Sagenhafter Aufstieg an die Spitze des Reiches
Dem aus Bayern stammenden Kaiser Karl VII. war wenig Glück beschieden, seine Medaillen aber sehen prächtig aus



So bunt und aufgeregt ging es 1690 bei der Auswerfung von Münzen anlässlich der Krönung Josephs I. zum Römischen König in Augsburg zu. So ähnlich dürfte der Volksauflauf 1742 bei der Krönung Karls VII. in Frankfurt am Main gewesen sein.





Obwohl Karl VII. Prunk und Pomp liebte und zelebrierte, konnte er sich nur, gesundheitlich angeschlagen und kraftlos, kurz als Kaiser behaupten. Der untere Kupferstich zeigt die Insignien, die bei Kaiserkrönungen getragen wurden.





Auf verschiedene Weise und in unterschiedlicher Qualität haben Medailleure dem Kaiser Karl VII. anlässlich seiner Krönung in Frankfurt am Main gehuldigt. Mit der Medaille oben huldigte die Stadt Köln ihrem Reichsoberhaupt. (Fotos/Repros: Caspar)

Mit einigen Ausnahmen haben Angehörige des Hauses Habsburg seit Rudolf I. (1273-1291) die Krone und Insignien der römisch-deutscher Kaiser getragen. Das höchste Amt im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation war sozusagen dieser nach ihrer Stammburg im heutigen Schweizer Kanton Aargau benannten Dynastie bis zum Ende des Reiches 1806 eigen. Lediglich wurde einige Jahrzehnte vor und nach 1400 die Erfolgsserie durch andere Dynasten aus dem Hause Nassau, Luxemburg und Wittelsbach unterbrochen. Es dauerte lange, bis nach dem Tod des Habsburgers Karl VI., des Vaters der Maria Theresia, anno 1742 Karl Albrecht, Kurfürst von Bayern, zum Kaiser gewählt wurde. Er wird als ein gutmütiger und verträglicher Mann geschildert, der allerdings fragwürdige Erbansprüche auf Habsburgische Lande erhob und aus ihnen Rechte auf die römisch-deutsche Kaiserkrone ableitete.

Der sagenhafte Aufstieg des Kurfürsten von Bayern an die Spitze des Reiches brachte eine Fülle von Medaillen hervor, an deren Fertigung talentierte Stempelschneider wie Johann Leonhard Oexlein, Andreas Schega, Franz Andreas Vestner, Peter Paul Werner, und andere beteiligt waren. Mit Bildnissen des an seiner stark gekrümmten Nase sofort zu erkennenden Herrschers geschmückt, entfalten sie den ganzen Prunk barocker Kunst, etwa wenn der doppelköpfige Reichsadler gemeinsam mit dem bayerischen Löwen unter dem strahlenden Gottesauge als Wächter des Reiches auftreten oder antike Botinnen den Ruhm des neuen Kaisers hinaus in die Welt posaunen. Dann gibt es Medaillen, auf denen Germania, die Personifikation des Reiches, unter einem Palmenbaum Platz nimmt, einen Ölzweig und ein Füllhorn in den Händen und einen gekrönten Löwen an der Seite. Die Allegorie will sagen, dass das Reich unter der Herrschaft des neuen Kaisers Glück und Wohlstand erleben wird, was natürlich nicht eintrat. Denn als diese und weitere Medaillen geprägt wurden, tobten die Schlesischen Kriege, die nach einigen Unterbrechungen erst 1763 durch den Frieden von Hubertusburg beendet wurden.

Um das Erbe des in Wien residierenden Karl VI. antreten zu können und das für die Kaiserwahl zuständige Kurfürstenkollegium zu ermuntern, ihm die dafür notwendigen Stimmen zu geben, entfaltete Karl Albrecht eine ungeheure Pracht, die der Größe und wirtschaftlichen Kraft seines agrarisch geprägten Landes nicht entsprach. In völliger Verkennung seiner Möglichkeiten und ganz auf die Erlangung der Kaiserwürde erpicht, ließ sich der Wittelsbacher am 19. Dezember 1741 zum König von Böhmen ausrufen und am 24. Januar 1742 zum römisch-deutschen Kaiser mit dem Namen Karl VII. wählen. Hilfreich waren hierbei weniger sonderliche Sympathien für den Bayern, sondern das Bestreben anderer Potentaten, der Habsburgermonarchie und insbesondere Maria Theresia als Erbin ihres Vaters Karl VI. zu schaden. Zeitweiliger Verbündeter des Bayern war der 1740 auf den preußischen Thron gelangte König Friedrich II., den man später den Großen nannte. Lange konnte sich Karl VII. seiner neuen Würde nicht erfreuen, denn er starb bereits am 20. Januar 1745 und wurde in der Münchner Theatiner-Kirche bestattet. Sein Wunsch, aus Bayern ein Königreich zu machen, ging ebenso wenig in Erfüllung wie die Durchsetzung seiner Erbansprüche, auf die er durch die Heirat mit der Erzherzogin Anna Amalia, einer Tochter des 1711 verstorbenen Kaisers Joseph I., glaubte erheben zu können.

Der frühe Tod des bayerischen Kaisers wurde wie seine märchenhafte Karriere durch weitere prächtige Medaillen mit Ansichten eines gekrönten Sarkophages, einem zum Himmel aufsteigenden Adler und anderen Bildern voll tiefer Symbolik sowie ruhmreichen Inschriften gewürdigt. Angeboten werden die Prägestücke mit thronendem Kaiser, Kronen, Adlern, aufgehender Sonne, Stadtansichten und anderen Motiven regelmäßig im Münzhandel. Erfasst sind sie, soweit es sich um Stücke aus dem Bestand des Frankfurter Münzkabinetts handelt, in dem 1992 veröffentlichten Buch "Frankfurter Krönungsmedaillen" von Gisela Förschner. Zu sehen sind dort einfache und doppelte Dukaten sowie Silberabschläge von ihnen, die man bei der Krönungszeremonie nach altem Brauch unters Volk warf, aber auch die zahlreiche Prunkmedaillen aus Gold und Silber sowie aus Kupfer und Zinn.

Nach dem antiken Motto "Brot und Spiele" haben Kaiser, Könige und andere Fürsten nach ihrer Thronbesteigung oder Krönung beziehungsweise bei Huldigungshandlungen ihre zu den Feierlichkeiten erschienenen Untertanen mit dem Fleisch von gebratenen Ochsen oder anderen Tieren sowie Wein und Bier beköstigt. Der Brauch ist uralt und soll mit der Freigabe des Weges zu tun gehabt haben, den ein Krönungs-, Hochzeits-, Kindtauf- oder Trauerzug nahm. Das Ausstreuen von Münzen verfolgte zwei Ziele, gegen diese Belohnung eine tatsächliche oder nur imaginäre Wegsperre zu überwinden sowie das Gedächtnis an eine Haupt- und Staatsaktion, wie man festliche Ereignisse wie Königs- und Kaiserwahlen sowie Huldigungen nannte, zu festigen.

Kein Geringerer als Johann Wolfgang von Goethe hat in seinen Erinnerungen "Dichtung und Wahrheit, Erster Teil, 5. Buch)" notiert, was er 1765 als junger Bursche in seiner Heimatstadt Frankfurt am Main erlebte, als Joseph II., der Sohn von Kaiser Franz I. und Maria Theresia, zum Mitregenten gekrönt wurde. Die betreffende Stelle im Ersten Teil und Fünften Buch von "Dichtung und Wahrheit" lautet so: "...aller Augen warteten auf den Erbschatzmeister, der das Geld auswerfen sollte. Auch er bestieg ein schönes Ross, dem zu beiden Seiten des Sattels anstatt der Pistolenhalftern ein Paar prächtige, mit dem kurfürstlichen Wappen bestickte Beutel befestigt hingen. Kaum hatte er sich in Bewegung gesetzt, als er in diese Taschen griff und rechts und links Gold- und Silbermünzen freigebig ausstreute, welche jedes Mal in der Luft als ein metallner Regen gar lustig glänzten. Tausende Hände zappelten augenblicklich in die Höhe, um die Gaben zu empfangen; kaum aber waren die Münzen niedergefallen, so wühlte die Massen in sich selbst gegen den Boden und rang gewaltig um die Stücke, welche zur Erde gekommen sein. Da nun diese Bewegung von beiden Seiten sich immer wiederholte, wie der Geber vorwärts ritt, so war es für die Zuschauer ein sehr belustigender Anblick. Zum Schlusse ging es am allerlebhaftesten her, als er die Beutel selbst auswarf und ein jeder noch diesen höchsten Preis zu erhaschen trachtete."

22. Juni 2018

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