Falsche Goldgulden
Seltene Inkunabeldrucke aus dem 15. Jahrhundert in der Berliner Staatsbibliothek warnen vor Münzbetrug



Die Einblattdrucke bilden in einfacher Form falsche Goldgulden ab, die anscheinend in deutsche Lande eingedrungen sind und für viel Unruhe sorgten.



Falk Eisermann hütet die Einblattdrucke wie seinen Augapfel. Da er vor Jahren in Göttingen studiert hat, interessiert ihn die Warnung vor Göttinger Falschgeld besonders.



Der bronzene Münzpräger vor dem Rathaus zu Gadebusch zeigt, wie man vor dem 17. Jahrhundert Münzen am Amboss geschlagen hat.







Wie die auf den gedruckten Warnhinweisen erwähnten und abgebildeten Goldgulden wirklich aussahen, zeigen die Beispiele aus Brandenburg-Franken und Basel.



Die Münzbilder auf dem undatierten Blatt aus Nürnberg verzichten auf Umschriften. Worum es sich bei den falschen Gulden handelt, wird im Text erläutert.



In dem berühmten Buch "Narrenschiff" von 1494 geißelt Sebastian Brant Falschheit, Betrug und Beschiss und erwähnt dabei auch falsches Geld. (Fotos/Repro: Caspar)

Das Fälschen von Münzen und Banknoten ist ein Kapitalverbrechen, für das hohe Strafen angedroht werden. Allerdings geht es Betrügern heute nicht mehr wie früher ans Leben, vielmehr droht für das Herstellen und Verbreiten von falschen Banknoten, Münzen, Wertpapieren und vergleichbaren Objekten Haft, und selbstverständlich müssen Verurteilte für den entstandenen Schaden aufkommen. Hohe Zuchthausstrafen oder gar der Todesstrafe haben noch nie Geldfälscher und Hehler von ihrem bösen Tun abgehalten, da sie mit einiger Gewissheit davon ausgehen konnten, nicht erwischt zu werden. Einzig immer komplizierter werdende Designs sowie Präge- und Drucktechniken konnten der Herstellung der "Blüten" Einhalt gebieten. Einfacher Stempelschnitt und manuelle Prägeweise leisteten Fälschern in alten Zeiten Vorschub. Deshalb war es stets das Bestreben der Regierungen, den Betrügern das Leben durch künstlerisch und technisch anspruchsvolle Gepräge beziehungsweise bei Banknoten mit mühsam nachzuahmende Merkmalen schwer zu machen. Da die Falsifikate kaum "pur" in Umlauf gesetzt wurden, sondern meist gemischt mit echtem Geld, war es für unbedarfte Leute nicht einfach, Echtes von Falschem zu unterscheiden.

Gesamtkatalog der Wiegendrucke

Bevor es den Buchdruck gab, hat man vor minderwertigen oder ganz und gar falschen Münzen mündlich oder durch handschriftliche Mitteilungen an Rathäusern und auf öffentlichen Plätzen gewarnt. Gesetzestexte vermerkten, welche drakonischen Strafen für Münzverbrechen ausgesprochen und vollstreckt wurden. Nachdem der Buchdruck um 1450 von Johannes Gutenberg erfunden wurde und seinen Siegeszug durch die Länder angetreten hatte, wurde er auch zur Herstellung von Flugblättern genutzt. Die wenigen Einblattdrucke sind im "Gesamtkatalog der Wiegendrucke" (GW) publiziert. Er umfasst alle bis 1500 erschienenen Inkunabeln, also Wiegendrucke, und kann weltweit auch im Internet unter der Adresse www.gesamtkatalogderwiegendrucke.de gelesen und genutzt werden.

Eine dieser im Besitz der Berliner Staatsbibliothek befindlichen Warnmeldungen wurde um 1482 in Magdeburg gedruckt. Der Einblattdruck auf kräftigem, leicht gebräuntem Büttenpapier hat die Zeiten überstanden, weil er als eine Art Makulatur in einem Buch mit eingeklebt und später aus diesem wieder herausgelöst wurde. Auf der Rückseite sind, verbunden mit der Jahreszahl 1622, Angaben für pharmazeutische Rezepte zu lesen. Das Blatt trägt die Überschrift "Hyr sind zcu merken der zceychen der falschen gulden in nedderlant gemacht. vnd sind etliche muntzer zcu Gottingen in Sachsen vnde in anderen stetten vorbrant. Unde auf vier thunnen von en ghmuntzt". Es folgen die immer mit dem Wort Item (ebenso) beginnenden Erklärungen zu einem Holzschnitt, der fünf falsche Gulden abbildet. Die Mainzer, Lüneburger, Hamburger, Kölner und Frankfurter Gulden seien nicht mehr wert als fünf Weißpfennige, heißt es im Text. "Dasz corpus ist gantz kupfferen myt golde uberzcaghen. Unde dasz kupffer ist szo hart ghemunntzet und ghesotten / das esz wol klinget, darum mag sy gemant erkennen an dem klange edder an dem striche".

Der Hinweis besagt nichts anders, als dass die angeblichen Gulden aus Kupfer nur mit einer dünnen Goldschicht bestehen. Da man solche Münzen auf den Klang prüfte und auch von ihnen auf einem Probierstein einen Abstrich machte, haben die Fälscher ihre Machwerke so präpariert, dass sie nicht gleich auffielen, wenigstens nicht Leuten außerhalb des Berufstandes der Goldschmiede, Geldwechsler und Kaufleute, die ständig mit Edelmetall und Münzen zu tun hatten. Das erwähnte Blatt endet mit dem Hinweis, dass dieses von den hochgeborenen Fürsten und Herren aus Bayern gesehen wurde "vnd sulche zceychen haben laszen anslan in der labelichen stat czu Munchen an dasz rathausz vnde in anderen erenn stetten / czu eyner warnunge des ghemeynen volkysz. Anno dni M.cccc.Lxxxij" (etwa: und haben solche Zeichen anschlagen lassen in der löblichen Stadt München an das Rathaus und ihren anderen Städten zur Warnung für das gemeine Volk im Jahre des Herrn 1482)". Die Jahreszahl muss nicht die Zeit des Drucks angeben, es wird angenommen, dass 1482 das Blatt in München und an anderen Orten angeschlagen wurde.

Städte und Drucker sind bekannt

Der Bedarf an solchen Mitteilungen muss groß gewesen sein, denn es sich Abschriften und sogar Drucke bekannt, bei denen statt der beweglichen Bleilettern der Text sowie die Bilder in die Holzplatten geschnitten wurden, wie der Berliner Inkunabelforscher Dr. Falk Eisermann erklärt. An den Fälschungen waren, so vermutet Eisermann, Landesfürsten beteiligt. Nachzulesen sind dieser und weitere Vorgänge im "Verzeichnis der typographischen Einblattdrucke des 15. Jahrhunderts im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation VE 15 Band III Katalog J-Z" (Reichert Verlag Wiesbaden 2004, S. 640 ff.). Als Druckorte wurden Augsburg, Basel oder Zürich, Magdeburg, München, Nürnberg, Reutlingen und Ulm ausgemacht, und als Hersteller stehen die Drucker Johann Blaubirer, Johann Schönsperger, Anton Sorg, Bartholomäus Glotan, Johann Schaur, Johann Schobser, Anton Koberger, Johann Otmar und Johann Zainer d. Ä. fest. Die meisten Blätter sind undatiert, dürften aber analog zu den datierten Blättern zeitgleich entstanden sein. Ein im Kestner Museum Hannover befindliches Exemplar wurde in München von Johann Schobser zwischen 1500 und 1512 nachgedruckt. Woran man die falschen Gulden erkennt, wer sie hergestellt hat und was sie wiegen, teilen die Warnmeldungen von 1482 und weitere Blätter dieser Art nicht mit. Unbekannt ist auch, ob es weitere Drucke dieser Art gibt. Wenn später in fürstlichen und kommunalen Münzmandaten fremde gefälschte Münzen angezeigt wurden, ging man nicht ins Detail, bildete die inkriminierten Stücke per Holzschnitt oder Kupferstich aber genauer ab als es in der Gutenbergzeit möglich war.

Ein anderer numismatisch interessanter Einblattdruck aus der Inkunabelzeit stammt aus Nürnberg und wurde um 1490 in Straßburg von Johann Prüss gedruckt. Bürgermeister und Rat lassen Bürger und Einwohner dieser Stadt und besonders Kaufleute, Gewerbetreibende und Handwerker wissen, dass in letzter Zeit viele fremde und neue Gulden hierher gebracht wurden, die im Gehalt zu gering sind. "Haben wir zur fürderung gemeins nutz Off das niemant mit solchen geringen guldin betrogen würde, den selbigen flyßlichen nach fragen lassen vnnd funfzehnerley der selbigen geringen guldin die wir dann durch vnsere Müntzmeister vnd wardyn och annder der sach verstendig nach aller nottorfft haben probieren. die am gehalt mercklich zu geringe vnnd daruff erfunden mit yren gebrechten vnnd vberschrifften wie hernach volget verzeichnen vnnd trucken laszen. da mit wyr menniglichen gewarnet haben wöllen sich vor solichen geringen guldin vnnd schaden wüssenn zu bewaren." Bei den 15 Münzabbildungen fehlen die Umschriften, allerdings sagen kurze Beschreibungen, um welches Geldstück es sich jeweils handelt. Erfasst sind mit Heiligendarstellungen sowie mit dem Reichsapfel im Dreipass und mit Landeswappen geschmückte Gulden, die sich gut bestimmten Fürstentümern und Städten zuordnen lassen.

Scheiterhaufen und Galgen

Falschmünzern drohten in alten Zeiten Scheiterhaufen, Schwert oder Galgen, manchmal wurden sie in siedendes Öl geworfen oder auf andere Weise grausam vom Leben zum Tod befördert. Bei leichteren Vergehen schlug man ihnen nur die Hand ab und/oder verfügte Landesverweis und Vermögensentzug. Gelegentlich kam es vor, dass Münzstätten im Auftrag von Kaiser und Reich zerstört wurden. Der "Sachsenspiegel" des Eike von Repgow, eine Sammlung von Rechtsvorschriften aus der Zeit zwischen 1220 und 1230, nennt unterschiedliche Strafen, fein abgestimmt nach dem gesellschaftlichen Rang der Delinquenten. "Bietet der Münzer einen falschen Pfennig, um damit zu kaufen, so geht es ihm an den Hals (Enthaupten). Wer sein Recht verwirkt hat mit Diebstahl oder Raub und man findet bei ihm 4 ½ Pfennige, so geht es ihm an die Hand (Handabschlagen), wenn er den rechtmäßigen Besitz der Pfennige nicht nachweisen kann", heißt es in der Übersetzung dieses Textes ins Neuhochdeutsche. Für höhere Stände gab es mildere Strafen. "Ist jemand in seinen Rechten unbeschränkt und man findet bei ihm für 1 Schilling falsche Pfennige, so hat er diese verloren und keine weitere Strafe. Sind es aber mehr Pfennige, so geht es ihm an die Hand, wenn er den rechtmäßigen Besitz nicht beweisen kann". Für den Fall, dass der Münzmeister seine Pfennige nicht "nach ihrem Recht" hält, "so mag man ihn so lange nicht der Verfälschung bezichtigen, wie er Ersatz leisten wolle." Eindeutiger ist die Forderung, der Münzer soll die Pfennige "vollwertig halten, gleich schwer und gleich silbern". Damit meinte der "Sachsenspiegel" die Beachtung von Schrot und Korn, also des vorgeschriebenen Gewichts und gesetzlichen Feingehalts.

Die Bestimmung "Nieman muz ouc phenninge slan anderen phennigen glich, es en haben sunderlich bescheidunge" besagt, dass niemand einen Pfennig schlagen darf, der anderen gleicht, es sei, sie haben unterschiedliche Erkennungsmerkmale. Zur Gültigkeit verrufener, also aus dem Verkehr gezogener Münzen ist zu lesen, man könne mit ihnen noch 14 Tage bezahlen oder ein Pfand einlösen. Danach würden sie vom "munzcer" zerbrochen, dem Besitzer aber zurück gegeben. Ungültige Münzen besaßen immerhin noch ihren Metallwert und wurden bei nächster Gelegenheit eingeschmolzen.

19. November 2017 Zurück zur Themenübersicht "Münzen und Medaillen"