Wenn es darum ging, die leere Staatskasse durch Steuern zu füllen, waren die brandenburgischen Kurfürsten und Könige von Preußen ausgesprochen kreativ. Es gab kaum etwas, was man nicht mit einer Steuer hätte belegen können. Dass die Abgabenlast sich negativ auf die Wirtschaft und Leben auswirken und die eigentlich angestrebte Blüte des Staates zunichte macht, hat vor 300 Jahren kaum jemand erkannt. Vor allem der prunkliebende und bausüchtige Kurfürst und König Friedrich III./I. und seine Günstlinge und Beamten drückten die Berliner und alle anderen Untertanen mit einer Fülle von Steuern. Millionen Taler wurden für die kostspielige Hofhaltung und zahllose Festlichkeiten wie die Krönung in Königsberg von 1701 sowie Staatsbesuche auswärtiger Monarchen und Ereignisse in der Herrscherfamilie verpulvert. Hinzu kamen Ausgaben für das Heer sowie für den Aus- und Umbau des Berliner Schlosses, das in diesem Jahr als Humboldt-Forum eröffnet wird. Nicht zu vergessen ist das, was sich gierige Hofschranzen und Inhaber hochtrabender Titel in die eigene Tasche steckten. Die Zustände am Berliner Hof unterschieden sich nicht wesentlich von denen in anderen Haupt- und Residenzstädten. Allerdings waren die Ressourcen des Königs "in" Preußen nicht so gut beschaffen wie die seines sächsischen Kollegen Augusts des Starken, dem die Ausbeute seiner erzgebirgischen Silbergruben und die Erträge einer gut entwickelten Industrie und eines blühenden Manufakturwesens einschließlich der Einkünfte aus der Meißner Porzellanmanufaktur zu Gebote standen.
Falsche Haare gegen echte Taler
Da vor allem die Krönung Friedrichs I. am 18. Januar 1701 in Königsberg Unsummen forderte, wurde flugs eine Krönungssteuer aufgelegt. Wer diese Sondersteuer und die anderen Abgaben nicht bezahlen konnte oder wollte, wurde mit Waffengewalt dazu gezwungen oder auch in Haft genommen. Da die Einnahmen immer noch nicht ausreichten, erließ der König eine Perückensteuer. Da sich in höheren Ständen kein Mann und manchmal auch keine Frau erlauben konnten, sich ohne einen solchen Kopfschmuck zu zeigen, kamen erhebliche Summen zusammen. Den "kleinen Mann" hat das ausnahmsweise nicht beeindruckt, denn er konnte sich die viele Taler teuren Kunsthaare ohnehin nicht leisten. Da Besserverdienende vor allem französische Perücken trugen, zog der Fiskus zusätzlichen Nutzen, indem auf jeden importierten Haarschopf ein Viertel des Preises als Akzise der Staatskasse zufiel. Unbekannt ist, wie sich Aufwand und Nutzen zueinander verhielten, denn an den Stadttoren saßen zahllose Visitatoren, die jede einkommende Warenladung nach unversteuerten Perücken und anderen Luxusgütern durchschnüffelten.
Natürlich waren auch die Frauen von Steuern nicht ausgenommen. Sie mussten eine Sonderabgabe auf Hüte, Bänder, Schleifen und anderen Kopfputz sowie für Schuhe und Kleider bezahlen. Da niemand nackt durch die Straßen laufen wollte, wurden die Groschen und Taler auf all diese Erzeugnisse mehr oder minder missmutig gezahlt. Natürlich beließ es der König nicht bei dieser Besteuerung. Ihr wurden auch Spielkarten und, man soll es nicht glauben, Jungfrauen unterworfen. Solange Frauen zwischen 20 und 40 Jahren unverheiratet waren, mussten sie in regelmäßigen Abständen ein paar Groschen entrichten. Diese Pflicht wurde als besonders schlimm empfunden, denn diese Frauen wurden nicht nur als "alte Jungfern" verspottet, sondern mussten für diesen "Zustand" auch noch Geld bezahlen und sich dabei auch noch zudringliche Fragen frecher Beamter gefallen lassen.
Stempelgeld und Ämterhandel
Steuern wurden auch auf Schweineborsten, aus denen man Pinsel und Bürsten fertigte, sowie auf die Ausstellung von amtlichen Papieren erhoben. Wer gegen das Schweineborsten-Handlungs-Privileg opponierte und es beschimpfte, hatte nach einem königlichen Erlass von 1709 mit Gefängnishaft oder Leibesstrafe zu rechnen. Nach französischem Vorbild gab es vor und nach 1800 eine Fenster- und Türensteuer, mit denen Hausbesitzer belegt wurden. Je größer ihr Haus oder Palast, umso mehr mussten sie in die Staatskasse legen. Wer bei den Behörden um ein amtliches Papier, eine Bescheinigung und ähnliches nachsuchte, musste eine wenige Groschen teure Stempelsteuer entrichten. Die Bezahlung hat man durch einen Stempelaufdruck bescheinigt. Bliebe zu sagen, dass es einen florierenden Handel mit Ämtern und Titeln gab, der erhebliche Summen in die Staatskassen lenkte, um sofort für königliche Bedürfnisse und die seiner Günstlinge und Hofschranzen ausgegeben zu werden.
Kaum dass er 1688 als Nachfolger seines Vaters, des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg, den Thron bestiegen hatte, verordnete Friedrich III. seinen Beamten eine Steuer von zehn Prozent auf ihre Einkünfte. Dann setzte er eine Kopfsteuer fest, die Hoch und Niedrig zu zahlen hatte. Die Ärmsten der Armen hatten einige Groschen zu zahlen, am meisten, nämlich tausend Taler, legte der Landesherr selbst in die Kasse. Diese für damalige Verhältnisse sehr beachtliche Summe war nichts, was ihm an Einkünften zustand. Als das Herrscherpaar seinen Steueranteil weiter steigerte, um vielleicht auch in der Gunst der Untertanen zu steigern, spotteten diese mit dem Hinweis, dass das, was der Monarch und seine Familie auf der einen Seite in die Staatskasse zahlen, auf der anderen Seite in weit größerem Maße ihr wieder entnommen wird.
Bier trinken ist besser als braune Brühe
Berlin hatte im 18. Jahrhundert, was den Genuss von Kaffee betrifft, ordentlichen Nachholbedarf. Andere Städte zwischen Rom, Venedig, Wien, Leipzig, Hamburg und Bremen besaßen um 1700 bereits Kaffeehäuser, als man sich im Reich der Hohenzollern vor dem stimulierenden Trank noch zurück scheute. Aber als der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. anno 1728 auf dem Lustgarten die Einrichtung eines Kaffeehauses gestattete, war kein Halten mehr. Allerdings durften nur Offiziere und Edelleute das Café royale betreten. Bürgerliche und so genannte kleine Leute hätten die horrenden Kaffeepreise ohnehin nicht aufbringen können. Friedrich II., genannt der Große, sah mit Verdruss, dass seine Untertanen die braune Brühe trinken, statt fleißig zu arbeiten und die Staatskasse zu schonen. "Denn es ist abscheulich, wie weit es mit der Konsumtion des Kaffees gehet, und wie viel Geld dafür aus dem Lande geschickt wird, das macht, ein jeder Bauer und gemeiner Mann gewöhnt sich jetzt zum Kaffee, da solcher auf dem Lande so leicht zu haben, wird das aber ein bisschen erschwert, so müssen sich die Leute wieder an das Bier gewöhnen, und das ist ja zum Besten ihrer eigenen Brauereien, weil sie alsdann mehr Bier verkaufen."
Der hier zitierte königliche Erlass vom 13. September 1779 ist charakteristisch für den damals praktizierten Merkantilismus. Ziel war es, durch Eigenproduktion möglichst viel Geld im Land zu halten und den Import teurer Waren wie Kaffee oder Seidenstoffe durch rigorose Verbote, Schutzzölle und Strafen zu erschweren. Wo sich solche Einfuhren nicht vermeiden ließen, wurden sie mit hohen Steuern belegt. Sich selber und seinesgleichen erlegte der König selbstverständlich keine Zurückhaltung auf, was den Verbrauch von Kaffee, edlen Weinen, Parfüms, Puder und anderen teuer importierten Waren betraf. Seine geheimen Schatullrechnungen geben interessante Einsichten darüber, welche exquisiten Produkte der König aus fremden Ländern für seine Küche und Tafel orderte. Die Abrechnungen befinden sich im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz an der Archivstraße in Berlin-Dahlem und wurden in den vergangenen Jahren von Historikern aufgearbeitet und ausgewertet.
Königliche Kontoauszüge im Archiv
Die königlichen Kontoauszüge dokumentieren des Königs Hang zum Luxus, zu kostbaren Möbeln, Gemälden, antiken Figuren sowie edlen Raumausstattungen, aber auch seine Liebe für teure Speisen und Weine, exotisches Obst und edles Tafelgeschirr. Außerdem zeigen sie, dass sich der königliche Flötenspieler und Komponist die Beschäftigung ausgewählter Musiker und Tänzer viele tausend Taler kosten ließ, während er auf der anderen Seite Bittgesuche von armen Witwen und Kriegsinvaliden um ein paar Taler Unterstützung rüde mit dem Hinweis auf seine leeren Kassen abwies. Er habe nichts zu verschenken, beschied er seine Untertanen, wenn sie um ein wenig Geld baten, etwa um ihre Söhne studieren zu lassen, oder wenn es um einen Kredit für die Gründung einer Manufaktur ging.
Die Kaffeesteuer war eine wichtige Einnahmequelle des preußischen Staates, und wer von den uniformierten Schnüfflern, die der König ausschickte, der Steuerhinterziehung überführt wurde, hatte erhebliche Geldstrafen zu erwarten. Die Truppe bestand aus 400 ausgemusterten Soldaten, die die ganze Wut der Untertanen Seiner Majestät zu spüren bekamen. Die "Königlich allergnädigste Verordnung den Verkauf des gebrannten Caffé betreffend" vom 21. Januar 1781 bestimmte: "Artickel 1. Es ist allen und jeden, welche nicht die Erlaubniß haben, Caffé zu brennen, verbothen, weder in ihren Häusern, noch irgend anderswo ungebrannten Caffé zu führen, auch keinen andern gebrannten, als denjenigen von der General-Niederlage in versiegelten und gestempelten Paqueten, bey Strafe Zehn Reichs Thaler für jedes Pfund, zu haben. Artickel 2. Bey Vermeidung gleicher Strafe, ist allen und jeden, welche nicht die Erlaubniß haben Caffé zu brennen, verbothen, weder in ihren Häusern, noch irgend anderswo dergleichen zu brennen. Artickel 3. Diejenigen, welche Caffé in Bohnen in ihren Häusern haben, sind gehalten, solchen innerhalb acht Tagen dem Accise-Amte der nächsten Stadt, getreulich anzuzeigen, und davon nichts ohne dessen Vorbewusst zu gebrauchen."
Honecker brachte seine Untertanen in Rage
Die Berliner Kaffeehauskultur kennt manche Höhen und Tiefen. Es gab vornehme Kaffeehäuser wie das luxuriös ausgestattete Café Bauer an der Ecke Friedrichstraße/Unter den Linden ein. Dort lagen im 19. Jahrhundert zahlreiche in- und ausländische Zeitungen aus, womit das Kaffeetrinken mit Unterhaltung und Bildung auf das Beste verbunden wurde. Die Preise für die Tasse oder die Kanne Kaffee waren anfangs sehr hoch, weshalb Cafétiers auch mal ihr Getränk verdünnten oder das braune Pulver mit anderen Substanzen streckten. Da das Brühen von Kaffee nur konzessionierten Wirten gestattet war, kam ein pfiffiger Treptower auf die Idee, Ausflüglern für ein paar Pfennige heißes Wasser und Geschirr zur Verfügung zu stellen. Schnell wurde der Spruch "Der alte Brauch wird nicht gebrochen / hier können Familien Kaffee kochen" populär.
Viele Jahre später war in der DDR das Thema Kaffee ein Politikum ersten Ranges. In der Kaffeekrise von 1976 dachten sich Honecker & Co. eine besondere Gemeinheit aus - Kaffee Mix, eine übel schmeckende und muffig riechende Mischung von echter Bohne und Kaffee-Ersatz. Zum Glück verschwanden silbrig schimmernden Tüten mit "Erichs Krönung" wieder schnell aus den Regalen, weil sich die Leute und sogar stramme Genossen über diese Zumutung furchtbar erregten und das SED-Politbüro, das natürlich nur "West" trank, im Inneren keinen Kaffeekrieg riskieren wollte. Die Versorgung mit der echten Bohne schwankte immer, und wenn es keinen richtigen Kaffee gab, half man sich mit Muckefuck, einem Ersatzkaffee, dessen Name aus dem französischen Begriff "mocca faux" (falscher Mokka) abgeleitet wurde. Wer Westverwandte hatte, ließ sich Westkaffee schicken. Ein Tütchen konnte Wunder wirken, wenn man jemand um eine Gefälligkeit bat oder sich für eine Freundlichkeit bedankte.
20. April 2021
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