Kalter Krieg und die Politik der Stärke
Die Einigkeit der Alliierten im Zweiten Weltkrieg ging nach dem Ende des Nazistaates in offene Feindschaft über



Die Großen Drei - Stalin, Truman und Churchill - zelebrierten auf der Potsdamer Konferenz im Sommer 1945 demonstrative Einigkeit und Freundschaft, doch war es schon bald damit vorbei.



Im Konferenzraum des Potsdamer Schlosses Cecilienhof wurden die Neuaufteilung Europas in Einflusssphären als Vorläufer der beiden Militärblöcke beschlossen, die sich bis zum Ende der 1980-er Jahre feindlich und bis an die Zähne bewaffnet gegenüberstanden.



Mit tausenden Versorgungsflügen konnten die westlichen Alliierten Stalins Blockade des westlichen Teils von Berlin unterlaufen, und auch später gelang es den Sowjets nicht, ihn in ein entmilitarisiertes, von der DDR abhängiges Territorium zu machen.







Weder die ostdeutsche noch die westdeutsche Kalte-Krieg-Propaganda ließen am jeweils anderen Deutschland ein gutes Haar, wie die Plakate aus den 1950-er Jahren zeigen. (Foto/Repros: Caspar)

Nur mühsam haben die Staaten der Anti-Hitler-Koalition während des Zweiten Weltkriegs ihre politischen Differenzen unter Kontrolle gehalten. Oberstes Ziel der Unterzeichnerstaaten des Potsdamer Abkommens vom Sommer 1945 war es, das NS-Regime mit Stumpf und Stiel zu vernichten und die Schuldigen zu bestrafen, den Krieg in Europa und Asien siegreich zu beenden und eine neue Weltordnung zu schaffen, die die eben überwundenen Konfrontationen und Gewaltausbrüche unmöglich macht. In Europa wurden die Landkarten neu gezeichnet, Millionen Menschen wurden aus ihrer Heimat vertrieben und umgesiedelt.

Dem heißen Krieg folgte nach dem Schicksalsjahr 1945 der Kalte Krieg, die Einigkeit im Kampf gegen das nationalsozialistische Deutschland und das imperialistische Japan ging in offene Feindschaft über. Atomar hochgerüstet konkurrierten die Westmächte unter Führung der USA im Zeichen der Politik der Stärke mit den Staaten des Ostblocks, die von der Sowjetunion dominiert wurden. Die beiden Blöcke - Nato und Warschauer Vertrag - beschuldigten einander der schlimmsten Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen, und besonders schlimm waren die Vorwürfe im geteilten Deutschland. Während die DDR ihren Erzfeind, die Bundesrepublik Deutschland, als Nachfolgestaat des "Dritten Reichs" und als Lakai des amerikanischen Imperialismus verurteilte, nannte man umgekehrt die "Zone" einen sowjetischen Satellitenstaat, in dem die Menschenrechte mit Füßen getreten werden, und charakterisierte deren Führer als Politiker mit dem Blut der an der Mauer getöteten Menschen an den Händen.

Mehr als einmal drohte der Atomkrieg

Nach und nach aber setzte sich die Erkenntnis im deutschen Westen durch, dass die radikale Konfrontation und die Verweigerung der Anerkennung der DDR als Staat nichts bringt und man im Interesse der Menschen hüben und drüben aufeinander zugehen muss. Zwischendurch verstieg sich Bundeskanzler Helmut Kohl zu einem Vergleich zwischen dem sowjetischen KP-Chefs Michail Gorbatschow und dem Nazi-Propagandaminister Joseph Goebbels, und er beklagte das Schicksal von politischen Gefangenen in "Gefängnissen und Konzentrationslagern der DDR", womit er das östliche Deutschland mit dem Naziregime gleichsetzte. Das nahm man ihm in der DDR übel, aber nicht lange. Denn schon bald waren die Wogen geglättet, und Staats- und Parteichef Erich Honecker wurde 1988 in Bonn zu empfangen und konnte mit dem CDU-Politiker, den man schon bald Kanzler der deutschen Einheit nannte, quasi auf Augenhöhe zu sprechen. Erst mit dem Zerfall der Sowjetunion 1989/90 und dem Ende des Warschauer Pakts und dem Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989 nahm der Kalte Krieg, in dem die Welt mehr als einmal am Abgrund des nuklearen Infernos stand, ein Ende. Allerdings wird heute wieder von einem Aufleben des Kalten Krieges wegen des Großmachtstrebens der Russischen Föderation und ihres Präsidenten Wladimir Putin und der Aggression gegenüber der Ukraine und der Okkupation der Halbinsel Krim, aber auch im Zusammenhang mit großsprecherischen Drohungen des amerikanischen Präsidenten Donald Trump.

Eine direkte militärische Auseinandersetzung zwischen den ehemaligen Verbündeten USA, Großbritannien, Frankreich und weiteren NATO-Staaten auf der einen Seite und der Sowjetunion und ihren im Warschauer Pakt zusammengeschlossenen Satellitenstaaten hat es nicht gegeben, wohl aber haben beide Militärblöcke große Anstrengungen und Kosten darauf verwandt, die anderen Seite in politische, wirtschaftliche und militärische Schwierigkeiten zu bringen und ihr durch die Politik der Stärke zu imponieren und zu schwächen. Diesem Zweck dienten mehrere Stellvertreterkriege in Asien und Afrika sowie im Nahen Osten und in Lateinamerika, die hohe Opfer an Blut und Gut forderten und den betreffenden Ländern den Weg in die Moderne versperrten. In den vergangenen Jahrzehnten gab es Dutzende Kriege, in denen die Differenzen zwischen dem kapitalistischen und dem kommunistischen System nicht in Europa, sondern auf anderen Kontinenten ausgetragen wurden. Zu nennen sind an erster Stelle der Koreakrieg (1950-1953) und der Vietnamkrieg (1954-1964), aus denen die USA und ihre Verbündeten als Verlierer hervor gingen. Doch waren dies nicht die einzigen sich über Jahre hinziehende Kriege, wie wir auch heute leidvoll erkennen müssen.

Stalin hatte mit Berlin-Blockade keinen Erfolg

Begonnen hatte der Kalte Krieg durch die Berlin-Blockade 1948/49, mit der Stalin versucht hatte, den Viermächtestatus der ehemaligen Reichshauptstadt zu seinen Gunsten zu verändern. Das ist nicht gelungen, und so wirkte das von Truppen der USA, Großbritanniens und Frankreich besetzte Westberlin weiterhin wie ein Pfahl im Fleisch der DDR, die am 7. Oktober 1949 und damit einige Monate nach der Bundesrepublik Deutschland gegründet wurde und bis zum Ende der SED-Herrschaft im Wendeherbst 1989 treuester Vasall der Sowjetunion war. Die Errichtung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenze am 13. August 1961 durch das Ulbricht-Regime mit Billigung und Unterstützung der Regierung und Parteiführung in Moskau wurde von den Westmächten nicht mit einer militärischen Intervention beantwortet. Obwohl es in den USA Befürworter einer atomaren Antwort gab, die verheerende Auswirkungen in Europa und speziell in Deutschland gehabt hätte, haben US-Präsident John F. Kennedy und die Nato auf dieses allerletzte Mittel verzichtet.

Bedrohlichen Charakter nahm die Kuba-Krise im Oktober 1962 an, als die USA die Sowjetunion unter Androhung eines atomaren Gegenschlags zwang, auf die Stationierung sowjetischer Mittelstreckenraketen auf der Insel Kuba unmittelbar vor der Haustür der USA zu verzichten. Die Sowjetunion sah sich bei ihrem Vorgehen im Recht, weil amerikanischer Mittelstreckenraketen im Natomitglied Türkei stationiert worden waren, die sie als Bedrohung ansah. Mit der Kubakrise erreichte der Kalte Krieg eine neue Qualität. Beide Militärblöcke erkannten in praktisch letzter Minute, dass ein Atomkrieg das Ende der Welt bedeuten würde. Die nächste Konfrontation dauerte von 1979 bis 1983, als in der Bundesrepublik und der DDR atomare Mittelstreckenraketen gegeneinander aufgerichtet wurden.

Deutschland einig Vaterland

Zwischen diesen Phasen eines auch mit allen Mitteln der Propaganda und der Untergrundarbeit geführten Konfrontationskurses gab es solche relativer Entspannung und friedlichen Koexistenz, die durch internationale Abkommen untermauert wurden. Die feierlich am 1. August 1975 durch Staats- und Regierungschefs von 35 Ländern unterzeichnete Schlussakte von Helsinki enthielt Vereinbarungen über die Beachtung der Menschenrechte, die Zusammenarbeit auf wirtschaftlichem, wissenschaftlichem, technischem, militärischem und humanitärem Gebiet sowie bei der Bewahrung der Umwelt. Ziel war es, die Blöcke in Europa zu einem geregelten, friedlichen Miteinander zu bewegen. Die Festlegungen betrafen die Unverletzlichkeit der Grenzen, die territoriale Integrität der Staaten, die friedliche Regelung von Streitfällen und die Nichteinmischung in innere Angelegenheiten. Die Unterzeichnerstaaten und mit ihnen Erich Honecker als Vertreter der DDR bekannten sich zur Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten wie Gedanken-, Gewissens-, Religions- oder Überzeugungsfreiheit. Sie bekundeten ihren Willen, auf Androhung und Anwendung von Gewalt gegenüber anderen Staaten zu verzichten.

Das Echo auf den Abschluss jahrelanger Verhandlungen war je nach Standort und politischer Ausrichtung enthusiastisch bis pessimistisch. In den westlichen Ländern wurden eine Untergrabung und Aufweichung der eigenen Herrschaftsverhältnisse befürchtet, sozusagen die feindliche Übernahme durch die östlichen Diktaturen. Hingegen setzten die Bürger in den kommunistisch beherrschten Ländern einschließlich der DDR große Hoffnungen in die Beschlüsse der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Unter Berufung auf "Helsinki" formierten sich mutige Bürgerrechtler, denen es zu verdanken ist, dass das Honeckerregime im Orkus der Geschichte verschwand und "Deutschland einig Vaterland" wurde, wie es in der DDR-Hymne hieß.

13. Oktober 2017

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