Im Schmelztiegel vergangen
Potsdamer Monarchenfiguren und Soldatenmonumente fielen in DDR-Zeiten ideologischer Verdammung zum Opfer



Vom Potsdamer Stadtschloss, dessen Kriegsruine 1960 abgerissen wurde und das als Sitz des Brandenburgischen Landtags seine Wiedergeburt erlebte, hatte der Soldatenkönig einen guten Blick auf die vor ihm paradierenden und exerzierenden "Langen Kerls" mit den charakteristischen turmförmigen Helmen.



Der Sohn des Soldatenkönigs, Friedrich II., der Große, erhob sich, den Dreispitz auf dem Kopf und den Stock in der Hand, auf der "Plantage" hinter der Garnisonkirche.



Das Standbild König Friedrich Wilhelms III. fand keine Gnade, der zu dem Königsmonument gehörende Granitsockel stand eine Zeitlang auf dem Platz der Einheit, der bis 1945 Wilhelmplatz hieß. Historische Grafik aus dem 19. Jahrhundert.



Im Stadtbild nicht mehr auffindbar ist die in der Kaiserzeit mit Soldatenfiguren geschmückte Lange Brücke.





Während in Potsdam Denkmäler zur Erinnerung an die Gefallenen der Befreiungskriege 1813 bis 1815 und des Ersten Weltkriegs auf dem Alten und dem Neuen Friedhof nach 1945 stehen gelassen wurden, kann man das Denkmal "Der Feldgraue" neben der Bethlehemkirche im Ortsteil Babelsberg und die Gedenksäule neben der Garnisonkirche zur Erinnerung an die Gefallenen des 1. Garde-Regiments zu Fuß nur auf alten Postkarten betrachten. In vielen Kirchen haben Hinterbliebene Tafeln mit den Namen der für König und Vaterland gefallenen Soldaten aufgehängt.



In der Nähe des alten Marstalls und heutigen Filmmuseums hält der aus Preußen stammende, vor allem in den USA verehrte General Friedrich Wilhelm von Steuben Wache. Nach ihm ist die alljährlich auf der Fifth Avenue in New York stattfindende Steubenparade benannt. (Fotos/Repros: Caspar)

Von den vielen Monarchen- und Kriegerdenkmälern in der ehemaligen preußischen Residenz- und Garnisonstadt und heutigen brandenburgischen Landeshauptstadt Potsdam ist fast nichts übrig geblieben. Lediglich die Monumente im Park von Sanssouci haben die Vernichtung im Zweiten Weltkrieg und kommunistischen Bildersturm nach 1945 überlebt. Im Potsdamer Lustgarten stand, den Blick auf das barocke Stadtschloss und die klassizistische Nikolaikirche gerichtet, das Denkmal des preußischen Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. Die 1885 enthüllte Bronzefigur auf einem Granitsockel war eine Wiederholung des Standbildes von Karl Hilger, das mit weiteren brandenburgisch-preußischen Herrschermonumenten das in eine Ruhmeshalle des deutschen Kaiserreichs umgebaute Zeughaus Unter den Linden in Berlin, das heutige Deutsche Historische Museum, schmückte.

Vom Stadtschloss hatte der Monarch einen guten Blick auf die auf dem staubigen Lustgarten paradierenden und exerzierenden "Langen Kerls". Daher war der Standort gut gewählt, denn der Lustgarten war entgegen seinem verheißungsvollen Namen unter diesem Monarchen ein staubiger Exerzierplatz, auf dem die "Langen Kerls" bis zum Umfallen marschieren, präsentieren, Gewehre laden und sonst was machen mussten. Sie waren schutzlos ihren Kommandeuren ausgeliefert, die keinen Widerspruch duldeten. Dieser hätte Prügelstrafe und Schlimmeres nach sich gezogen. Viele Soldaten Seiner Majestät entzogen sich durch Flucht dem unmenschlichen Drill, doch wenn sie geschnappt wurden, waren sie des Todes. Die Figur kam mit weitern Herrscherskulpturen aus dem Berliner Zeughaus, heute Deutsches Historisches Museum, nach dem Zweiten Weltkrieg auf die Burg Hohenzollern in Hechingen, den Stammsitz der brandenburgischen und preußischen Dynastie, und können dort besichtigt werden.

Ehrenschmuck zum Lobe der Hohenzollern

Der Sohn des Soldatenkönigs, Friedrich II., erhob sich als Bronzefigur auf der "Plantage", einer Grünfläche hinter der Garnisonkirche. Auch dieses Monument verging im Schmelztiegel. Das Denkmal wurde 1901, zur Zweihundertjahrfeier des preußischen Königtums, als Geschenk Kaiser Wilhelms II. an die Residenzstadt aufgestellt. Der Große König schaute hinüber auf die Garnisonskirche, in der er 1786 gegen seinen testamentarischen Willen an der Seite seines 1740 verstorbenen Vaters bestattet wurde. Das Friedrich-Denkmal auf der Plantage ist eine Kopie der von Joseph Uphues für die Berliner Siegesallee geschaffenen Marmorfigur des Preußenkönigs. Die Siegesallee wurde als Geschenk Kaiser Wilhelms II. an die Haupt- und Residenzstadt Berlin "zur Erinnerung an die ruhmreiche Vergangenheit unseres Vaterlandes" von namhaften Bildhauern geschaffen und 1901 fertig gestellt.

In der Bevölkerung und der Kunstkritik stieß der "Ehrenschmuck" zum Lobe der Hohenzollern, wie Wilhelm II. seine Gabe an Berlin nannte, auf Unverständnis und Kritik. Diese hinderte den Kaiser nicht daran, ihre Wirkung durch Aufstellung von Nachgüssen außerhalb Berlins und im Ausland zu verstärken. Eine Kopie aus Marmor stand vor der Neptungrotte und schmückt heute den Vorgarten der Generaldirektion der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg im Park Sanssouci.

Vernichtet, vergessen und verdrängt sind, um den Titel eines 1993 erschienenen Buches über die Militärbauten und militärischen Denkmäler in Potsdam aufzugreifen, die vielen Kriegerdenkmäler in und um Potsdam. Erhalten blieben die Monumente zur Erinnerung an die aus Potsdam stammenden Gefallenen der Befreiungskriege von 1813 bis 1815 und die Gefallenen des Sanitätskorps im Ersten Weltkrieg auf dem Alten Friedhof beziehungsweise vor dem Neuen Friedhof an der Heinrich-Mann-Allee. Fast alle Potsdamer Kriegerdenkmäler wurden wenige Jahre nach dem Ersten Weltkrieg errichtet und gingen im oder nach dem Zweiten Weltkrieg unter.

Kaiser Wilhelm I. musste weichen

Verloren ist auch eine von dem Bildhauer Franz Dorrenbach geschaffene steinerne Gedenksäule zur Erinnerung an die Gefallenen des in Potsdam stationierten 1. Garde-Regiments zu Fuß. Der Obelisk wurde 1924, zehn Jahre nach Beginn des Ersten Weltkriegs, neben der Potsdamer Garnisonkirche eingeweiht und bildete den Mittelpunkt von schaurig-schönen Heldengedenkfeiern. Unter der Büste Friedrichs II. in einem Medaillon reichten sich ein "Langer Kerl" und ein Soldat des Ersten Weltkriegs die Hände. Die Widmung SEMPER TALIS (Immer gleich) war der Wahlspruch des 1. Garderegiments zu Fuß und ist es heute des Wachbataillons beim Bundesministerium der Verteidigung - ein Lump, der schlechtes dabei denkt…

Beseitigt wurde nach 1945 der aus Soldaten und Trophäen bestehende und von kommunistischen Bilderstürmern als militaristisch empfundene Figurenschmuck auf der damaligen Kaiser-Wilhelm-Brücke, der heutigen Langen Brücke. Die Standbilder von Soldaten Potsdamer Regimenter sind Werke des Bildhauers Ernst Herter. Ihre Aufstellung war eine Herzensangelegenheit Wilhelms II., der den Brückenschmuck zum Teil aus seiner Privatschatulle bezahlte. Die zum Brückenschmuck gehörenden Zinkgusstrophäen wurden bereits 1934 im Zusammenhang mit Umbauarbeiten verschrottet. Sie alle erinnerten daran, dass Potsdam nicht nur Residenzstadt der Hohenzollern war, sondern auch Standort zahlreicher in Kasernen untergebrachter Soldaten war.

Vor der Rüstungsindustrie verschont

Bereits im Ersten Weltkrieg genehmigte Wilhelm II. zugunsten der Rüstungsindustrie den Abbau von Bronzefiguren im Park Sanssouci und im Babelsberger Park, strich aber aus einer ihm 1917 vorgelegten Liste künstlerisch wertvolle Skulpturen sowie Erinnerungsstücke an den deutsch-französischen Krieg 1870/71 und ließ sie stehen. 1940 wurden die als "Metallspende des Deutschen Volkes" vorgesehenen Potsdamer Denkmäler aus Bronze und Kupfer in vier Kategorien eingeteilt. Der damalige Oberbürgermeister Hans Friedrichs ließ fünf Hohenzollerndenkmäler "wegen ihres besonderen künstlerischen Wertes, im übrigen aus historischen Gründen" von der Ablieferung herausnehmen. Hingegen wurde bei den Krieger- und Regimentsdenkmälern und "sonstigen Denkmälern" wurde festgestellt, ihre Abgabe würde dem Stadtbild wenig schaden.

Zählt man alle in Frage kommenden Monarchen- und Kriegerdenkmäler in Potsdam und den eingemeindeten Ortschaften (ohne Schlösser und Gärten) zusammen, ergeben sich über 20 Objekte. Zu den vernichteten Monumenten gehören die erwähnten Standbilder Friedrich Wilhelms I. und Friedrichs II. sowie Ein Standbild König Friedrich Wilhelms III., das auf dem Wilhelmplatz stand und 1950 eingeschmolzen wurde. Es wurde von August Kiss geschaffen und 1845 eingeweiht. Lange nach dem Krieg stand vor der Hauptpost noch der Granitsockel. Das von Ernst Herter stammende und 1901 enthüllte bronzene Reiterdenkmal Kaiser Wilhelms I. mit Sockelreliefs und sitzenden Assistenzfiguren wurde nach 1945 verschrottet. Das gleiche Schicksal erfuhr das von Eugen Börmel geschaffene und 1903 auf dem Luisenplatz aufgestellte Bronzestandbild Kaiser Friedrichs III. 1934 wurde das Denkmal, dessen Sockel als Brunnen gestaltet wurde, in die Grünanlage vor dem Sankt-Josephs-Krankenhaus in der Allee nach Sanssouci umgesetzt.

Löwen, Panzer und Handgranaten

Eingeschmolzen wurde überdies eine Bismarck-Büste des Bildhauers Harro Magnussen auf dem früheren Bismarckplatz und das 1911 auf einer kleinen Grünanlage gegenüber der Kommandantur in der Schlossstraße aufgestellte Steuben-Denkmal, das 1994 als Nachguss nach Potsdam zurückkehrte. Zerstört ist das 1872 eingeweihte Denkmal zur Erinnerung an die im Krieg 1870/71 gefallenen Angehörigen 1. Garderegiments zu Fuß auf dem Schießplatz Katharinenholz bei Bornstedt. Auf hohem Sockel ruhte ein Löwe, die Inschriftenplatten wurden von gekrönten Adlern auf Blitzbündeln flankiert. An die Kriegstoten der Garde du Corps erinnerten ein Obelisk gegenüber dem Haupteingang des Neuen Gartens mit dem Heiligen Georg als Drachentöter sowie ein von Emil Cauer gestaltetes und 1929 eingeweihtes Reiterdenkmal. Beide Monumente existieren nicht mehr. Vernichtet sind ferner ein aus einem Findling und gegossenen Namenstafeln bestehendes Denkmal für das Leibgarde-Husaren-Regiment in der Berliner Straße sowie das von Karl Kowalczewski geschaffene und 1923 eingeweihte Denkmal für die Kriegstoten des Garde-Jäger-Bataillons. Es stellt einen Soldaten beim Werfen einer Handgranate dar und stand auf dem Bassinplatz etwa dort, wo nach 1945 ein Ehrenfriedhof mit Gräbern der im Kampf um und in Potsdam Ende April 1945 gefallenen Soldaten der Roten Armee angelegt wurde. Vor den Kasernen am Ruinenberg stand ein Denkmal für die 1914 bis 1918 gefallenen Angehörigen des 1. Garde-Ulanen-Regiments mit einem sterbenden Krieger auf einem sarkophagähnlichen Postament sowie im Halbkreis aufgestellten Namenstafeln.

Vernichtet sind ferner die Denkmäler zur Erinnerung an die Kriegstoten des 3. Garde-Ulanen-Regiments unweit der Russischen Kolonie Alexandrowka und an die Gefallenen des 2. und 4. Garde-Feld-Artillerie-Regiment an der Ecke Spandauer (Nedlitzer) Straße/Alleestraße (beide 1923) zum Gedenken an die auf deutscher Seite im Ersten Weltkrieg umgekommenen 2,5 Millionen Artilleriepferde. Auch das Denkmal für die Unteroffiziersschüler in der Jägerallee (1925), das 1941 nach Potsdam-Eiche umgesetzt wurde, sowie das Denkmal für die deutschen Kraftfahrtruppen mit der Nachbildung eines im Ersten Weltkrieg eingesetzten Panzers auf dem Sockel sind nicht mehr erhalten.

General Steuben kehrte zurück

Zurück gekehrt ist als Neuguss das Denkmal des in den USA hoch angesehenen, aus Preußen stammenden Generals Friedrich Wilhelm von Steuben. Die Bronzefigur steht auf der Rückseite des als Filmmuseum genutzten Marstalls, der seinerzeit zum Stadtschloss gehörte. Dargestellt ist der in Magdeburg geborene General stehend in der Uniform des späten 18. Jahrhunderts. Die Figur mit einem Dreispitz auf dem Kopf, mit aufgeknöpfter Uniform, einem Orden auf der Brust und dem Degen zur Seite ist ganz konventionell gestaltet und atmet wenig von der Persönlichkeit und historischen Wirkung dieses herausragenden Militärführers, der seine ersten Meriten in der Armee Friedrichs des Großen während des Siebenjährigen Kriegs erwarb und zum Freundeskreis des bedeutenden Heerführers Prinz Heinrich von Preußen, des jüngeren Bruders des Königs, gehörte. Das Denkmal zur Erinnerung an Steuben ist eine Kopie eines 1910 in Washington 1910 errichteten Monuments. Die Widmungsinschrift auf dem Sockel des "Potsdamer Steuben" lautet: "Dem deutschen Kaiser und dem deutschen Volke gewidmet vom Kongress der vereinigten Staaten von Amerika als Wahrzeichen ununterbrochener Freundschaft Nachbildung des Denkmals für General Friedrich Wilhelm von Steuben geboren in Magdeburg 1730 gestorben in New York 1794 Errichtet in Washington in dankbarer Erinnerung seiner Verdienste im Freiheitskampfe des amerikanischen Volkes MCMXI."

Bemerkenswert ist, dass das Denkmal im Zweiten Weltkrieg, als das deutsche Reich mit dem USA im Krieg lag, nicht abgebaut und eingeschmolzen wurde wie viele andere Monumente landauf land ab. In den letzten Apriltagen 1945 wurde es umgestürzt, ein Foto aus dieser Zeit zeigt Steuben auf dem Rücken liegend. Danach verliert sich die Spur. Buntmetalldiebe haben Kopf und Füße abgesägt und gestohlen. Eine Empfehlung des Potsdamer Magistrats zum Thema "Militaristische Denkmäler" beschrieb den beklagenswerten Zustand des "in irgend einem Lager des Stadtbauamtes" befindlichen Denkmals. Die Empfehlung, das Denkmal wieder aufzurichten, verhallte ungehört. Ein weiterer Abguss wurde 1987 in Berlin-Dahlem, nicht weit vom Alliiertenmuseum entfernt, als Zeugnis deutsch-amerikanische Freundschaft anlässlich der Siebenhundertfünfzigjahrfeier Berlins an der Kreuzung Clayallee/Hüttenweg aufgestellt.

28. Mai 2019

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