Schmähliches Ende am Galgen
Goldmacher und andere Glücksritter hatten am preußischen Hof kein Glück



In solchen rauchenden und ätzend-stinkenden Alchemistenküchen hat man schon im Mittelalter versucht, aus unedlem Metall edles zu erzeugen.



Wie andere Herrscher gaben sich auch die Kurfürsten von Brandenburg und Könige von Preußen der Illusion hin, mit Hilfe des Steins der Weisen künstliches Gold herzustellen. Einer war Friedrich III./I., dessen vergoldetes Bildnis das Portal des Berliner Zeughauses schmückt, heute Sitz des Deutschen Historischen Museums.



Johann Friedrich Böttger wurde nur 37 Jahre alt, die giftigen Dämpfe und Substanzen, mit denen er hantierte, machten seinem Leben 1719 ein Ende. Das Wandgemälde in der Albrechtsburg zu Meißen schildert einen Besuch Augusts des Starken in der dort von Böttger geleiteten Porzellanmanufaktur.



Angeblich soll der junge Böttger in Berlin solche Doppelgroschen in goldene Dukaten verwandelt haben, was ihm fürstliche Begehrlichkeit eintrug.



Friedrich II., der Große, gab sich als aufgeklärter Monarch, doch insgeheim hatte er eine Schwäche für die Goldmacherei. Die Grafik aus dem 19. Jahrhundert zeigt den Monarchen auf der Terrasse von Schloss Sanssouci im Kreis seiner Vertrauten. (Fotos/Repros: Caspar)

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts herrschte in der brandenburg-preußischen Staatskasse gähnende Leere. Der Erwerb der Königskrone durch den seit 1688 herrschenden Kurfürsten Friedrich III., seine luxuriöse Hofhaltung, die ausschweifende Günstlingswirtschaft und Korruption, nicht zuletzt prunkvolle Bauten des Hofes und einige Kriegszüge kosteten Millionen Taler. So kam es, dass der prestigesüchtige Monarch auf Lockangebote von Goldmachern und Glücksrittern einging, das begehrte Metall mittels des ominösen Steins der Weisen zu erzeugen. Von dem Gold erhoffte sich der König Rettung aus der Finanzkrise und neue Mittel, um seinem Hang zu Luxus und Repräsentation nachgehen zu können. Das gelbe Metall galt als der Schlüssel zu Macht, Reichtum und Erfolg, und nicht umsonst schrieb Goethe im Faust Teil 1: "Am Gold hängt, nach Gold drängt doch alles, acht ihr Armen!".

Friedrich I. ging zu Beginn des 18. Jahrhunderts einem Goldmacher namens Cajetano auf den Leim. Das hatten schon einige seiner Vorfahren auf dem brandenburgischen Kurfürstenthron erfahren müssen, die ebenfalls dem Wunderglauben verfallen waren, künstliches Gold herstellen zu können. Goldmacherei hatte also in Berlin und Brandenburg eine unselige Tradition! Nachdem Cajetano seinem königlichen Herrn viel Geld aus den Taschen gezogen, aber kein Gramm künstliches Gold erzeugt hatte, wurde er 1709 in der Festung Küstrin an der Oder an einem mit nachgemachtem Goldflitter verzierten "ordinairen Diebes-Galgen zum Abscheu und Exempel" aufgeknüpft, wie ein Flugblatt verkündete.

Doppelgroschen zu Dukaten

Mehr Glück hatte ein anderer Adept, der Apothekenlehrling Johann Friedrich Böttger. Der Sohn eines Münzwardeins begann 1696 in Berlin eine Ausbildung beim Apotheker Friedrich Zorn, die er 1701 beendete. Im gleichen Jahr erregte er durch spektakuläre Experimente Aufsehen, bei denen er angeblich preußische Doppelgroschen in Golddukaten verwandelt haben soll. Verbindungen hatte der angehende Apotheker zu einem anderen Adepten namens Lascaris, aber auch zu dem berühmten Chemiker Johann Kunckel, der sich als Erfinder des durch Zusatz von Goldstaub erzeugten Rubinglases einen Namen machte.

Böttgers Experimente waren Berliner Stadtgespräch. So nimmt es nicht wunder, dass der König den 19jährigen Apotheker zu sehen wünschte. Doch bevor es zu einer Begegnung mit Friedrich I. kam, war er in die kursächsische Universitätsstadt Wittenberg entwichen. Vergeblich versuchte der aufgebrachte Hohenzoller, Böttgers habhaft zu werden. Fast hätte er einen Krieg mit August dem Starken begonnen. Böttger kam in Sachsen vom Regen in die Traufe, denn er musste August dem Starken als Goldmacher dienen, ebenfalls vergeblich. Böttgers Leidensweg begann auf der Festung Königstein als Staatsgefangener, der immer wieder von August dem Starken bedrängt wurde, mit dem "Lapis philosophorum", also dem Stein der Weisen, Gold herzustellen. Als der erfolglose Experimentator mit Unterstützung kluger Leute die "Richtung" wechselte, erzeugte er erst braunes, dann das weiße Porzellan, das dem Kurfürsten von Sachsen und König von Polen am Ende viele Dukaten einbrachte. Ärgerlich reagierte Friedrich I.: "Der heillose Apotecker-Bursch hätte wohl auch in meinen Landen bleiben können. Das braune Zeug ist besser, als ich mir's imaginiret".

Wie eine epidemische Krankheit

Selbst ein Monarch von sonst klarem Verstand und aller Wundergläubigkeit abhold wie Preußens König Friedrich II., der Große, hoffte auf unerwarteten Reichtum. Sein Intimus Fredersdorff experimentierte als Goldmacher, natürlich erfolglos. Sicher war es die Sorge um die Finanzierung seiner Kriege um die österreichische Provinz Schlesien, die den Preußenkönig veranlasste, die Ratio beiseite zu lassen und dem Traum vom "schnellen Gold" viele tausend Taler zu opfern. "Goldmacherei ist eine Art Krankheit; sie scheint oft durch Vernunft eine Zeit lang geheilet, aber dann kommt sie unvermutet wieder und wird wirklich epidemisch", schrieb der Monarch und befahl Fredersdorff, strengstes Stillschweigen über diese Marotte zu bewahren. "Ich habe von Meiner jugent an schweigen gelernt, und werde gewisse nicht von einer Sache Sprechen, die, Wann sie Wahr ist, Mihr Schahden thun könnte, wenn man sie wüste, oder, wenn sie nicht wahr ist, mihr ridicul vor der gantzen Welt machen würde, gottbewahrdihr", warnte der König seinen Vertrauten in der Sorge, sich vor der Welt lächerlich zu machen

Der Neffe und Nachfolger des Großen Königs, Friedrich Wilhelm II., ließ die Goldmacherei 1791 gesetzlich verbieten, obwohl er selber dem Geisterglauben frönte. Goldmacherei passte offensichtlich nicht ins Zeitalter der Aufklärung, und man hatte wohl auch erkannt, dass die Kosten unvertretbar hoch sind und am Ende nichts herauskommt. Zur Abschreckung wurde Adepten und Scharlatanen angedroht: "Leute, die durch betrügliche Gaukeleyen als Goldmacher, Geisterbanner, Wahrsager, Schatzgräber usw. das Publikum hintergehen, haben, außer der ordinairen Strafe des Betruges, Zuchthausstrafe auf sechs Monate bis ein Jahr und öffentliche Ausstellung verwirkt", womit das ehrenrührige Stehen am Pranger gemeint war.

Mit dem Ziel, seine Untertanen noch intensiver an der Begleichung von Staatsschulden heranzuziehen, wurde 1763, kurz vor dem Ende des Siebenjährigen Krieges, in Berlin eine Lotterie nach dem Muster des in Italien, aber auch in Wien und Brüssel eingerichteten Glücksspiels verkündet. Die Aussicht, durch Ziehung einer bestimmten Zahlenkombination schnell reich zu werden, hat die Untertanen Friedrichs des Großen offenbar so fasziniert, dass sie viel Geld, manchmal ihren letzten Groschen freiwillig für die Lotterie ausgaben. Der König hatte die Idee für eine Lotterie von dem italienischen Abenteurer Antonio di Calzabiegi übernommen, der ihm Berge von Gold versprach und für seine Dienste fürstlich bezahlt wurde. Auch der berühmte Frauenheld, Globetrotter und Spieler Giovanni de Casanova versuchte, dem Herrscher Pläne zur Sanierung der Staatsfinanzen schmackhaft zu machen.

Hoffnung auf die richtigen Lottozahlen

Das Dekret über die Schaffung einer "Königl. Preußischen Lotterie" wurde am 8. Februar 1763, noch vor dem Ende des Siebenjährigen Krieges, veröffentlicht. Der zum Finanz- und Commerzienrat ernannte Calzabiegi richtete überall in den preußischen Staaten Lottoeinnahmestellen ein. Bis Juni 1763 zählte man allein in Berlin 47 solcher Kontore. Nachdem am 16. Juni 1763 in den "Berlinischen Blättern" die Eröffnung der Lotterie verkündet worden war, fand am 31. August 1763 die erste Ziehung statt. Die Aussicht, durch Ziehung einer bestimmten Zahlenkombination zu unerwartetem Reichtum zu gelangen, hat die Preußen offenbar so fasziniert, dass sie viel Geld freiwillig zu den Lotterieeinnehmern trugen. Wissend, dass die Chance, es durch Fortunas Vermittlung zu vermehren, denkbar gering ist. Die Hoffnung, aus einem Taler Einsatz einen Hauptgewinn von 1,45 Millionen Talern zu erzielen, ließ die Untertanen Seiner Majestät alle Vorsicht fahren lassen. Es wird erzählt, dass sich viele durch ihre Spielwut ins Unglück stürzten, sich gar verschuldeten und Haus und Hof verloren, und manche Lottospieler sollen sich auch umgebracht haben.

Um sich eine feste Summe zu sichern, verpachtete der Monarch das Lottomonopol und überließ den Einnehmern das geschäftliche Risiko. Der Profit des Königs hielt sich in Grenzen, denn organisatorische Mängel und Zahlungsprobleme, ja auch Betrug blieben dem Publikum nicht verborgen, so dass nach anfänglicher Euphorie das Geschäft immer wieder stockte. Als Friedrich II. erfuhr, dass die Lotterie im Minus gelandet war, trug er es mit Fassung und glich die Verluste durch andere Steuern aus. Entgegen öffentlichen Ankündigungen, einen Teil des Erlöses für wohltätige Zwecke einzusetzen, hat Friedrich II. damit auch seine Militärkosten bestritten.

2. Mai 2017

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