Frohnauer Hammer im Spiegel von Medaillen
Neue Publikation listet Souvenirprägungen in der Art sächsischer Taler und Groschen auf und räumt mit alten Legenden auf



Der Hammerbund Frohnau e. V. führt immer am zweiten Samstag im Monat ein "Historisches Schmieden" durch. Dabei kann man hautnah erleben, wie Arbeiter in vergangenen Zeiten mit alter Technik und viel Muskelkraft gearbeitet haben, wie sie das Schmiedefeuer anfachten und hüteten und welche Werkzeuge sie einsetzten. Beim Museumsrundgang werden das historische Hammerwerk und die Blasebälge vorgeführt, der Weg führt auch in das Haus des Hammermeisters. Die alte Ausstattung ist auf einer im Buch von Thomas Krause abgebildeten Postkarte von 1936 zu sehen.





Als Vorbild für die mit dem Bildnis von Herzog Georg dem Bärtigen geschmückten Frohnauer Souvenirmedaille diente ein Annaberger Taler aus dem Jahr 1538. Warum man für sie und weitere Prägungen dieser Art diesen Herzog und nicht den mit das Kurschwert schulternden Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen, müsste noch geklärt werden.







Sächsischen Engel- oder Schreckenberger Groschen - in der Mitte ein undatiertes Exemplar aus der Zeit Friedrichs des Weisen- nachempfunden sind die Frohnauer Souvenirmedaillen, rechts mit der unkorrekten Jahreszahl 1436 und der Angabe ÄLTESTE HAMMERSCHMIEDE DEUTSCHLANDS. Der Landesname wurde im Zeichen der von Erich Honecker ausgerufenen Zwei-Staaten-Doktrin nach 1971 in DDR abgeändert. Außerdem hat man aus der ältesten Hammerschmiede ein TECHNISCHES DENKMAL gemacht.





Die Rückseite eines Hundertmarkscheins von 1922 zeigt den Frohnauer Hammer von außen und den letzten Obersteiger von Frohnau, August Goltz. Das Hammerwerk hat es 1918 auf einen Gutschein der Königlichen Amtshauptmannschaft Annaberg geschafft. Schon bald war die Monarchie im Orkus der Geschichte verschwunden.





Ein Nebengebiet in Thomas Krauses Buch berücksichtigt ist die Verwendung der Frohnauer Vorderseitenstempel mit Herzog Georg auf Kulturbundmedaillen zur Siebenhundertjahrfeier von Pirna sowie anlässlich von einem Schauprägen am Klippwerk ebenfalls in Pirna, hier Ausgaben von 1981 und 1982. (Fotos: Caspar/Repros aus dem besprochenen Buch)

Seit Juli 2019 gehört der Frohnauer Hammer bei Annaberg mit weiteren historischen Bauten und Sehenswürdigkeiten zum UNESCO-Welterbe "Montanregion Erzgebirge/Krušnoho?í". Das 1910 gegründete und damit älteste Schmiedemuseum Deutschlands ging aus einer im Mittelalter errichteten Getreidemühle hervor, war zeitweilig Münzstätte und ab 1621 ein Hammerwerk, in dem bis 1904 eiserne Werkzeuge für Bergbau und Landwirtschaft hergestellt wurden. Wer das noch voll funktionstüchtige Hammerwerk mit Wasserkraftantrieb aus dem 17. Jahrhundert besucht, fühlt sich in eine andere Welt versetzt und erkennt, wie schwer es in alten Zeiten war, im Ofen glühend heiß gemachtes Eisen mithilfe eines von Wasserkraft auf und ab bewegten Hammers, aber auch am Amboss mit kräftigen Hammerschlägen zu bearbeiten. Wie hilfreich ein Hammerwerk war, mögen folgende Zahlen zeigen: Ein vom Schmied benutzter Vorschlaghammer wiegt zehn Kilogramm, der Hammer eines mit Wasserkraft bewegten Hammerwerks, wie der Frohnauer Hammer einer war, wiegt 150 bis 500 Kilogramm, das Fallgewicht eines Dampfhammers aus dem 19. Jahrhundert brachte bis 10000 Kilogramm auf die Waage, und bei heutigen Schmiedepressen sind es bis 1,5 Millionen Kilogramm.

Vielbesuchtes Touristenziel

Viele Besucher kauften und kaufen im Frohnauer Hammer auch heute Souvenirmedaillen als Erinnerung an ein überwältigendes Erlebnis. Die Prägestücke gehören in das Gebiet der Münzen und Medaillen mit Museumsmotiven, die vom Handel regelmäßig angeboten werden und ein beliebtes Sammelthema sind. Nicht wenige Stücke würdigen gekrönte Häupter und berühmte Museumsleute, zeigen Gebäude und einzelne dort ausgestellte Objekte. Im Falle der Medaillen aber, die man beim Besuch des zu den wichtigen technischen Denkmalen in Deutschland gehörenden Frohnauer Hammers für wenig Geld kaufen konnte und kann, wird man vergeblich nach einer bedeutenden Person suchen, die die frühere Münzstätte und Eisenschmiede zu einem vielbesuchten Touristenmagneten gemacht hat. Abgebildet sind auf den Medaillen der sächsische Herzog Georg nach einem Annaberger Taler von 1538 sowie Engel über dem Kurwappen mit den gekreuzten Schwertern in der Art der Schreckenberger Groschen, die vor langer Zeit in großen Mengen in erzgebirgischen Münzstätten geschlagen wurden. Andere Medaillen zeigen das 1909 in ein Museum umgewandeltes Hammergebäude und weitere Motive.

In seinem Buch "Frohnauer Hammer - 90 Jahre Medaillenkunst" (120 Seiten, zahlr. Abbildungen, 29,60 Euro)berichtet der in Schwedt/Oder lebende Sammler und Forscher Thomas Krause, er habe gut 60 Varianten der in alles in allem in einer Millionenauflage hergestellten Medaillen ausgemacht. Das Buch wurde im Selbstverlag vom Heimatland Uckermark herausgegeben und hat zahlreiche meist farbige Abbildungen. Die beschriebenen und abgebildeten Medaillen dürften noch in vielen Sammlungen und sicher auch unbeachtet in Schubladen und Kästen liegen. Beim ersten Hinschauen sehen sie gleich aus, aber sie sind es nicht. Der Verfasser hat sich intensiv mit den seit 1931 von unterschiedlichen Firmen hergestellten Medaillen beschäftigt und erkannt, dass sie sich in winzigen Details unterscheiden. Davon leitet er ab, dass zu ihrer Herstellung immer wieder neue Stempel verwendet werden mussten. Wir kennen das bei den in einer Massenauflage zwischen 1500 und 1525 in Sachsen geprägten Klappmützentalern, von denen es über 300 Varianten gibt. Da die Forschung auch nach diesem Buch über das Frohnauer Hammerwerk und seine Medaillen weiter geht, erwartet Krause, dass auch künftig unbekannte Versionen ans Tageslicht kommen. Und so bittet er um Ergänzungen und Berichtigungen an seine Adresse thomas.krause@poymernotes.de.

Gründungsjahr 1436 stimmt nicht

Gleich eingangs stellen Jörg Bräuer vom Hammerbund e. V. und Thomas Krause einen Fehler richtig, wonach der Frohnauer Hammer angeblich 1436 gegründet wurde und daher das älteste Hammerwerk Deutschlands ist, wie man es auch auf älteren Medaillen lesen kann. Nachgewiesenermaßen aber sind die Hammerwerke in Olbernhau und Dorfchemnitz weitaus älter als das in Frohnau. So wird 2021 die Vierhundertjahrfeier des Frohnauer Hammers begangen, und das Buch ist ein schönes Geschenk für dieses stolze Jubiläum. Der auch mit historischer Münzprägung befasste Forscher Peter Hammer weist darauf hin, dass die bekannten, in der Nähe des heutigen Hammerwerkmuseums geprägten Engelgroschen als Vorbilder für die Souvenirmedaillen dienten.

Wichtig ist ein Blick in die Geschichte des Technikmuseums. Der 1907 gegründete Hammerbund e. V. sicherte die Gebäude und das alte Inventar und eröffnete am 1. Oktober 1909 das Museum, dem ein Gasthaus angeschlossen war. In seinen besten Jahren hatte das Museum bis zu 250000 Besucherinnen und Besucher, und viele nahmen die Souvenirmedaillen als Andenken nach Hause. Ein Blick auf sie lohnt sich, denn es gibt unterschiedliche Ausgaben mit und ohne Loch aus Neusilber, rostfreiem Stahl, Kupfer, Kupfernickel, Zinn, Aluminium und sogar in kleiner Stückzahl geprägte Exemplare aus Silber. Krause zeigt auch Stücke, die wie unsere Münzen zu einem Euro aus Bimetall mit einem Ring aus Kupfernickel und einer Pille aus Messing bestehen.

Heimatkundliche Daten und Fakten

Das Buch enthält viele heimatkundliche Daten und Fakten, so auch über die Finanzierung des Hammerwerks, die Verwendung von Motiven auf Geldscheinen, das Programm der mit viel Folklore verbundenen Hammerfeste und Grenzland-Treffen in der Zeit des Nationalsozialismus sowie die Inbetriebnahme des Hammermuseums im Jahr 1954 und die Entwicklung danach. Thomas Krause schließt ab mit Texten und Bildern zu Postkarten, Abzeichen, Stocknägeln, Eintrittskarten und weiteren Hinterlassenschaften sowie einer Statistik der Besucherzahlen, die 1976 mit fast 250000 die Spitze erreichten. Indem das hervorragend illustrierte Buch mit Legenden aufräumt und schildert, wie eng das Hammerwerk mit den Menschen im Erzgebirge und der sächsischen Wirtschaft und Kultur verbunden war und ist und wie es die Leute dieses interessante Relikt aus grauer Vorzeit lieben. Der Verfasser leistet mit seinem Buch einen wichtigen Beitrag zur Heimatgeschichte und regt Sammler sowie solche, die es werden wollen, dazu an, in neue numismatische Gebiete vorzustoßen. Im Übrigen zeigt sich auch an dieser Publikation, was geduldige Laienforschung zustande zu bringen vermag.

10. September 2021

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