Alles im Zeit- und Kostenrahmen
Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg zieht für 2018 eine gute Bilanz und blickt erwartungsvoll in die Zukunft



Im Goldenen Saal des Neuen Flügels von Schloss Charlottenburg haben am 11. März 2019 auf der von Pressesprecher Frank Kallensee geleiteten Pressekonferenz Christoph Martin Vogtherr und Heinz Berg über Leistungen und Vorhaben der Schlösserstiftung berichtet.



Der Meeresgott Neptun auf dem Dach der nach ihm benannten, aufwändig restaurierten Grotte blickt auf Gartenpartien, die dem Zustand des 18. Jahrhunderts nachempfunden wurden.



Abgeschlossen sind die Arbeiten in den Privaträumen Friedrichs des Großen im Neuen Palais, dessen reicher Skulpturenschmuck nach und nach erneuert wird. Die Schlösserstiftung bietet in dem 250 Jahre alten Palast Sonderführungen an.



Das mittelalterliche Apsismosaik in der von Friedrich Wilhelm IV. erbauten Friedenskirche konnte in alter Schönheit wiederhergestellt werden.



Das aus dem 19. Jahrhundert stammende Orangerieschloss gehört zu den aktuellen Bau- und Restaurierungsvorhaben der Schlösserstiftung.





In diesem und den kommenden Jahren stehen die Römischen Bäder im Park Sanssouci, Schloss Babelsberg und weitere Bauten auf der Liste der dringlichen Bau- und Restaurierungsarbeiten der Schlösserstiftung ganz obenan.



Was sich nach dem Zweiten Weltkrieg in dem nach der Kronprinzessin benannten Schloss Cecilienhof im Neuen Garten ereignete, ist Gegenstand einer Ausstellung, die für 2020 zum 75. Jahrestag der Potsdamer Konferenz vorbereitet wird. Das während des Ersten Weltkriegs im Stil eines englischen Landhauses erbaute Schloss wurde seit 2014 umfassend saniert. (Fotos: Caspar)

Bei der Jahrespressekonferenz der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg am 11. März 2019 im Neuen Flügel des Schlosses Charlottenburg zogen der seit gut einem Monat amtierende Generaldirektor der Stiftung, Christoph Martin Vogtherr, der Direktor der Generalverwaltung der Stiftung, Heinz Berg, der Gartendirektor Michael Rohde und andere Vertreter der Stiftung für 2018 eine positive Bilanz. Sie berichteten über Bau- und Restaurierungsarbeiten sowie Ausstellungen und Forschungsprojekte und bedankten sich bei allen, die mit ihrer Hände Arbeit, mit Spenden und Vermächtnissen zur Rettung von Kulturgütern beigetragen haben.

Heinz Berg zufolge hat die Stiftung in den vergangenen Jahren im Rahmen eines Sonderinvestitionsprogramms 175 Millionen Euro plan- und termingerecht für Bau- und Restaurierungsarbeiten an und in den Schlössern und Gärten in Potsdam, Berlin, Rheinsberg, Caputh und Paretz aufgewandt. Mit Blick auf enorme Überschreitungen der Kosten- und Zeitvorgaben beim Berliner Flughafen BER, der James-Simongalerie auf der Berliner Museumsinsel oder der Hamburger Elbphilharmonie sei diese Bilanz keineswegs selbstverständlich, sagte er nicht ohne Stolz. Beteiligt seien an den Investitionen der Bund, das Land Brandenburg und das Land Berlin sowie mit weiteren Beträgen Fördervereine und Privatpersonen.

Kostbares Apsismosaik restauriert

Zu den 2018 von der Schlösserstiftung beendeten Bau- und Restaurierungsmaßnahmen gehörten unter anderem die Wiederherstellung des goldenen Gitters im Marmorpalais sowie die Sanierung einer Grotte und des Prinzengartens, allesamt im Neuen Garten. Dort wurden die Instandsetzungsarbeiten am Schloss Cecilienhof abgeschlossen. Im ehemaligen Sitz des letzten Kronprinzenpaars laufen Vorbereitungen für 2020, wenn an 75 Jahre Potsdamer Konferenz erinnert wird. Im Sommer 1945 hatten die "Großen Drei" die Nachkriegsordnung in Europa besiegelt, die Behandlung des vernichtend geschlagenen Deutschen Reichs nach dem Zweiten Weltkrieg erörtert und die Grenzen in Osteuropa neu gezogen. "Unter Einbeziehung vieler engagierter Potsdamer konnte der Winzerberg nahe Schloss Sanssouci wiederhergestellt werden. In der Friedenskirche haben wir das weitgehend noch original erhaltene Apsismosaik restauriert, eine veneto-byzantinisches Arbeit aus dem ersten Drittel des 13. Jahrhunderts.

Das einzigartige Kunstwerk schmückte ursprünglich die damals zum Abbruch bestimmten Kirche San Cipriano auf der Insel Murano bei Venedig. Während seiner Kronprinzenzeit hat der spätere Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. das Mosaik für 385 Taler ersteigert und auf dem Wasserweg nach Potsdam bringen lassen. An ihm zeigten Gäste aus Venedig großes Interesse, weil es derartiges bei ihnen zuhause in dieser Vollständigkeit kaum noch gibt", sagte Berg. Er verwies auf den Beginn von Baumaßnahmen am Mittelbau des Orangerieschlosses im Park Sanssouci und die Übergabe des Zentralen Kunstdepots am Potsdamer Hauptbahnhof, in dem mehrere tausend Objekte - Möbel, Gemälde, Porzellan und andere Kostbarkeiten - auf mehr als 5000 Quadratmeter unter modernsten Sicherheits- und Lagerstandards aufbewahrt werden, alles Stücke, die bisher an sechs Standorten mehr oder weniger günstig und sicher lagerten.

Sensationeller Fund alter Briefe

In zunächst vier Räumen im Schloss Charlottenburg wurde eine Dokumentation über die Geschichte des Hauses Hohenzollern eröffnet, die in den kommenden Jahren erweitert werden soll. Großen Zuspruchs erfreute sich die Ausstellung im Neuen Palais "Kaiserdämmerung" anlässlich der Abdankung Wilhelms II. im Verlauf der der Novemberevolution von 1918. Der überraschende Fund unbekannter Briefe an seine Gemahlin Auguste Viktoria im Neuen Palais gab dieser reich mit Hinterlassenschaften der letzten Palais-Bewohner ausgestatteten Schau eine zusätzliche Note. Bisher wusste man nur, dass sich im Garderobenzimmer der Kaiserin hinter einer Schiebetür deren Juwelentresor aus Stahl befand. Da der Schlüssel verloren gegangen war, hat sich niemand nach dem ruhmlosen Abgang der Hohenzollern die Mühe gemacht, den Panzerschrank zu öffnen. Nicht einmal Kunstfahnder der Roten Armee, die die Potsdamer Schlösser auf der Suche nach Kostbarkeiten aller Art durchkämmten, interessierten sich für den Stahlschrank. Bei der Vorbereitung für die "Kaiserdämmerung" wurde versucht, den Tresor "denkmalverträglich" zu öffnen, also ganz vorsichtig und ohne ihn zu beschädigen. Fachfirmen haben es viermal vergeblich probiert. Als durch ein kleines Loch eine endoskopische Kamera eingeführt wurde, zeigte sich, dass der Tresor leer ist. Die Kaiserin hatte ihre Juwelen ins Exil mitgenommen.

Der Schlossermeister im Neuen Palais gab nicht auf. Er entdeckte über dem Tresor ein geräumiges Schrankfach, das sich öffnen ließ. Darin befanden sich zwei Transportkisten aus Eichenholz, eine Lederschatulle mit dem Monogramm der Kaiserin und eine Dokumentenmappe mit den Briefen. Sie sind für die Schlösserstiftung nach eigenem Bekunden wertvoller als alle Juwelen der Welt, denn sie vermitteln Einsichten in die private Seite der Kaiserin, die man eigentlich nur als Frau an der Seite von "Wilhelm dem Letzten" und als schwere Perlenketten tragende "Kirchenjuste" wahrgenommen hatte, weil sie überall im Lande Gotteshäuser bauen ließ.

Die etwa eintausend privaten Briefe aus den Jahren 1883 bis 1889 stammen von Mitgliedern aus der Dynastie Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg, der die Kaiserin entstammte, aber auch von Queen Victoria, der Großmutter von Wilhelm II. Beim Umzug in das Neue Palais 1889 stellte Auguste Viktoria die Kisten mit den Briefen dort unter. Nach der Novemberevolution hatte sie andere Sorgen als sich um die alten Briefe zu kümmern, die bis zur Entdeckung im vergangenen Jahr in ihrem Versteck lagen. Die Schlösserstiftung wird die Schriftstücke mit Fachleuten vom Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz prüfen und sie bis zum einhundertsten Todestag der Ex-Kaiserin 2021 veröffentlichen. Da ihr Nachlass im Geheimen Staatsarchiv Berlin-Dahlem klein ist, wird der Schatz vom Neuen Palais als wichtig erachtet, um sie besser als bisher beurteilen zu können. Allerdings wird man ihre Biographie nicht neu schreiben müssen, heißt es bei der Schlösserstiftung.

Kooperation mit dem Geheimen Staatsarchiv

Beide Einrichtungen, die Schlösserstiftung und das Geheime Staatarchiv, haben bereits gute Erfahrungen bei der Auswertung und Publikation der Schatullrechnungen Friedrichs des Großen gesammelt. Die seinerzeit hochgeheimen Listen geben Aufschluss über die privaten Ausgaben des Monarchen, der alles andere als knauserig war, wenn es um die Befriedigung seiner großen und kleinen Eitelkeiten und die Bezahlung von Günstlingen und Personen ging, denen er sich verpflichtet fühlte. Für 2019 Jahr ist geplant, Briefe online zu stellen, die dieser König und seine Schwester Wilhelmine, Markgräfin von Bayreuth, miteinander ausgetauscht haben und ebenfalls interessante Einsichten in das Innenleben dieses ungewöhnlichen Geschwisterpaars vermitteln.

Für 2019 und danach hat sich die Stiftung viel vorgenommen. Gegen Ende des Jahres besteht im Potsdamer Palais Barberini die einmalige Gelegenheit, Schätze der Plankammer zu sehen, die mit ihren Zeichnungen, Aquarellen, Stichen, Radierungen und Bauplänen zu den bedeutendsten Grafiksammlungen in Deutschland gehört, aber außer Fachleuten kaum jemand bekannt ist. Der Stiftung und ihrem Chef Christoph Martin Vogtherr, der seine Sporen als Kultur- und Museumsmanager bereits an leitender Position an Sammlungen in London und Hamburg erworben hatte, stehen für ein zweites Investitionsprogramm beachtliche 400 Millionen Euro zur Verfügung. Ausgegeben wird diese Summe für geplante oder schon begonnene Bau- und Restaurierungsmaßnahmen im Schloss Babelsberg sowie im Orangerieschloss, den Römischen Bädern und im Neuen Palais, allesamt im Park von Sanssouci gelegen, aber auch in den königlichen Sommerschlössern Paretz und Pfaueninsel. In Paretz werden unter dem Motto "Luises Landglück" exklusive Ausstattungsstücke aus Schloss Pfaueninsel gezeigt, solange dort Bauarbeiter und Restauratoren tätig sind.

Die Schlösserstiftung bereitet Ausstellungen in Caputh, Paretz und Rheinsberg zum 200. Geburtstag von Theodor Fontane vor und bietet Sonderführungen im Potsdamer Neuen Palais an, dessen Bau 1769, vor 250 Jahren, abgeschlossen wurde. In der königlichen "Fanfanronnade", wie Friedrich der Große seinen Riesenpalast am Ende des Parks von Sanssouci nannte, sind auch die privaten Gemächer des Bauherrn nach umfänglicher Restaurierung wieder zu sehen. Im Barockschloss Caputh, das jetzt 20 Jahre zur Stiftung gehört, wird eine Ausstellung zeitgenössischer Kunst im Kontext barocker Kunsttechniken und Themen wie Krieg und Frieden sowie Leben und Sterben zu sehen sein.

Obstsorten wie zu Zeiten des Alten Fritz

Sorgen bereiten Gartendirektor Michael Rohde Vandalismus und Vermüllung in den Gärten und Parks und die Auswirkungen von Orkanen und des Klimawandels. Glücklich ist er, dass es gelungen ist, wie zu Zeiten Friedrichs des Großen korbbogenartige Laubengänge im Bereich der Bildergalerie und der aufwändig restaurierten Neptungrotte zu errichten. Diese "Berceaux" mit lauschigen Sitzgelegenheiten und Pavillons hatte Wilhelm II. unter Verbreiterung der Mittelachse beseitigen lassen. Offenbar hielt er Obstgärten, wie sie unter Friedrich dem Großen angelegt wurden, für wenig repräsentativ und einem deutschen Kaiser unwürdig. Auf der Grundlage gartenarchäologischer Grabungen konnten die ursprüngliche Wegestruktur wiederhergestellt werden. Die Areale erhalten auf Grundlage alter Pläne wieder eine Bepflanzung mit Kirsch-, Pflaumen-, Pfirsich- und Aprikosenbäumen, die sich nun prächtig entwickeln und daran erinnern, dass Friedrich der Große gleich bei seinem Sommerschloss einen Obstgarten unterhielt und mit dessen Früchten seine Tafel schmückte. Die Schlösserstiftung hat den Ehrgeiz und steht damit nach eigenem Bekunden allein auf weiter Flur, alte, zu Zeiten des Alten Fritz übliche Obstsorten wiederzubeleben und zu züchten, was mit aufwändigen Recherchen quer durch Europa verbunden ist. Um Sorten aus dem 19. Jahrhundert aufzuspüren, müssen die Gartendenkmalpfleger nicht weit gehen, denn sie finden diese in der russischen Kolonie Alexandrowka am Rand der Landeshauptstadt Potsdam.

11. März 2019

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