Begehrtes "Fer de Berlin"
Im Jahr 1804 wurde in Preußens Hauptstadt die Königliche Eisengießerei gegründet, 70 Jahre später war sie am Ende



In der preußischen Haupt- und Residenzstadt Berlin wurde 1804 die Königliche Eisengießerei gegründet, ein Staatsbetrieb, der bis 1874 existierte.





Zahlreiche Erzeugnisse der Königlichen Eisengießerei zu Berlin sind in einzelnen Häusern der Stiftung Stadtmuseum ausgestellt, außerdem befinden sich Objekte in weiteren öffentlichen und privaten Sammlungen. Unter ihnen figürlich gestaltete Spiegel und Miniaturausgaben von Denkmälern und Büsten.



Wie es in einer Gießerei des 19. Jahrhunderts zugeht, schildert das Relief vom Beuth-Denkmal auf dem Berliner Schinkelplatz.



Im Glienicker Schlossgarten stehen verschiedene Skulpturen aus Bronze, Eisen und Marmor. Da die Materialien empfindlich sind, sorgen Restauratoren ständig für ihre Konservierung vor schädlichen Umwelteinflüssen.



Filigraner Schmuck für die Dame waren im frühen 19. Jahrhundert en vogue und wurde in bester Qualität von der Königlichen Eisengießerei geliefert. Die Stücke sind heute begehrte Sammelobjekte.



Die Neujahrsplakette aus dem Jahr 1816 zeigt das Brandenburger Tor sowie aktuellen Erzeugnissen der zwölf Jahre zuvor gegründeten Königlichen Eisengießerei geschmückt. (Fotos/Repro: Caspar)

Die 1804 gegründete und am Rand von Berlin eingerichtete Königliche Eisengießerei produzierte alles aus dem magnetischen Metall, was gut, schön und nützlich war - Kanonen und Denkmäler, Gartenplastiken und Möbel, Geschirr, Schmuck und vieles andere. Zunächst wurde das preiswerte Eisen verwendet, mit den Jahren aber ging die Gießerei auch zur teureren Bronze und zum Zink über. Bedeutende Künstler wie Karl Friedrich Schinkel, Christian Daniel Rauch, Johann Gottfried Schadow, Wilhelm August Stilarsky, August Kiss oder Leonhard Posch entwarfen die Modelle für das begehrte "Fer de Berlin", wie das Berliner Eisen alsbald genannt wurde. Wie die schon seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert produzierten Eisengüsse in Lauchhammer und Peitz wurden die Erzeugnisse der Königlichen Eisengießerei Berlin und der beiden anderen königlich-preußischen Eisengießereien in Gleiwitz und Sayn in alle Himmelsrichtungen verkauft. Ansässig war die Berliner Eisengießerei am Rande "Vor dem Neuen Tor" am Rande der Hauptstadt. Wegen der rauchenden Schlote erhielt das bei den Berlinern und ihren Gästen viel besuchte und bestaunte Areal den treffenden Namen "Feuerland". In der Berliner Invalidenstraße erinnert an einem Neubau des heutigen Bundesbauministeriums eine Bild- und Schrifttafel enthüllt.

Gold gab ich für Eisen

Künstlerische Eisengüsse sind keine Erfindung des 18. und 19. Jahrhunderts. Schon früher wurden verzierte Ofenplatten und andere formschön dekorierte Erzeugnisse hergestellt und in "gehobenen" Haushalten, ja auch in fürstlichen Schlössern verwendet. Richtig modisch wurde der Eisenkunstguss in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Zahlreiche Persönlichkeiten vom König und seiner Familie abwärts ließen sich auf Eisenmedaillons porträtieren, die aus "besseren" Wohnzimmern jener Zeit nicht wegzudenken sind. Begünstigend für den Erfolg der Berliner Gießerei waren die politischen und militärischen Ereignisse von 1806 und den folgenden Jahren. Preußen geriet nach der Niederlage im Krieg gegen Frankreich in eine schwere Krise. Die Zeit der Stein-Hardenberg'schen Reformen begann. Zur Bezahlung der hohen Kontributionen an das siegreiche Frankreich wurden Geld- und Edelmetallsammlungen veranstaltet, und als in der Zeit der Befreiungskriege Freiwillige zum Kampf gegen Napoleons Truppen ausgerüstet werden mussten, wurde zu Spenden im Rahmen der Aktion "Gold gab ich für Eisen" aufgerufen. Angesprochen wurden Frauen, sich von "jeder entbehrlichen werthvollen Kleinigkeit", also von Schmuck, zu trennen und diesen zur Rettung des Vaterlandes zu spenden. So kamen viele Ringe und Juwelen in die Metallschmelze, und im Gegenzug erhielten die Spender als Quittung Schmuckstücke und Ringe aus Eisen. Ausgenommen von der Metallspende waren Eheringe, die Leute sollten ihr Letztes und Bestes denn doch behalten.

Der königliche Hof ließ große Bestände seines Tafelsilbers einschmelzen, und statt sich mit Hals-, Ohr-, Finger- und Armschmuck aus Gold oder Silber zu verzieren, tat man es nun aus filigranem Eisen. Die Berliner Gießerei, die sich auf filigranen Eisenschmuck spezialisiert hatte, kam mit der Nachlieferung kaum nach. Das bei ungenügender Pflege schnell rostende Metall avancierte in jenen Jahren zum patriotischen Stoff. Karl Friedrich Schinkel, Preußens oberster Baumeister, entwarf Denkmäler aus Eisen. gefertigt wurden. Um den empfindlichen Skulpturen ein langes Leben zu geben, wurden sie dunkelgrün angestrichen und partiell auch vergoldet. Ein besonders schönes Beispiel für eiserne Monumente ist das Denkmal zur Erinnerung an die Befreiungskriege auf dem Berliner Kreuzberg, damals vor der Stadt gelegen, heute inmitten eines dicht besiedelten Bezirks.

Manches hat sich noch erhalten

Erwähnt sei, dass die französischen Besatzer, die es sich nach der Niederlage vom Oktober 1806 in Berlin und Preußen bequem gemacht hatten, Berliner Kunstgüsse requirierten, um nach ihnen in Paris selber produzieren zu können. Das aber geschah mit mäßigem Erfolg, denn die Arbeiter und Angestellten der Berliner Gießerei behielten die Betriebsgeheimnisse nicht preis. Seine bedeutendste Zeit hatte der Berliner Betrieb nach den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815, als sie unzählige Denkmäler und Grabkreuze, aber auch Gartenmöbel und Brückengeländer häufig nach Schinkels Entwürfen herstellte. Von ihnen sind manche Stücke in Museen und unter freiem Himmel erhalten. Wenn man durch die Stadt geht, dann sieht man da und dort gusseiserne Säulen und Kandelaber, aber auch Brückenkonstruktionen und andere im Bauwesen eingesetzte Stützelemente.

Als im Revolutionsjahr 1848 ein Brand wesentliche Teile der Berliner Eisengießerei vernichtet hatte, ging es mit dem "Feuerland" bergab. Die Königliche Eisengießerei konnte die Verluste der Modelle und Entwurfszeichnungen nicht mehr wettmachen. Der Betrieb zehrte eine Zeitlang noch von vergangenem Ruhm, schuf aber kaum Neues. Zum Niedergang trug der Wandel im Geschmack des Publikums bei, denn jetzt wurden Skulpturen, Schmuck und Gerätschaften aus edleren Metallen, etwa Bronze oder Silber, verlangt. Die Aufgaben der Königlichen Eisengießerei übernahmen verschiedene Privatunternehmen, die das Land mit großartigen Denkmälern und allerlei Gerätschaften für Tisch und Kommode versorgten.

Begehrte Museumsstücke

Seit seiner Gründung im Jahr 1874 hat das Märkische Museum Erzeugnisse der Berliner Eisengießerei gesammelt. Nachdem die Bestände des ehemals in West-Berlin ansässigen Berlin-Museums mit denen des Märkischen Museums zusammen gelegt wurden, verfügt die Stiftung Stadtmuseum nunmehr über Tische und Stühle, Kandelaber und Lampen aus geschwärztem Eisen, des weiteren Taufbecken, Skulpturen, Reliefs, Gefäße, Schreibzeuge und andere reich dekorierte Gerätschaften. Hinzu kommt eine beachtliche Kollektion von Schmuckgegenständen und gegossenen Medaillen und Plaketten. Im Museum sind unter anderem die berühmten Neujahrsplaketten zu sehen, die die Berliner Gießerei zwischen 1805 und 1849 produziert hat.

Die flachen querformatigen Reliefs aus geschwärztem Eisen waren für den König, den Hof, führende Beamte in den Ministerien und Geschäftsfreunde bestimmt und machten Werbung für die Gießerei und ihre Produkte. Dargestellt sind Standbilder, Brückengeländer, Maschinenteile, Grabkreuze, Kanonen, Munition und vieles andere. Man erkennt auf den etwa 65 mal 86 mm großen Tafeln auch Berliner Bauten und Denkmäler wie das Brandenburger Tor, das Zeughaus, das Kreuzbergdenkmal, das Reiterdenkmal des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm und die Schlossbrücke. Auf einem Exemplar von 1816 ist eine ganz frühe Dampfmaschine abgebildet, auf einer anderen von 1814 erkennt man das 1813 von König Friedrich Wilhelm III. gestiftete Eiserne Kreuz, das nach einem Entwurf von Schinkel in der Berliner Gießerei hergestellt wurde. Die Neujahrsplaketten waren so beliebt, dass man mehrere in Rahmen zusammenfasste und als Wandschmuck verwendete. Manche auf den bei Sammlern beliebten Eisenplaketten dargestellte Bauten und Denkmäler existieren nicht mehr, haben aber durch die Miniaturen aus "Fer de Berlin" überlebt.

11. April 2018

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