Die Putten kehren zurück
Cornelsen-Kulturstiftung fördert die Wiederherstellung der Fahnentreppe vom Potsdamer Stadtschloss mit einer halben Million Euro



Das Potsdamer Stadtschloss, am 14. April 1945 bombardiert und 1959 abgerissen, erlebte von der Grundsteinlegung am 16. Februar 2011 bis zur Eröffnung am 10. Oktober 2013 als Sitz des brandenburgischen Landtags in sensationell schneller Bauzeit seine Wiedergeburt. Seither hat man dort 660 00 Gäste gezählt, die sich über das außen historisch und innen modern und funktional nach Plänen von Peter Kulka gestaltete Bauwerk, aber auch über die Arbeit des Parlaments informieren wollten. Der Verein "Mitteschön" kümmert sich um die Rekonstruktion historischer Bauten rund um den Alten Markt und wirbt in der Nähe des Stadtschlosses um Zustimmung und Mitstreiter.



Auf einer Rechnung von 1751 hat Friedrich II. gekritzelt, wie er sich die Putten- oder Fahnentreppe vorstellt, seine Untergebenen machten sich an die Ausführung.



So sah die mit vergoldeten Puttenfiguren und einem reich ornamentierten Gitter versehene Treppe in der Zwischenkriegszeit aus, Ende des Zweiten Weltkriegs war die Pracht vorbei. Ungeachtet von Forderungen, das Schloss aufzubauen etwa wie man es in Polen bei ähnlich beschädigten Ruinen tat, verfügte SED-Chef Walter Ulbricht die Vernichtung des Gebäudes.



Die Landtagspräsidentin hat versprochen, alles zu tun, dass so genannte Liebesschlösser die alte und neue Treppe nicht verunzieren, so wie auch Graffitis schnell und konsequent beseitigt werden.



Ruth Cornelsen, auf der Treppe nach unten blickend neben der Landtagspräsidentin Britta Stark, nannte als Motto und Antrieb ihrer umfangreichen, mehr als zwei Jahrzehnte andauernden Stiftertätigkeit, sie wolle der Vergangenheit und dem kulturellen Erbe eine Zukunft geben. Auf dem Foto rechts mit Brille freut sich Samuel Wittwer auf Potsdams künftige Attraktion.





Verschiedene Zierstücke befinden sich im Depot der Schlösserstiftung. Sie hofft, dass der Aufruf an die Bevölkerung, nach weiteren Resten zu suchen, Erfolg hat.



So sah die Putten- und Fahnentreppe um 1930 aus, und so soll sie bald wieder werden. (Fotos/Repro: Caspar)

Der mit den Fassaden des ehemaligen Stadtschlosses errichtete Brandenburger Landtag in Potsdam erhält an der Lustgartenseite bis 2020 seine vergoldete Putten- oder Fahnentreppe zurück. Finanziert wird die Restaurierung und Teilrekonstruktion des Treppengeländers aus dem 18. Jahrhundert mit neun musizierenden Putten aus vergoldetem Zinkguss durch die Cornelsen Kulturstiftung mit knapp einer halben Million Euro. Die Puttentreppe, die auch Fahnentreppe genannt, entstand 1752 nach einer Skizze von König Friedrich II., dem Großen. Von Johann Melchior Kambly geschaffen, war sie der goldglänzende Höhepunkt der Lustgartenfassade des Stadtschlosses. Wie Samuel Wittwer, Direktor der Schlösser und Sammlungen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg am 14. Januar 2019 bei der Vorstellung des Projekts im Landtagsgebäude erklärte, gab es an dieser Stelle bereits 1730 eine Holztreppe, über die der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. zu seinen im Lustgarten paradierenden "Langen Kerls" gelangte.

Sein Sohn Friedrich II., der das Stadtschloss von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff und weiteren Künstlern innen und außen überaus prächtig um- und ausbauen ließ, ersetzte die Holztreppe durch eine aus Stein und gab 1751 den Auftrag, das Treppengeländer mit niedlichen Putten sowie Emblemen der preußischen Monarchie zu verzieren. Im frühen 19. Jahrhundert konnte König Friedrich Wilhelm III. wenig mit der Treppe anfangen, weshalb er sie beseitigen ließ. Dessen Sohn Friedrich Wilhelm IV., genannt Romantiker auf dem Thron und interessiert an Fragen der Denkmalpflege, veranlasse den Bau der Puttentreppe unter Verwendung ihrer im Depot befindlichen Reste. Die neun Putten wurden allerdings nicht mehr in Bronze gegossen wie zu Zeiten Friedrichs des Großen, sondern bestanden aus billigerem Zinkguss, der einen goldglänzenden Überzug erhielt.

Meisterleistung preußischer Bildgießerei

Als Meisterleistung der preußischen Bildgießerei war das mit Kronen, Adlern und Monogrammen sowie dem Stern des Schwarzen Adlerordens und Rocaillen geschmückten Geländer eines der beliebtesten Fotomotive von Potsdam. Als das Stadtschloss beim britischen Bombenangriff vom 14. April 1945 teilweise zerstört wurde, blieb die Puttentreppe im Wesentlichen erhalten, und so konnten Fragmente geborgen werden. Die bei der Pressekonferenz gezeigten Bruchstücke und weitere Spolien werden bei der Rekonstruktion gemeinsam mit Fotos, Zeichnungen und Beschreibungen gute Dienste tun, ist Samuel Wittwer überzeugt. Joachim Kuke, Vorsitzender des Vereins Potsdamer Stadtschloss, und Wilhelm Hornborstel, freuen sich wie er auf die Wiederherstellung des Treppenschmucks und danken Ruth Cornelsen, die dem ehemaligen Stadtschloss und heutigen Landtagsgebäude ein Juwel friderizianischer Kunst schenkt. In den Dank einbezogen wurde auch der Dirigent Christian Thielemann, der ebenfalls tatkräftig hilft, dass die Treppe in alter Schönheit zurück gewonnen wird. Ruth Cornelsen ist damit ein weiteres Mal ein leuchtendes Vorbild in einer Zeit, da Stiftern und Spender ihr gemeinnütziges Engagement durch Niedrigzinsen und andere Hemmnisse nicht gerade einfach gemacht wird. "Ich verlasse mich nach einigen unguten Erfahrungen ganz und gar auf die eigene Kraft und konzentriere mich auf Objekte in Berlin und dem brandenburgischen Umland. Klein klein gibt es bei uns nicht, die Dinge müssen schon eine gewisse Größe und Bedeutung haben", sagte die Mäzenin, ohne deren Hilfe die kostbaren Papiertapeten von Schloss Paretz sowie Arbeiten in den Schlössern Glienicke, Caputh, Schönhausen und im Potsdamer Marmorpalais sowie in der Villa des Malers Max Liebermann und im Sommerhaus von Albert Einstein in Caputh noch lange hätten warten müssen, um nur einige Objekte zu nennen.

Suche nach weiteren Überresten

Was sich vom Treppengeländer im Depot der Schlösserstiftung befindet, ist etwa die Hälfte des ursprünglichen Bestandes. Deshalb ergeht von den an der Wiederherstellung der Treppe beteiligten Institutionen der Aufruf an die Medien und die Öffentlichkeit, auf Dachböden und Kellern nachzuschauen, ob sich dort nicht das eine oder andere Bruchstück findet. Eine vor Jahren noch vor dem Wiederaufbau des Stadtschlosses gestartete Suchaktion unter dem Motto "Minervas Mythos - Fragmente und Dokumente des Potsdamer Stadtschlosses" von 2001 brachte zur Freude von Saskia Hüneke, der Kustodin für Skulpturen in der Stiftung, und aller Beteiligten interessante Spolien ans Tageslicht, die beim Wiederaufbau des Stadtschlosses gute Dienste taten. "Warum sollte das nicht auch im Zusammenhang mit dem Bau der Puttentreppe möglich sein? Ungeachtet dessen, was nun ans Tageslicht kommt, werden alle erreichbaren Dokumente in der Plankammer der Stiftung und weitere Quellen gesichtet und sowie Anträge für Genehmigungen gestellt.

Bei der Suche nach Fachkräften, die den Auftrag gekonnt ausführen können, ist der Verein Potsdamer Stadtschloss auf einem guten Weg. Wenn alles klappt, kann man sich bereits 2020 Potsdams neueste Attraktion in der Nähe des Alten Marktes anschauen, der nach Abriss des hässlichen Lehrerbildungsinstituts aus DDR-Zeiten von Häusern mit Barockfassaden gesäumt sein wird. Übrigens führt keine Tür vom Landtagsgebäude zur Puttentreppe. Eine solche bauen, wäre denn wegen der Genehmigungen und Umbauten doch zu schwierig gewesen, zumal im Landtag Platznot herrscht und niemand weiß, wohin der hinter dem Fenster befindliche Kopieraum umziehen sollte.

14. Januar 2019

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