Verdienste um Staat und Partei
DDR-Bewohner wurden, wenn sie nicht aus der Reihe tanzten und nützlich für das Land waren, mit Orden und Ehrenzeichen überschüttet



In ihrem Betriebsmuseum zeigt die Staatliche Münze Berlin einige DDR-Orden wie den Stern der Völkerfreundschaft, die im ehemaligen VEB Münze der DDR hergestellt wurden.



Der Karl-Marx-Orden war die höchste Auszeichnung, den die DDR zu verleihen hatte. Bestimmte Politiker und SED-Funktionäre sowie ausländische Staatsmänner bekamen ihn mehrmals.



Mit viel Prestige und Geldprämien verbunden war der mit dem Kopf von Johann Wolfgang von Goethe geschmückte Nationalpreis verbunden.



In drei Stufen wurde der Vaterländische Verdienstorden verliehen. Im Münz- und Ordenhandel werden er und weitere Auszeichnungen regelmäßig angeboten.



Nicht verliehen, wohl aber in Reserve gehalten wurde der Blücherorden, dessen kreuzförmige Form ungewöhnlich war.



Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit bekamen solche Medaillen verliehen, hätte Stasi-Minister alle seine Orden, auch diesen, an seine Uniform heften wollen, dann hätte er auch die Rückseite verwenden müssen. (Fotos: Caspar)

Orden und Ehrenzeichen gab es in der DDR in Hülle und Fülle, mit ihnen wurden Aktivisten der Arbeit, Erfinder, Künstler und Wissenschaftler sowie Arbeitskollektive ausgezeichnet. Große und kleine Funktionäre aller Art versicherten bei der Verleihung ihrem sozialistischen Staat ewige Treue und Gefolgschaft. Mit bunt emailliertem Blech an bunten Bändern waren Prestigegewinn, manchmal auch Einfluss sowie Privilegien verbunden. Man trug die Medaillen und Sterne an hohen Feiertagen und schmückte im Falle des an Künstler und Wissenschaftler verliehenen Nationalpreises seinen Namen mit dem Zusatz NPT (Nationalpreisträger). Es kam vor, dass Leute, die alle ihre Orden anlegten, gebeugt laufen mussten und klappernde Geräusche machten.

Die höchsten Orden im zweiten deutschen Staat waren der Karl-Marx-Orden und der Stern der Völkerfreundschaft, der Stern Held der Arbeit und Held der DDR, der Vaterländische Verdienstorden, der Scharnhorstorden und der - nie verliehene - Blücherorden für Militärangehörige. Ferner gab es Verdienstmedaillen für Soldaten und für Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit. Hinzu kamen der in drei Stufen und einer hohen Geldzuwendung mit einer Goethe-Medaille vergebene Nationalpreis und diverse Preise für verschiedene Berufssparten. Fast inflationär regneten Aktivistenmedaillen und Abzeichen auf Kollektive der sozialistischen Arbeit auf die "werktätigen Menschen" herab. Dass jemand solche Auszeichnungen bekam war keine Garantie für unbedingtes linientreues Verhalten und Ergebenheit gegenüber dem Staat und seiner führenden Partei. Viele Träger von Orden und Auszeichnungen standen dem System kritisch gegenüber, und wenn sie einmal in das Blickfeld der Stasi und der Justiz geraten waren und verfolgt wurden, schützten auch die schönsten Auszeichnungen wenig, wie das Beispiel des unter Kuratel wegen Regimekritik gestellten der Mauer und dem Ende der SED, wurde der ominöse Dienstgrad abgeschafft.

Marschallstern und Blücher-Kreuz

Marschall der DDR war ein Titel, der für die höchsten Militärs werden sollte. Allerdings gingen die Planungen für einen nach sowjetischem Vorbild zu verleihenden Stern sowie für Schulterstücke über Entwurfszeichnungen nicht hinaus. Der neue Dienstgrad wurde 1982 vom DDR-Staatsrat eingeführt, ohne dass die Öffentlichkeit davon etwas erfuhr. Danach sollte eine diesbezügliche Ernennung "im Verteidigungszustand oder für außergewöhnliche militärische Leistungen" erfolgen. Dann wären die aus silber- und goldfarbigem Fäden hergestellten "Schulter-Raupen" mit einem fünfzackigen Stern darauf und einem Rubin darin vom DDR-Verteidigungsminister getragen worden. Möglich, dass auch Innenminister Friedrich Dickel und Stasi-Minister Erich Mielke im Verteidigungs-, also Kriegsfall, zu Marschällen der DDR ernannt worden wären. Die drei Armeegeneräle hätten dann im Ernstfall den gleichen Rang wie die Marschälle der Sowjetunion gehabt, wären aber aufgrund der politischen Abhängigkeiten an deren Befehle gebunden gewesen. Im November 1989, schon bald nach dem Fall der Mauer, landete auch die Marschall-Herrlichkeit im Orkus der Geschichte.

DDR-Strategen dachten an alles, sogar an einen neuen Kriegsorden, der im Falle einer bewaffneten Auseinandersetzung mit der Bundesrepublik für Tapferkeit vor dem Feind, womit nur der Klassenfeind im Westen gemeint war, vergeben werden sollte. Aus diesem Grunde wurde auch der Blücherorden für Tapferkeit gestiftet. Doch da es sich wie das ominöse Militärgeld um eine hochgeheime Angelegenheit handelte, erfuhr die Öffentlichkeit von ihm nichts. Die Ausführungen in den Klassen Gold, Silber und Bronze waren für heldenhaften Einsatz in Kampfhandlungen, für mutige sowie initiativreiche und erfolgreiche Truppenführung sowie für andere hohe Leistungen zur Verteidigung der DDR gedacht, so die interne Begründung. Die nach dem preußischen Generalfeldmarschall der Befreiungskriege von 1813 bis 1815, Gebhard Leberecht von Blücher, benannte Auszeichnung wurde nicht verliehen, da der Kriegsfall nicht eintrat, und auch die Verordnung über die Stiftung des Blücher-Ordens und einer Blücher-Medaille vom 18. September 1968 blieb unveröffentlicht. Dass der Orden nicht wie üblich aus einer Medaille oder einem Stern nach sowjetischem Vorbild besteht, sondern die Gestalt eines Kreuzes hat, war ungewöhnlich und mag eine Reminiszenz an Auszeichnungen des 18. und 19. Jahrhunderts, also des Feudalzeitalters, gewesen sein.

Held der Arbeit war ein Ehrentitel, den nicht viele DDR-Bewohner verliehen bekamen, während andere Orden und Ehrenzeichen nahezu inflationär an Aktivisten der sozialistischen Arbeit, Erfinder, Künstler und Wissenschaftler sowie Arbeitskollektive vergeben wurden. Die Empfänger versicherten beim Erhalt der am Band zu tragenden Sterne und Medaillen ihrem Staat ewige Treue und Gefolgschaft. Mit dem bunt emailliertem Blech waren Prestigegewinn, manchmal auch Einfluss und verschiedene Privilegien verbunden.

Goethes Kopf aus Gold

Der Nationalpreis war die höchste Auszeichnung der DDR für hervorragende künstlerische und wissenschaftliche Leistungen. Am 1. August 1949, also kurz vor der Gründung der DDR, bis zum Ende des zweiten deutschen Staates wurde er in drei Klassen an Künstler und Wissenschaftler der DDR, in Einzelfällen auch an solche in der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Die Vergabe an bekannte Persönlichkeiten sowie an Kollektive sowohl in künstlerischen und wissenschaftlichen Einrichtungen als auch in der Industrie und Landwirtschaft war mit einer hohen Geldzuwendung, einer Urkunde und einer tragbaren Medaille anfangs aus Gold, später aus vergoldeter Bronze mit dem Kopf von Johann Wolfgang von Goethe verbunden. Manche Nationalpreisträger erhielten die Auszeichnung mehrfach und in immer höheren Stufen. Es kam vor, dass angesehene Künstler "nur" mit dem Nationalpreis 2. Klasse ausgezeichnet.

Die Auszeichnung wurde im Goethejahr 1949 am 25. August 1949, kurz vor der Gründung der DDR, in Weimar an 98 Persönlichkeiten in drei Klassen verliehen. Die von 1949 bis 1989 geprägten Medaillen mit dem nach rechts gewandten Kopf gehen auf einen Entwurf des Bildhauers Heinrich Drake, zurück, der selber zweimal mit dem Nationalpreis ausgezeichnet wurde. Die Empfänger erhielten eine Dotation von 100 000, 50 000 und 25 000 Mark, eine Urkunde und eine goldene Goethe-Medaille mit angelöteter Öse, um sie am schwarzrotgoldenen Band tragen zu können. Die Goldmedaillen machten im Laufe der folgenden 40 Jahre manchen Wandel durch. War das Goethe-Porträt mit einem Lorbeerzweig am Hals, aber ohne Inschrift, auf den allerersten Medaillen nach links gewendet, so zeigt der Kopf auf allen folgenden Medaillen nach rechts, umgeben von der Inschrift DEUTSCHE DEMOKRATISCHE REPUBLIK. Signifikante Veränderungen erkennt man auf den Rückseiten. Bis 1960 war jede Medaille mit dem Jahr datiert, in dem sie verliehen wurde. Danach lautete die zweizeilige Inschrift im Lorbeerkranz einheitlich nur noch NATIONAL-PREIS und nicht mehr DEUTSCHER NATIONAL-PREIS in drei Zeilen. Die Umbenennung hatte mit der Abgrenzungspolitik der späten sechziger und frühen siebziger gegenüber der Bundesrepublik Deutschland zu tun, die in der Honecker-Ära zur Änderung traditioneller Bezeichnungen wie Deutsche Akademie der Wissenschaften in Akademie der Wissenschaften der DDR oder Deutsche Staatsoper in Staatsoper mündete.

20. August 2017

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