Im Schmelztiegel vergangen
Von den vielen Monarchen- und Kriegerdenkmälern ist in Potsdam fast nichts übrig geblieben





Das im Lustgarten aufgestellte Denkmal des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. und das seines Sohns Friedrich II. auf der Plantage hinter der Plantage haben den Bildersturm nach dem Ende der Naziherrschaft nicht überstanden.





Das gleiche Schicksal erlitten das Gardedenkmal mit der Inschrift SEMPER TALIS (Immer gleich) neben der Garnisonkirche und das Reiterdenkmal Kaiser Wilhelms I. neben der Langen Brücke und weitere Monumente.




Eines der wenigen Kriegerdenkmäler blieb vor dem Neuen Friedhof in Potsdam erhalten. Die Figurengruppe auf der Steinpyramide ehrt die im Ersten Weltkrieg gefallenen Angehörigen des Sanitätskorps. (Foto/Repros: Caspar)

Einschmelzungen für die Kriegsindustrie in beiden Weltkriegen und kommunistische Bilderstürmerei haben den Bestand in der heutigen Landeshauptstadt von Brandenburg stark reduziert. Bereits im Ersten Weltkrieg genehmigte Kaiser Wilhelm II. 1917 den Abbau von Bronzefiguren im Park Sanssouci und im Babelsberger Park, strich aber aus einer ihm vorgelegten Liste künstlerisch wertvolle Skulpturen sowie Erinnerungsstücke an den deutsch-französischen Krieg 1870/71 und ließ sie stehen. 1940 wurden die als "Metallspende des Deutschen Volkes" vorgesehenen Potsdamer Denkmäler aus Bronze und Kupfer in vier Kategorien eingeteilt. Oberbürgermeister Hans Friedrichs ließ fünf Hohenzollerndenkmäler "wegen ihres besonderen künstlerischen Wertes, im übrigen aus historischen Gründen" von der Ablieferung herausnehmen, hingegen wurde bei Krieger- und Regimentsdenkmälern und "sonstigen Denkmälern" festgestellt, ihre Abgabe würde dem Stadtbild wenig schaden.

Zählt man alle in Frage kommenden Monarchen- und Kriegerdenkmäler in Potsdam und den eingemeindeten Ortschaften (ohne Schlösser und Gärten) zusammen, ergeben sich mehr als 20 verloren gegangene Objekte. Die Liste wird durch das Denkmal des preußischen Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. auf dem Lustgarten eröffnet. Die 1885 errichtete Bronzefigur war eine Wiederholung des Standbildes von Karl Hilger, das mit weiteren Hohenzollernstandbildern das Zeughaus Unter den Linden in Berlin, das heutige Deutsche Historische Museum, schmückte. Der Sohn des Soldatenkönigs, Friedrich II., stand, in Bronze gegossen, auf der "Plantage". Auch dieses Monument verging nach dem Ende des NS-Reiches im Schmelztiegel. Es wurde 1901 zur Zweihundertjahrfeier des preußischen Königreichs als Geschenk Wilhelms II. an die Residenzstadt aufgestellt. Der Große König schaute hinüber auf die Garnisonkirche, in dem er 1786 gegen seinen ausdrücklichen Willen neben seinem 1740 gestorbenen Vater bestattet wurde. Bei dem Friedrich-Denkmal handelt es sich um eine Kopie der von Joseph Uphues für die Berliner Siegesallee geschaffenen Marmorfigur. Eine weitere Version aus Marmor schmückt den Vorgarten der Generaldirektion der Preußischen Schlösserstiftung im Park Sanssouci, ein paar Minuten vom Grünen Gitter entfernt.

1950 wurde das Standbild Friedrich Wilhelms III. auf dem Wilhelmplatz eingeschmolzen, das von August Kiss gestaltet und 1845 eingeweiht wurde. Lange markierte der verwaiste Sockel den Ort für die Ehrung dieses Monarchen. Ein von Ernst Herter stammendes und 1901 nahe der Langen Brücke enthülltes Reiterdenkmal Kaiser Wilhelms I. aus Bronze mit Sockelreliefs und sitzenden Assistenzfiguren wurde ebenfalls nach 1945 verschrottet. Das gleiche Schicksal erfuhr das von Eugen Börmel geschaffene und 1903 auf dem Luisenplatz aufgestellte Bronzestandbild Kaiser Friedrichs III. 1934 war das Monument, dessen Sockel als Brunnen gestaltet wurde, in die Grünanlage vor dem Sankt-Josephs-Krankenhaus in der Allee nach Sanssouci umgesetzt.

Eingeschmolzen wurde überdies eine Bismarck-Büste des Bildhauers Harro Magnussen auf dem früheren Bismarckplatz und das 1911 auf einer kleinen Grünanlage gegenüber der Kommandantur in der Schlossstraße aufgestellte Steuben-Denkmal, das 1994 als Nachguss nach Potsdam zurück kehrte. Beseitigt wurde nach 1945 der aus Soldaten und Trophäen bestehende und von kommunistischen Bilderstürmern als militaristisch empfundene Figurenschmuck auf der damaligen Kaiser-Wilhelm-Brücke, der heutigen Langen Brücke, die über die Havel zum Landtag (Stadtschloss), zum Palais Barberini, Alten Markt und ganz allgemein zur Innenstadt führt. Die Standbilder von Soldaten Potsdamer Regimenter sind ein Werk des Bildhauers Ernst Herter. Ihre Aufstellung war eine Herzensangelegenheit Wilhelms II., der den Brückenschmuck zum Teil aus seiner Privatschatulle bezahlte. Die Zinkgusstrophäen wurden bereits 1934 im Zusammenhang mit Umbauarbeiten verschrottet.

Vernichtet, vergessen und verdrängt sind, um den Titel eines 1993 erschienenen Buches über die Militärbauten und militärischen Denkmäler in Potsdam aufzugreifen, die vielen Kriegerdenkmäler in und um Potsdam. Erhalten blieben nur zwei Monumente zur Erinnerung an die aus Potsdam stammenden Gefallenen der Befreiungskriege von 1813 bis 1815 und die Gefallenen des Sanitätskorps im Ersten Weltkrieg auf dem Alten Friedhof beziehungsweise vor dem Neuen Friedhof an der Heinrich-Mann-Allee. Fast alle Potsdamer Kriegerdenkmäler wurden wenige Jahre nach dem Ersten Weltkrieg errichtet und gingen im oder nach dem Zweiten Weltkrieg unter.

Zerstört ist das 1872 eingeweihte Denkmal zur Erinnerung an die im Krieg 1870/71 gefallenen Angehörigen 1. Garderegiments zu Fuß auf dem Schießplatz Katharinenholz bei Bornstedt. Auf hohem Sockel ruhte ein Löwe, die Inschriftenplatten wurden von gekrönten Adlern auf Blitzbündeln flankiert. Auch die von dem Bildhauer Franz Dorrenbach geschaffene steinerne Gedenksäule zur Erinnerung an die Gefallenen des gleichen Regiments nahe der Garnisonkirche wurde nach 1945 zerstört. 1924 errichtet, stellt das Denkmal einen "Langen Kerl" mit hoher Blechmütze und einen Soldaten des Ersten Weltkriegs dar, die sich vor dem Bildnis Friedrichs des Großen die Hände reichen.

An die Kriegstoten der Garde du Corps erinnerten ein Obelisk gegenüber dem Haupteingang des Neuen Gartens mit einem Heiligen Georg als Drachentöter beziehungsweise ein von Emil Cauer gestaltetes und 1929 eingeweihtes Reiterdenkmal. Auch diese Skulpturen existieren nicht mehr. Vernichtet sind ferner ein aus einem Findling und gegossenen Namenstafeln bestehendes Denkmal für das Leibgarde-Husaren-Regiment in der Berliner Straße sowie das von Karl Kowalczewski geschaffene und 1923 eingeweihte Denkmal für die Kriegstoten des Garde-Jäger-Bataillons. Es stellt einen Soldaten beim Werfen einer Handgranate dar und stand auf dem Bassinplatz etwa dort, wo nach 1945 ein Ehrenfriedhof mit Gräbern der im Kampf um und in Potsdam Ende April 1945 gefallenen Soldaten der Roten Armee angelegt wurde. Vor den Kasernen am Ruinenberg stand ein Denkmal für die 1914 bis 1918 gefallenen Angehörigen des 1. Garde-Ulanen-Regiments mit einem sterbenden Krieger auf einem sarkophagähnlichen Postament sowie im Halbkreis aufgestellten Namenstafeln.

Vernichtet sind auch die Denkmäler zur Erinnerung an die Kriegstoten des 3. Garde-Ulanen-Regiments unweit der Russischen Kolonie Alexandrowka (Bildhauer: Hubert Dietzsch-Sachsenhausen), eingeweiht 1923, und an die Gefallenen des 2. und 4. Garde-Feld-Artillerie-Regiment an der Ecke Spandauer (Nedlitzer) Straße/Alleestraße (eingeweiht 1923 auch zur Erinnerung an die auf deutscher Seite im Ersten Weltkrieg umgekommenen 2,5 Millionen Artilleriepferde). Auch das Denkmal für die Unteroffiziersschüler in der Jägerallee, das 1941 nach Potsdam-Eiche umgesetzt wurde (eingeweiht 1925), sowie das Denkmal für die deutschen Kraftfahrtruppen mit der Nachbildung eines im Ersten Weltkrieg eingesetzten Kampfwagens auf dem Sockel sind nicht mehr erhalten.

15. Februar 2017

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