"Deutsches Volk! Gib uns vier Jahre Zeit"
In der Propagandaschau von 1937 auf dem Berliner Messegelände wurde Hitler als der große Retter der Nation gefeiert



Begleitet wurde die Propagandaausstellung auf dem Berliner Messegelände von Führer-Bildern, Filmprogrammen, Fotos aus dem Alltag und von der "Arbeitsfront", untermalt durch Marschmusik und Kampflieder. Bildtafel in der Berliner Topographie des Terrors





1937 wurde in Berlin ausführlich das siebenhundertjährige Stadtjubiläum mit Paraden und Ausstellungen gefeiert und zur Verherrlichung des NS-Regimes uns seines Führers benutzt, oben bei der Besichtigung einer Wehrmachtausstellung. (Repros: Caspar)

Gleich nach seiner Ernennung zum Reichskanzler behauptete Hitler am 1. Februar 1933, die Parteien des Marxismus und seine Mitläufer hätten 14 Jahre Zeit gehabt, ihr Können zu beweisen, doch das Ergebnis sei ein Trümmerfeld. "Wir wollen, dass mit der Zeit der Wiedererhebung der deutschen Nation nicht nur einzelne Namen verknüpft sind, sondern der Name des deutschen Volkes selbst, dass eine Millionenbewegung hinter diese Regierung tritt, dass sie mithilft in ihrer Kraft und ihrem Willen, uns wieder zu stärken zu diesem großen und schweren Werk", erklärte er.

Mit Blick auf Friedrich den Großen, den Hitler zu seinen besonderen Vorbildern zählte, und andere Persönlichkeiten behauptete der neue Reichskanzler: "All die großen Männer unserer Geschichte - ich weiß, sie stehen hinter uns und sehen auf unser Werk und unser Wirken. Vierzehn Jahre haben die Parteien des Zerfalls, des Novembers [1918, H. C.], der Revolution das Volk geführt und misshandelt, vierzehn Jahre lang zerstört, zersetzt und aufgelöst. Es ist nicht vermessen, wenn ich heute vor die Nation hintrete und sie beschwöre: Deutsches Volk! Gib uns vier Jahre Zeit - dann richte und urteile über uns! Deutsches Volk, gib uns vier Jahre, und ich schwöre dir, so wie wir und wie ich dieses Amt antrat, so will ich dann wieder gehen - ich tat es nicht um Gehalt und um Lohn, ich tat es um deiner selbst willen." Hitler zeigte sich überzeugt, "dass endlich unser Volk doch wieder zur Besinnung kommen wird und dass, wenn es heute ungerecht urteilt und wenn Millionen uns verfluchen, sie einmal doch hinter uns marschieren werden, da sie einsehen werden: Er hat wirklich nur das Beste gewollt, obgleich es schwer war; kein anderes Ziel im Auge gehabt, als dem zu dienen, was uns das Höchste auf Erden ist." Der Redner schloss seine Ansprache pathetisch mit "Amen" und verlieh ihr damit eine quasireligiöse Weihe.

Am 30. April 1937 wurde auf dem reichlich mit Hakenkreuzfahnen und Adlern geschmückten Ausstellungsgelände am Berliner Funkturm eine Propagandaschau eröffnet, die in Anlehnung an jenen Ausspruch von Hitler den Titel "Gebt mir vier Jahre Zeit" trug. Goebbels lobte die Ausstellung in acht Hallen als Leistungs- und Rechenschaftsbericht über das, was der Nationalsozialismus erreicht hat, seit er vor vier Jahren "das Erbe einer scheinbar hoffnungslosen Zeit antrat". Um dies auch dem Letzten begreiflich zu machen, wurden Bilder aus der Zeit vor und nach 1933 gegenübergestellt, die wie Nacht und Tag wirkten. Indem der Propagandaminister einen Blick zurück im Zorn richtete, verdeutlichte er Unterschiede zwischen der Weimarer Republik und der Gegenwart und das "Wunder der deutschen Wiedergeburt" so: "Damals Hass und Zersplitterung, heute Kameradschaft und einiges Ziel, damals Kulturschande, heute Kulturverantwortung, damals ein Volk ohne Freiheit und Brot, heute eine Nation in Arbeit und Wehr".

Es fehlte in der Ausstellung nicht an Statistiken und Erfolgskurven sowie Bildern und Modellen von Großbauten des Reiches, und es wurden überdies Spitzenleistungen der Ingenieurskunst und des Automobilbaues vorgeführt. Selbstverständlich spielte Berlin in der Schau eine wichtige Rolle. Schließlich wurde 1937 die Siebenhundertjahrfeier der Stadt mit großem Pomp begangen. Ihre Gestalter unterließen nichts, um die Gegensätze zwischen früher und heute zu schildern und auf geplante Großbauten der künftigen Welthauptstadt Germania neugierig zu machen. Nicht zuletzt kamen Kunst, Wissenschaft und Kultur, wie es die Nazis verstanden, auf ihre Kosten, vermittelt etwa durch Herstellung von Hitlers Buch "Mein Kampf" in einer Großdruckerei oder durch Beispiele für das, was die Nationalsozialisten unter "deutscher" Kunst und Wissenschaft verstanden und was das Regime für entartete Kunst hielt. Nach zwei Monaten bilanzierte der "Völkische Beobachter", das Zentralblatt der NSDAP, die Ausstellung mit 1,35 Millionen Besuchern sei eine"Schau des Dankes an den Führer und der Mahnung an alle, sich in der Schnelllebigkeit und Eile unserer Zeit Rechenschaft abzulegen über die gewaltigen Leistungen der ersten vier Jahre nationalsozialistischer Regierung".

15. Mai 2017

Zurück zur Themenübersicht "Geschichte, Zeitgeschichte, Ausstellungen"