Tempel der Bildung und Wissenschaft
Denkmalgerechte Grundsanierung der Staatsbibliothek Unter den Linden ist abgeschlossen / Buchmuseum wird vorbereitet





Seit dem Jahr 2005 wurde die Staatsbibliothek zu Berlin im Haus Unter den Linden bei laufendem Bibliotheksbetrieb unter Leitung des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR) im Auftrag der Stiftung Preußischer Kulturbesitz umfassend saniert und um einen Erweiterungsbau ergänzt. Die Fotos zeigen die Staatsbibliothek in den 1920er Jahren und eine aktuelle Ansicht mit der erst vor einiger Zeit dem Dach hinzugefügten Kuppel über dem Eingang. Das Reiterdenkmal Unter den Linden ehrt Friedrich II., den Großen, der der Königlichen Bibliothek Jahr für Jahr 8000 Taler zukommen ließ und dafür sorgte, dass Verlage und Autoren ihr Belegexemplare kostenlos überlassen.



Die Generaldirektorin der Staatsbibliothek zu Berlin, Barbara Schneider-Kempf, und Hermann Parzinger, der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, freuen sich über die Um- und Neubaumaßnahmen am Haus 1 Unter den Linden bei laufendem Betrieb.



Nach wie vor mühen sie und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Staatsbibliothek um die Rettung beschädigter Bücher, für die Paten gesucht und gefunden werden.







Bücher lesende und nachdenklich dreinschauende Gelehrte flankieren am Außenbau die hohen Fenster der Staatsbibliothek Haus 1. Frauen als Träger und Motoren des Wissensfortschritts darzustellen hielt man in der Kaiserzeit für unnötig. Darunter ein Blick in den Innenhof, den man von der Straße Unter den Linden erreicht.





Die Kapazitäten der unter Friedrich II. erbauten Königlichen Bibliothek auf dem Opernplatz und heutigen Bebelplatz reichten nach 1900 nicht mehr aus, weshalb Unter den Linden ein Neubau nötig war. Die Medaille von 1777 feiert den Monarchen als Bibliotheksgründer. (Fotos/Repros: Caspar)

Mit der feierlichen Schlüsselübergabe wurde Anfang November 2019 die denkmalgerechte Grundsanierung der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz abgeschlossen. Damit fanden die Arbeiten an und in dem 1914, am Vorabend des Ersten Weltkriegs, im Beisein von Kaiser Wilhelm II. eröffneten Gebäudes Unter den Linden in Berlin ein gutes Ende. Anlässlich des Festaktes in einer der größten Kulturbaustellen im Zuständigkeitsbereich des Bundes sagte Monika Grütters, die Staatsministerin für Kultur und Medien: "Die 11 Millionen Bücher in der Staatsbibliothek zu Berlin sind, wie auch alle anderen schriftlichen Überlieferungen in deutschen Archiven und Bibliotheken, das Gedächtnis unseres Landes. Diesen unermesslichen Schatz wollen wir bewahren, möglichst vielen Menschen zugänglich machen und die Einrichtungen pflegen, in denen dieser aufbewahrt wird. Heute steht die Staatsbibliothek frisch saniert vor uns und lädt dazu ein, sie wieder als Ganzes zu entdecken und in Besitz zu nehmen." Anstelle des alten, kriegszerstörten Kuppelsaals habe der Architekt Hans-Günter Merz einen eindrucksvollen, hellen Glaskubus entworfen, "der wie als geistiges Zentrum in der Mitte des Hauses zum Studieren einlädt, aber auch lebendiger Ort des Austausches, der Kommunikation, der Debatte ist." Die voraussichtlichen Gesamtkosten werden bei rund 470 Millionen Euro liegen. Nach der Wiedereröffnung 2020 wird die Staatsbibliothek im Haus Unter den Linden knapp 650 Benutzerarbeitsplätze und über 50.000 Quadratmeter Nutzfläche fassen. Der Gesamtkomplex umfasst 107.000 Quadratmeter Bruttogrundfläche. Damit gehört die Staatsbibliothek zu den weltweit größten Einrichtungen dieser Art.

Was in den vergangenen Jahren erreicht wurde, fasste Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, in diese Worte: "Mit der jetzt abgeschlossenen Sanierung dieses Tempels der Bildung und Wissenschaft aus der späten Kaiserzeit rückt ein Haus wieder in den Blickpunkt, das den Boulevard Unter den Linden zu einer Prachtstraße macht. Das Haus ist Teil der historischen Bildungslandschaft in Berlins Mitte. Die Sanierung und Ergänzung des kriegsgeschädigten Hauses erfolgte denkmalgerecht, verantwortungsbewusst, mit höchster Sorgfalt und von hoher Qualität. Das Ergebnis ist eine historische und zugleich hochmoderne Bibliothek mit zentralem Lesesaal und diversen Fachlesesälen, bestens klimatisiert und gegen Brand geschützt, mit Buchtransportanlagen, Gruppenarbeitsräumen, Digitalisierungszentrum ausgestattet. Sie ist ein würdiges Schatzhaus für die historischen Bestände und eine höchst funktionale zeitgemäße Bibliothek."

Moderner Lesesaal und sichere Tresore

BBR-Präsidentin Petra Wesseler verdeutlichte, Dimension und Komplexität dieser Baumaßnahme suchten Ihresgleichen. "Die denkmalgerechte Sanierung war mit den Anforderungen an einen zeitgemäßen Bibliotheksbetrieb in Einklang zu bringen. Das Bauen erfolgte im historischen Bestand bei gleichzeitiger Einpassung des ganz neuen Lesesaals. Dessen Kuppel und Tonnengewölbe mussten sich an der historischen Raumkubatur ausrichten." Bei diesem Projekt seien sowohl die denkmalpflegerischen als auch die komplexen statischen Herausforderungen hervorragend gemeistert worden.

In mehreren Etappen wurde bis 2012 der nördliche Gebäudeteil instandgesetzt und mit moderner Gebäudetechnik ausgestattet. Dabei wurden erstmalig die Magazine klimatisiert sowie eine Kastenförderanlage installiert. Im zeitgenössischen, als Glaskubus ausgeführten Erweiterungsbau befinden sich der mehrgeschossige Allgemeine Lesesaal sowie Tresormagazine für die besonders wertvollen Sondersammlungen. Bereits seit 2014 konnten Gebäudeteile der Akademie der Wissenschaften in Betrieb genommen werden. Im Frühjahr 2017 folgten der Veranstaltungsbereich, die Räume der Generaldirektion, Sonderlesesäle sowie weitere Büroflächen.

Bei dem jüngst fertig gestellten Bauabschnitt wurde die für das Gebäude aus der Kaiserzeit so charakteristischen Erschließungsachse von der offenen Eingangshalle Unter den Linden über den denkmalgeschützten Brunnenhof und die zentrale Treppenhalle in das Vestibül grundlegend saniert und restauriert. Von hier aus betreten die Besucher den Neubauteil mit dem Allgemeinen Lesesaal. Wie sein Vorgänger ist er der architektonische Höhepunkt am Ende der zentralen Erschließungsachse. Weitere Lesesäle für Sondersammlungen wurden saniert und nach einem einheitlichen Gestaltungskonzept mit modernem Mobiliar eingerichtet. Wo immer es möglich war, hat man die Einrichtung aus dem Jahr 1914 restauriert und mit modernem Mobiliar ergänzt. In den kommenden Wochen werden alle Provisorien zurück gebaut, und es finden umfangreiche Umzüge der Bestände an ihren angestammten Ort statt.

Größte wissenschaftliche Universalbibliothek in Deutschland

Die Wiedereröffnung der aktuell nur über die Universitätsbibliothek an der Universitätsstraße zugängliche Staatsbibliothek im Laufe des Jahres 2020 geplant. Nach Öffnung des Haupteingangs Unter den Linden wird im Bereich des heutigen Eingangsfoyers ein Bibliotheksmuseum eingerichtet. Darin wird die Staatsbibliothek erstmals dauerhaft einen kleinen, besonders kostbaren und charakteristischen Teil ihrer Bestände ausstellen. Die Ausbauarbeiten beginnen unmittelbar nach dem Abschluss der Grundinstandsetzung und dem Abbau provisorischer Einrichtungen.

Wann genau im Jahre 1661 die kurfürstliche Bibliothek im Berliner Schloss eröffnet wurde, ist nicht bekannt. Weder Tag noch Monat der Gründung der heutigen Staatsbibliothek zu Berlin stehen fest. Die vom Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg gegründete "Churfürstliche Bibliothek zu Cölln an der Spree" entwickelte sich seither zur größten wissenschaftlichen Universalbibliothek in Deutschland. In zwei Häusern - Unter den Linden 8 im Bezirk Mitte und Potsdamer Straße 33 im Bezirk Tiergarten unweit des Potsdamer Platzes - untergebracht, besitzt sie einen Schatz von über zehn Millionen Büchern, Handschriften sowie Zeitungen und Zeitschriften. Hinzu kommen unzählige Grafiken, Landkarten, Fotografien und andere Zeugnisse der Geschichte, Kunst und Kultur aus allen Epochen der Menschheit und nahezu allen Gegenden der Welt. Aufgestellt waren die Bücher der Hohenzollern ursprünglich im Apothekenflügel des Berliner Schlosses. Hier wurden kostbare Wiegendrucke wie die 42-zeilige Gutenbergbibel, Handschriften und edel gebundene Folianten verwahrt.

Nahrung des Geistes

Da die brandenburgischen Kurfürsten und preußischen Könige viele Bücher kauften und sie auch öffentlich zugänglich machten, reichte der Platz bald nicht aus. Friedrich II., der Große, ließ 1775 bis 1780 am Opernplatz, dem heutigen Bebelplatz, ein neues Haus für die Königliche Bibliothek errichten und bestimmte als Inschrift über dem Eingang das Motto NUTRIMENTUM SPIRITUS (Nahrung des Geistes). Als auch dieses mit Säulen, Adlern und Kronen geschmückte Haus die Bestände nicht mehr fassen konnte, ließ Kaiser Wilhelm II. von 1903 bis 1914 auf dem Gelände eines Akademiegebäudes aus dem 18. Jahrhunderts die Staatsbibliothek nach Plänen des Architekten Ernst von Ihne errichten, dem wir unter anderem das Bode-Museum verdanken. In diesem Prachtbau werden alle Bücher, Handschriften, Karten und weitere Bestände aus der Zeit bis etwa 1945 aufbewahrt. Hingegen ist alles, was nach 1945 gedruckt und geschrieben wurde, im Haus 2 an der Potsdamer Straße zu finden. In beiden Häusern werden überaus wertvolle Nachlässe von Gelehrten, Künstlern, Verlegern und anderen Persönlichkeiten aufbewahrt und interessierten Lesern zur Verfügung gestellt. Bedeutende und häufig auch sehr fragile Bibliotheksbestände werden nach und nach digitalisiert und stehen, ins Internet gestellt, weltweit für die Forschung zur Verfügung.

Im und nach dem Zweiten Weltkrieg musste der Altbestand schmerzliche Verluste hinnehmen. Es bedurfte großer Anstrengungen nach der Wiedervereinigung 1990, um die über zwei Stadthälften verteilten Schätze zusammenzuführen und Schäden an den Büchern, Handschriften, Musikalien, Grafiken, Zeitungen und anderen Beständen zu beheben. Um auf diesem Gebiet weiterzukommen, können Privatpersonen, Firmen und Institutionen Patenschaften übernehmen. Das hat sich bereits bei der Restaurierung originaler Notenhandschriften von Johann Sebastian Bach und anderer Komponisten bewährt und wird erfolgreich bei anderen Beständen praktiziert.

17. Dezember 2019

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