

Obwohl es in Berlin und Brandenburg-Preußen streng verboten war, sich zu duellieren, gab es immer wieder solche Waffengänge mit oft tödlichem Ausgang. Ebenso waren in allen Gesellschaftskreisen und beim Militär Raufereien und Alkoholexzesse an der Tagesordnung. Die Obrigkeit war dagegen nahezu machtlos und wurde der Missstände auch durch Androhung strenger Strafen nicht Herr. Oft reichte schon ein scheeler Blick, ein unbedachtes Wort, eine missverständliche Geste, und schon war ein Grund gefunden, mit Degen, Säbeln oder Pistolen aufeinander zuzugehen.

Kurfürst Friedrich III. sah sich 1698 genötigt, an zwei Duellanten ein Exempel zu statuieren, lag ihm doch Ruhe und Ordnung in seiner Haupt- und Residenzstadt Berlin, die sich auf den Weg machte, eine königliche Metropole zu werden, sehr am Herzen. Bei jenem Duell zweier Unteroffiziere wurde einer tödlich getroffen. Auf kurfürstlichen Befehl wurde die mit dem Makel eines verbotenen Duells behaftete Leiche nicht begraben. Dem Überlebenden wurde der Prozess gemacht, der mit dem Todesurteil endete. Vor allen Augen wurde der Delinquent gehenkt, und mit ihm knüpfte man auch die schon halb verweste Leiche des Kontrahenten zur allgemeinen Abschreckung auf. Beide Duellanten wurden mit Ketten an den Hälsen verbunden und so lange am Galgen belassen, bis ihre Gebeine herab fielen. Solche Exekutionen waren eine große Volksbelustigung, es muss dabei auch viel Alkohol geflossen sein. Viele Leute strömten zum Schafott auf dem Neuen Markt in der Nähe der Marienkirche im heutigen Bezirk Mitte oder zum Galgenberg, der sich damals vor den Toren der Stadt lag. Mütter, die ihre Kinder getötet hatten, wurden in Säcke genäht und ertränkt.

Wollüstiger Kitzel

Der bekannte Stadtchronist Adolf Streckfuß bemerkt in seinem Buch "500 Jahre Berliner Geschichte" (1900) über die drakonischen Strafen von damals: "Die zahlreichen Hinrichtungen mussten eine Abstumpfung des Gefühls, eine mehr oder minder gesteigerte Rohheit zur Folge haben. Die fröhlichen Volksfeste, welche früher die Freude der Berliner gewesen waren, fanden jetzt nur noch wenig Anklang, oder sie arteten in wüsten Gelagen aus, denen gewöhnlich blutige Schlägereien folgten. Besonders in der Fastnachtzeit, in welcher Handwerker vermummt und mit Gesang durch die Straßen zogen, war dies der Fall". Die geistige Rohheit der Berliner sei genährt worden durch Ausschreitungen aller Art den Polizeibehörden, erging 1693 eine kurfürstliche Verordnung, die Belohungen zur Ergreifung der Täter aussetzten. Es gab auch so etwas wie eine Kronzeugenregelung, weil denjenigen Straffreiheit oder -milderung versprochen wurde, die ihre Komplizen verraten.

Offenbar hat die Androhung schwerster Strafen den um sich greifenden Diebstahl nicht einzudämmen vermocht. Eine Verordnung aus dem Jahre 1700 drohte den Galgen für Diebstähle von Waren oder Gegenständen im Wert von weniger als zehn Talern an. Auch sollten Hehler die gleiche Strafe erleiden. Der Grund für solche drakonischen Strafen mag Abschreckung gewesen sein, aber wohl auch, weil lange Haftstrafen für die Staatskasse viel zu teuer waren, weshalb man sich der Verbrecher oder solcher Personen, die man dafür hielt, ebenso schnell wie öffentlich wirksam vom Leben zum Tode beförderte. Die schnelle Aburteilung und Hinrichtung von Menschen passt nicht in das Bild, wonach unter der Herrschaft der Hohenzollern jede Hand gebraucht wurde und große Anstrengungen unternommen wurden, Fremde als Arbeitskräfte ins Land zu holen.

Legende um das Galgenhaus

Exekutionen sollten vor dem Haus desjenigen durchgeführt werden, in dem gestohlen wurde. Diesem Brauch verdankt das so genannte Galgenhaus Brüderstraße 10 (Bezirk Mitte) seinen Namen. Eine Legende erzählt, dass vor dem Haus eine arbeitende Dienstmagd wegen des angeblichen Diebstahls eines Silberlöffels aufgeknüpft wurde. Nach der Hinrichtung sei aber der Löffel gefunden worden. Der Hausbesitzer sei darüber so entsetzt gewesen, dass er das Haus verließ. Der Wahrheitsgehalt der Geschichte ist umstritten, eines aber steht fest, dass das Galgenhaus wie durch ein Wunder die schrecklichen Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg ziemlich gut überstanden hat. Der stattliche Bau ist eines der wenigen, noch weitgehend im Originalszustand erhaltenen Häuser aus der Barockzeit und wird heute als Galerie genutzt. Öffentliche Hinrichtungen wurden in Preußen bis ins frühe 19. Jahrhundert hinein vollzogen. Dann aber zogen sich die Henker in geschlossene Räume zurück oder walteten in Höfen der Zuchthäuser ihres grausigen Amtes.

Die zahllosen Exekutionen von Widerstandskämpfern und weiteren Personen, die aufgrund der menschenfeindlichen Gesetze des NS-Regimes erfolgten, fanden in Zuchthäusern und Konzentrationslagern statt. In den von der deutschen Wehrmacht besetzten Gebieten hat man Gefangene auch unter freiem Himmel exekutiert, um die unterworfenen Menschen einzuschüchtern und ihre Opposition zu brechen. Gegen Kriegsende wurden auch Deserteure öffentlich erschossen oder gehenkt, manchmal mit einem Schild auf der Brust, dass dieser Mensch ein Feigling und Volksverräter ist. Auf rotem Papier gedruckte Bekanntmachungen berichteten über Urteile und ihre Vollstreckung, um Hitlers so genante Volksgemeinschaft bei der Stange zu halten.

8. Februar 2017

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