"Ist Krieg in Sicht?"
Warum 1913 die Gold- und Silberreserven des deutschen Kaiserreichs aufgestockt wurden



Die Bildung des Reichskriegsschatzes wurde durch ein Ende 1871 erlassenes und von Wilhelm I. unterzeichnetes Gesetz geregelt. Die Verwaltung dieses Bestandes im Wert von 120 Millionen Mark (40 Millionen Taler) oblag dem Reichskanzler. Beamte der Reichsschuldenverwaltung kontrollierten, dass vom Gold nichts weggekommen ist.



Die im 16. Jahrhundert erbaute und danach erweiterte Spandauer Zitadelle gehört zu den größten und am besten erhaltenen Festungen weit und breit. Auf einem Reservistenkrug aus der Kaiserzeit ist die wehrhafte Anlage sauber abgebildet.



Niemand außer den Beamten der Reichsschuldenverwaltung war es gestattet, die streng gesicherte Tresortür des Juliusturms aufzuschließen und die dort eingelagerten Goldbestände sowie weitere Wertsachen zu überprüfen.



Im Reichskriegsschatzes waren Goldmünzen mit dem Kopf von Kaiser Wilhelm I. und König Ludwig II. von Bayern von 1872 reichlich vertreten (oben). Hingegen dürften die Zwanzig-Mark-Stücke von 1914 mit den Köpfen von Kaiser Wilhelm II. und König Friedrich August III. von Sachsen wegen des Kriegsbeginns kaum noch in Umlauf gekommen sein.



Die Kulturbundmedaille von 1981 zeigt eine Ansicht der Königlichen Münze an der Berliner Unterwasserstraße, in der die meisten Geldstücke der Kaiserzeit hergestellt wurden, links ein Detail vom Gilly-Schadow-Fries, das anno 1800 in die Fassade der Münze auf dem Werderschen Markt eingefügt wurde und heute als Kopie die Fassade der Münzstätte am Molkenmarkt schmückt.



Nur wenige Deutsche konnten in der Kaiserzeit von sich sagen, dass sie einen solchen Goldberg und mehr besitzen. Die "Berliner Illustrirte Zeitung" vom 14. November 1900 zeigte, wie dieses Riesenvermögen sauber gestapelt aussieht.



Statt Silberstücke zu fünf Mark wurden nach Kriegsbeginn die mit 4. August 1914 datierten Darlehnskassenscheine ausgegeben. (Foto/Repros: Caspar)

Nach dem deutsch-französischen Krieg von 1870/71 und der Ausrufung des preußischen Königs Wilhelm I. am 18. Januar 1871 im Schloss von Versailles zum deutschen Kaiser sowie ein paar Monate später dem Friedensschluss in Frankfurt am Main waren die Spannungen zwischen dem neuen Kaiserreich als Sieger und dem unterlegenen Frankreich nicht beendet. Frankreich musste Kontributionen in Höhe von fünf Milliarden Francs zahlen und Elsass-Lothringen an Deutschland abtreten. Beiderseits des Rheins wurden wütend Rachelieder gesungen, und weitere militärische Auseinandersetzungen waren nicht ausgeschlossen. Das Deutsche Reich richtete sich auf einen weiteren Krieg ein und legte Geldreserven an, die kurz vor dem Ersten Weltkrieg per Gesetz erheblich aufgestockt wurde. Die Maßnahmen hatten erhebliche Folgen für das Münzwesen, wie Händler und Sammler bestätigen können.

Am 8. April 1875 erschien in der regierungsnahen Zeitung "Post" der Artikel "Ist Krieg in Sicht?" Hinter dem Verfasser Constantin Rößler stand Reichskanzler Otto von Bismarck, der solche Artikel nutzte, um Aspekte seiner Politik zu verdeutlichen, ohne selber in Erscheinung zu treten. Der Pressebeitrag und weitere offiziöse Verlautbarungen drohten dem "Erbfeind" Frankreich mit einem Präventivkrieg, wenn es nicht seine massive Aufrüstung beendet. Mit der Kampagne sollte herausgefunden werden, wie sich die anderen europäischen Mächte bei einem erneuten deutsch-französischen Konflikt verhalten. Da die Großmächte nicht gewillt waren, dem Machtzuwachs des Deutschen Reichs tatenlos zuzusehen, sah sich Bismarck bemüßigt, durch diplomatische Mühen die Wogen zu glätten und das Misstrauen der Nachbarstaaten zu besänftigen.

Reichskriegsschatz im Juliusturm

Mit Blick auf aktuelle und kommende Probleme mit dem französischen "Erbfeind" wurden an verschieden Stellen im Deutschen Reich neue Festungen gebaut oder alte verstärkt. Überdies wurde ein "aus der von Frankreich zu entrichtenden Kriegentschädigung der Betrag von Vierzig Millionen Thalern zur Bildung eines in gemünztem Golde verwahrlich niederzulegender Reichskriegsschatz" gebildet, wie es im Gesetz vom 11. November 1871 heißt. "Ueber denselben kann zu Ausgaben nur für Zwecke der Mobilmachung und nur mittelst Kaiserlicher Anordnung unter vorgängig oder nachträglich eingeholter Zustimmung des Bundesrathes und des Reichstages verfügt werden", heißt es in dem von Kaiser Wilhelm I. unterzeichneten Text. In dem Gesetz ist zwar von 40 Millionen Talern die Rede, aber dieses Nominal war eigentlich schon abgeschafft, denn bezahlt wurde mit der neuen Einheitswährung Mark. Da ein Taler den Wert von drei Mark hatte, hatte der Schatz einen Umfang von 120 Millionen Mark.

Der Reichskriegsschatz wurde "zu Ausgaben nur für Zwecke der Mobilmachung" angelegt. Aus der Vergangenheit wusste man, dass die Mobilisierung und Ausrüstung von Truppen im Vorfeld eines Krieges wegen der vorgeschriebenen Bewilligung von Kriegskrediten durch das Parlament mit Schwierigkeiten und Zeitverlust verbunden ist, und dem wollte man durch Hinterlegung eines solchen Schatzes begegnen. Konkret setzte er sich aus einhundert Millionen Mark in Zwanzig-Mark-Stücken und zwanzig Millionen Mark in Zehn-Mark-Stücken zusammen. Die Goldmünzen wurden in einem großen Kraftakt hauptsächlich in der Berliner Münze mit dem Kopf von Kaiser Wilhelm I. geprägt und in 1200 Kisten mit je 100 000 Mark verpackt. Schaut man in die Reichsmünzenkataloge, dann fällt auf, dass 1872 in Berlin mit dem Münzzeichen A überproportional viele Goldmünzen zu den genannten Werten geprägt wurden. Viele kommen in der Qualität "Stempelglanz" vor und könnten aus dem Reichskriegsschatz stammen.

Aufbewahrungsort war die durch starke Bastionen geschützte Zitadelle in der damals noch selbstständigen Stadt Spandau vor den Toren Berlins. Errichtet im 16. Jahrhundert unter der Leitung des italienischen Festungsbaumeisters Rochus von Lynar, diente die durch meterdicke Wälle und Mauern geschützte Festung den Kurfürsten von Brandenburg und ab 1701 den Königen von Preußen als Bollwerk zum Schutz der Haupt- und Residenzstadt Berlin, aber auch als Staatsgefängnis sowie in Kriegs- und Krisenzeiten zur Aufbewahrung der Kronjuwelen und wichtiger Archivalien. Die Spandauer Zitadelle und ihr Juliusturm gibt es bis heute, die gut erhaltene Anlage ist ein einzigartiger Museums- und Kulturstandort. Soldaten hüteten in der Kaiserzeit das Gemäuer wie ihren Augapfel, und es ist nicht bekannt, dass eine einzige Münze jemals abhanden gekommen wäre. "Zweimal im Jahr öffnet sich das streng bewachte Thor des Turmes, und zwar einzig den beiden zur Prüfung des Schatzes bestimmten Mitgliedern der Reichsschuldentilgungskommission, denen sich die geheimnisvolle Thür aber auch nur gefügig zeigt, wenn sie gleichzeitig die in ihrem Besitz befindlichen, übrigens sehr zierlichen Schlüssel in das Schloss stecken", schrieb Paul Lindenberg in seinem Buch "Berlin in Wort und Bild" aus dem Jahr 1895. "Nachdem die Zeit der Öffnung genau in dem Protokoll vermerkt wurde, betreten die Beamten die Rotunde, in welcher die Millionen aufbewahrt sind, zerlegt in zwölf Abteilungen, deren jede wieder in zehn Unterabteilungen zerfällt, so dass jede der letzteren eine Million Mark umfasst. Jede dieser Einzelmillionen ist wiederum in zehn Beutel zu je einhunderttausend Mark verteilt, die in besonderen Kästen liegen".

Viel totes Kapital ohne Zinsen

Bei der sich regelmäßig wiederholenden Revision nahmen Beamte der Reichsschuldenverwaltung Stichproben vor. Wenn es keine Beanstandung gab, konnten sie davon ausgehen, dass der Bestand vollständig ist. "Neben diesem Reichskriegsschatz, der in Gold ein Gewicht von nahe 48 000 Kilogramm hat, befinden sich im Juliusturm auch noch drei andere Reichsfonds, für die Invalidenversorgung, für den Festungsbau und die Errichtung des Reichstagsgebäudes, die in ähnlicher Weise revidiert werden, nur dass es sich hier um Wertpapiere handelt, welche auf das genaueste mit den Angaben der Inventarbücher verglichen werden." Laut Lindenberg versank der Turm nach der Prüfung wieder in seiner Einsamkeit, "die nur durch den Schritt der Militärposten und durch den Schall des Ablösungskommandos unterbrochen wird".

Gelegentlich spekulierte die Presse über Sinn und Zweck des Reichskriegsschatzes und monierte, dass das Gold eigentlich totes Kapital ist, das keine Zinsen bringt. "Gold, in welcher Form und welchen Verhältnissen es immer erscheinen mag, behält seinen Werth, aber gleichwohl schrumpft der Schatz ein, wie Alles, was man abseits trägt im Strom des Lebens", heißt es in einem kritischen Zeitungsbeitrag aus dem Jahr 1880, der in der stadtgeschichtlichen Ausstellung neben dem Juliusturm gezeigt wird. Ein einfaches Rechenexempel lehre, dass diese 120 Millionen seither bereits 30 Millionen Zinserträge gebracht hätten. "Ach wir Armen! Was hätte sich mit dreißig Millionen Alles schaffen lassen", heißt es weiter. Der Beitrag endet mit Blick auf Reichskanzler Otto von Bismarck und den preußischen Generalfeldmarschall und Chef des Generalstabs Helmuth von Moltke mit diesem Stoßseufzer: "So lange die Culturvölker die stehenden Heere fort und fort wachsen lassen, so lange in Ost und West die Kriegsfurie lauert, mögen Bismarck und Moltke Recht behalten mit dem Ausspruche: In Bereitschaft sein, ist Alles". Moltke war übrigens derjenige, der den französischen Feind wenige Jahre nach dem Krieg von 1870/71 durch einen Präventivschlag zu Fall bringen wollte, weshalb er die Anlage des Goldschatzes befürwortete.

Das Deutsche Reich führte bis 1914 zwar Kriege, aber keinen gegen Frankreich, England, Russland und andere europäische Staaten. Deshalb wurde der Reichskriegsschatz all die Jahre auch nicht angetastet. Durch ein Gesetz vom 3. Juli 1913 wurde der Reichskanzler, das war damals Theobald von Bethmann Hollweg, ermächtigt, "bis zur Höhe von 120 Millionen Mark einen zur Befriedigung eines außerordentlichen Bedarfs dienenden Bestand an Silbermünzen zu beschaffen" und diese Summe auch ausprägen zu lassen. Auch hier war die Folge, dass die Zahl der in den damals sechs deutschen Münzanstalten hergestellten Silbermünzen im Wert von einer halben Mark bis fünf Mark zum Teil stark anstieg. Die Häufigkeit der Jahrgänge 1913 und 1914 schlägt sich auch in den Preisen nieder, die bis heute vom Münzhandel verlangt und von den Sammlern bezahlt werden. Nach Beginn des Ersten Weltkriegs wurde die Herstellung von Silber- und Goldmünzen gedrosselt und kam bis zum Ende des bis dahin schlimmsten aller Kriege fast zum Erliegen. Auf Vorrat hergestellte Geldstücke kamen kaum oder überhaupt nicht zur mehr Ausgabe, was ihr spärliches Vorkommen und ihre Preise heute erklärt. Finanzbedarf in kritischen Zeiten

Der seit Beginn der Kaiserzeit im Spandauer Juliusturm "schmorende" Reichskriegsschatz wurde mit dem gleichen Gesetz von 120 auf 240 Millionen Mark verdoppelt. Die Maßnahme wurde mit gesteigerten Ansprüchen in kritischen Zeiten begründet. "Beide Maßnahmen verfolgen den Zweck", heißt es in der Begründung, "dem Finanzwesen des Reichs gegenüber den in kritischen Zeiten gesteigerten Ansprüchen eine größere Widerstandsfähigkeit zu verleihen." In Kriegszeiten werde sich der Bedarf an Hartgeld außerordentlich zunehmen. Es gehe nicht nur um die Befriedigung der Ansprüche von Heer und Marine mit dem Eintritt in die Mobilmachung und Löhnung der Truppen, sondern auch um den "allgemeinen Verkehr in kritischen Zeiten". Das Gesetz und die Begründung sind mit weiteren Texten in dem Buch von Karl-Dieter Seidel "Die deutsche Geldgesetzgebung seit 1871" abgedruckt, das 444 Seiten umfasst und 1973 im Verlag Egon Beckenbauer erschien und eine Fundgrube für Wirtschaftshistoriker und Numismatiker darstellt. Eine Analyse der wirtschafts- und währungspolitischen Vorbereitungen des Deutschen Reichs auf einen möglichen Krieg und darin eingeschlossen die Maßnahmen auf dem Gebiet der Münzprägung und Notenausgabe hat Reinhold Zilch in dem Buch "Die Reichsbank und die finanzielle Kriegsvorbereitung 1907 bis 1914" vorgelegt (Berlin: Akademie-Verlag 1987, 239 Seiten).

Es gebe es einen erhöhten Bedarf an metallischen Zahlungsmitteln, heißt es in dem Gesetzeskommentar von 1913, was bei den jüngsten Balkanwirren, gemeint waren die Kriege von 1912 und 1913, zu beobachten war. Die blutigen Auseinandersetzungen auf dem Balkan enthielten den Zündstoff für weitere Konflikte, denn weder Serbien, Griechenland und Bulgarien noch das vom Deutschen Reich unterstützte Osmanische Reich waren bereit, sich mit den neuen Grenzen abzufinden und strebten eine Revision der Friedensverträge an. Diese Forderungen wurden alsbald Gegenstand weiterer Kämpfe und des Attentats in Sarajewo, die geradewegs in den Ersten Weltkrieg führten. In den Balkankriegen verloren ungefähr eine halbe Million Soldaten ihr Leben. Massaker, Flucht und Vertreibungen forderten eine riesige Zahl an Opfer in der Zivilbevölkerung.

Papiergeld statt Edelmetall

Um im Deutschen Reich den angesichts drohender Kriegsgefahr zu erwartenden Bedarf an Silbermünzen zu befriedigen, wollte die Reichsregierung deren Prägezahl "im voraus" deutlich erhöhen. Aus diesem Grund sei es nötig, einen "für außerordentliche Zwecke bestimmten Silbervorrat schon in Friedenszeiten für Rechnung des Reichs anzuschaffen und bei der Reichsbank zu sofortiger Verwendung im gegebenen Falle verwahrlich niederzulegen." In ruhigen Zeiten könne die Silbereserve wieder "abgesondert", das heißt aufgelöst werden. Ziel des Gesetzes über die Änderung im Finanzwesen vom 3. Juli 1913 war es, genügend flüssiges Geld einerseits für die Mobilmachung zur Verfügung zu haben und andererseits der zu erwartenden Panik in der Bevölkerung zu begegnen. "Ein auf das Doppelte vermehrter Reichskriegsschatz würde mithin die Möglichkeit bieten, 720 Millionen Mark mehr in Noten zu Zahlungen für Heer und Marine sowie für den allgemeinen Verkehr verfügbar zu machen. Demgegenüber können die in der Zinslosigkeit des Reichskriegsschatzes liegenden wirtschaftlichen Nachteile als ausschlaggebend gegen die hier vorgeschlagenen Maßnahmen nicht erachtet werden."

Der im Juliusturm der Spandauer Zitadelle in Form von Goldmünzen eingelagerte Schatz diente auch der Deckung von neu auszugebenden Reichskassenscheinen. "Da mithin die vorgesehene Vermehrung der Reichskassenscheine nur einen Ersatz des zur Stärkung der Reichsbank für die außerordentlichen Ansprüche des Krieges niedergelegten Goldbetrags bieten soll, so sind irgendwelche Gefahren einer Inflation der Volkswirtschaft mit unterwertigen Geldzeichen nicht zu besorgen." Als dann am 1. August 1914 der Erste Weltkrieg begann und sich binnen kurzer Zeit zu einem schrecklichen Weltenbrand entwickelte, zeigte sich ziemlich schnell, dass die angehäuften Gold- und Silberreserven bei weitem nicht ausreichten, um die Kosten für das Militär und die Rüstung zu decken. Um sich eine Vorstellung zu machen, wie ein Berg von Goldmünzen im Wert von einer Million Mark aussieht, wurde dieser der staunenden Öffentlichkeit in der Berliner Illustrirten Zeitung vom 14. Dezember 1900 vorgeführt. Drei Beamte waren in der Berliner Reichsbank damit beschäftigt, 50 000 Zwanzig-Mark-Stücke zu einem goldenen Block in den Maßen 117 mal 47 mal 7 Zentimeter aufzuschichten. Das Gold brachte ein Gewicht von acht Zentnern auf die Waage.

Goldene Kriegsentschädigung

Nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg und der Abdankung von Kaiser Wilhelm II. und der anderen deutschen Bundesfürsten im Zuge der Novemberevolution von 1918 musste Deutschland aufgrund des 1919 unterzeichneten Versailler Friedensvertrags erhebliche Reparationszahlungen an die Siegermächte entrichten und bedeutende Landesteile an umliegende Staaten abtreten. Die Bestimmungen des von vielen Menschen als "Schandfrieden" und "Diktat von Versailles" bekämpften Friedensschlusses legten den Grund für neue Zwistigkeiten und trugen ganz wesentlich zum Aufstieg der Nationalsozialisten und führten in blutiger Konsequenz direkt in den Zweiten Weltkrieg. Eine erste Rate von 20 Milliarden Goldmark war bis April 1921 zu zahlen. Zu den Entschädigungen wurde auch der Reichskriegsschatz herangezogen. Die immensen Geld- und Sachleistungen wuchsen sich zu schweren Belastungen aus und wurden sowohl von der extremen Rechten als auch der extremen Linken zur Agitation gegen die Weimarer Republik in Stellung gebracht. Der Kriegsschuldartikel 231 des Versailler Vertrages löste in breiten Bevölkerungsschichten heftige Emotionen aus. In ihm wurde erklärt: "Die alliierten und assoziierten Regierungen erklären, und Deutschland erkennt an, dass Deutschland und seine Verbündeten als Urheber für alle Verluste und Schäden verantwortlich sind, die die alliierten und assoziierten Regierungen und ihre Staatsangehörigen infolge des ihnen durch den Angriff Deutschlands und seiner Verbündeten aufgezwungenen Krieges erlitten haben." Die hohen Reparationslieferungen und Zahlungen sowie die im Versailler Vertrag festgeschriebene Schuldzuweisung trugen wesentlich zur politischen und ökonomischen Instabilität der ersten deutschen Republik bei.

Nicht einmal zehn Jahre hatte die schwere Tresortür am Eingang zum Juliusturm ihre Aufgabe erfüllt, das Millionenvermögen des Deutschen Reichs vor fremdem Zugriff zu schützen. Wie man auf einem kleinen Messingschild am Eingang zum Juliusturm lesen kann, wurde die Tresortür erst 1910 eingebaut. Sie wiegt 3000 Kilogramm und ist das älteste Portal dieser Art im Berliner Raum. 1987, als in beiden Teilen Berlins die Siebenhundertfünfzigjahrfeier der Stadt begangen wurde, hat man die Tür restauriert und wieder funktionstüchtig gemacht. Wer sie passiert, gelangt in das Innere des Juliusturms und kann dort über 145 Treppenstufen auf die Aussichtsplattform steigen und einen wunderbaren Rundblick auf Spandau, seine Zitadelle und die Umgebung genießen. In einer Ausstellung neben dem Juliusturm wird die Geschichte der berühmten Renaissancefestung am Rande von Berlin, aber auch die weiterer Festungen in der Mark Brandenburg erzählt. Dazu sind in den Vitrinen Bilder, Dokumente, Waffen und Uniformen ausgelegt.

31. Oktober 2017

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