Vergoldet, gehenkelt, verschraubt
Münzen dienten und dienen auch heute nicht nur zum Bezahlen, sondern auch als Schmuck und zum Transport von Bildern



In volkskundlichen und regionalgeschichtlichen Ausstellung vor allem in Bayern kann man solchen Münzschmuck bewundern.



Die altrömische Silbermünze in der Broschenfassung ist eine Nachahmung aus der Neuzeit.



In der Ausstellung des Berliner Münzkabinetts im Bode-Museum auf der Museumsinsel werden auch Gnadenpfennige gezeigt. Diese goldenen Kostbarkeiten stammen aus der Zeit des brandenburgischen Kurfürsten Johann Georg und seiner Gemahlin Elisabeth.



Man würde dem Taler des Deutschen Ordens von 1603 Gewalt antun und ihn schwer schädigen, wollte man den Henkel und die Vergoldung beseitigen.



Bis heute haben sich zu Schmuck umgearbeitete Silbermünzen aus dem Zarenreich erhalten. Tragen wird man sie kaum noch.



Da und dort kann man auf Trödelmärkten ausgesägte Münzen kaufen, und wer es mag, kann sie sich an einer Kette um den Hals hängen. Hier blieben die Konturen des deutschen Bundesadlers und des Berliner Bären erhalten, dazu auch Reste eines Hongkong-Dollars.



Schraubtaler und -medaillen waren beliebt, weil man in ihnen Bilder und Nachrichten transportieren konnte. (Fotos: Caspar)

Solange es Münzen gibt, werden sie auch als Schmuck verwendet. Archäologen haben in zahlreichen Funden Gold- und Silberstücke mal mit Loch, mal mit Henkel und dann wieder eingefasst in Schmuckrahmen entdeckt. Unsere Altvorderen haben diese Kostbarkeiten an Schnüren oder Ketten am Hals getragen, mit ihnen die Ohren geschmückt oder sie, zu Ringen umgearbeitet, an den Fingern getragen. Überdies hat man schon vor Jahrhunderten Groschen und Taler, Gulden und Dukaten sowie weitere Prägestücke zur Zierde von Krügen und Schalen verwendet. Solche Münzgefäße sind in größerer Zahl vor allem aus der Barockzeit sowie aus der Zeit um 1900 überliefert. Doch auch in der Renaissance, als man die Kultur und Kunst der Antike neu entdeckte und begann, Münzen der römischen Cäsaren und anderer Herrscher zu sammeln, kam die Sitte auf, Gold- und Silbermünzen in Gefäße einzulassen oder sie als Hals-, Arm-, Finger- oder Hutschmuck zu verwenden.

Schützenketten und Gnadenpfennige

Viele Geldstücke, die eigentlich den Tod im Schmelztiegel erlitten hätten, haben, obwohl zweckentfremdet sowie durch die bei Sammlern wenig geliebten, Fassungsspuren verletzt und/oder vergoldet, auf diese Art und Weise überlebt. Das gilt auch für die zahllosen als Anhänger verwendeten Münzen, die Schützenketten und Schützenpokale sowie Frauen- und Männertrachten schmücken und oft in Volkskundemuseen gezeigt werden. In filigranen, oft auch mit Edelsteinen und Perlen geschmückten Fassungen kommen so genannte Gnadenpfennige vor. Oft aus Gold bestehend, stellen sie ausgesprochene Museumsstücke dar. Die wenigen Exemplare, die bis in unsere Zeit überlebt haben, werden, wenn sie vom Münzhandel angeboten werden, sehr hoch bezahlt.

Angesichts der Münzhumpen oder in filigranen Fassungen eingelassenen Münzen erhebt sich die Frage, was man mit ihnen anfangen soll. Sammler würden die Stücke am liebsten "pur", ganz ohne angelötete Ösen, bei Silbermünzen auch ohne Vergoldungen oder, was auch vorkommt, mit Emailleauflagen besitzen. Sammler und Händler bewerten solche Stücke weitaus geringer als makellose Ausgaben. Dann und wann bekommt man verbilligt gelochte Münzen und Medaillen sowie solche, bei denen das Loch mehr oder weniger gut gestopft ist. Ratsam ist, die ungeliebten Veränderungen respektieren, denn sie sind interessante Beweise für die Beliebtheit von Münzen als Schmuck. Manche alten Taler mit Heiligenbildern und frommen Sprüchen dienten als Talisman und Schutz vor Krankheit, Tod und "bösem Blick". Auf der Skala standen Taler der Grafschaft Mansfeld aus dem 16. und 17. Jahrhundert mit dem Bild des Sankt Georg als Drachentöter und der Inschrift BEI GOTT IST RAT UND TAT. Großen Zuspruchs als Anhänger erfreuten sich auch die bayerischen Madonnentaler, denen man ebenfalls schützende Eigenschaften zuschrieb. Dass manche dieser Silberstücke Spuren von Feilstrichen aufweisen ist ein Hinweis darauf, dass man das so gewonnene Edelmetall zur Heilung von Wunden nutzte.

Sollte man Löcher schließen?

Bei Henkeln an Münzen ist zu großer Vorsicht zu raten. Wenn sie unsachgemäß entfernt werden, ist der Schaden noch größer als wenn man die Stücke so lässt wie sie sind. Am besten ist, den überkommenen Zustand zu respektieren. Wie Henkel sind auch Löcher in Münzen und Medaillen ein Ärgernis. Wenn sie unbedingt gestopft werden sollen, ist es ratsam, dies von einem Juwelier oder Metallrestaurator ausführen zu lassen. Löcher zu schließen oder Lötspuren zu beseitigen, lohnt sich eigentlich nur bei besseren Stücken. In den Katalogen des Münzhandels werden diese Veränderungen stets angegeben, weil sie sich wertmindernd auf den Preis auswirken.

Wer sich umschaut, findet in der eigenen Sammlung oder bei Sammlerfreunden, aber auch in Ausstellungen Münzen und Medaillen, die zu Schmuck umgearbeitet wurden. Diese Stücke kommen in unterschiedlichen Gestalten vor, mal als Anhänger oder Brosche, auch eingefasst in Fingerringen, aneinander gelötet als Armband oder ein wenig gebogen als Jacken- oder Manschettenknöpfe. Beliebt waren und sind Münzen unterschiedlicher Zeitepochen als Anhänger von Schützenketten, die auch heute zu besonderen Anlässen getragen werden. Aus der Mode gekommen sind hingegen große und schwere Goldmünzen an Hals- und Armketten.

Hin und wieder findet man auf Trödelmärkten ausgesägte Münzen, manchmal kann man sogar zuschauen, wie sie entstehen. In der Regel handelt es sich um Massenware, die mit feinen Werkzeugen zu filigranem Schmuck verarbeitet werden. Solche Stücke unterstreichen, dass man auch heute in Münzen oft mehr sieht als bloße Zahlungsmittel. Ausgesägte Münzen zu sammeln, ist Geschmacksache, doch es muss Zeitgenossen geben, die an ihnen Freude haben und nicht wenig Geld für sie hinblättern, sonst wären die Metallhandwerker arbeitslos. Da und dort kommen altvergoldete Münzen und Medaillen vor. Die Auflagen zu entfernen ist nicht ratsam, der Schaden an dem Prägestück wäre zu groß.

Bemalte und gedruckte Einlagen

Ein Sonderfall für die Zweckentfremdung von Münzen und Medaillen sind die seit dem 16. Jahrhundert hergestellten Schraubtaler und Steckmedaillen. Sie bestehen aus Prägungen oft aus Edelmetall, die wie eine kleine Cremeschachtel zusammengesteckt sind oder, wenn sie ein Gewinde besitzen, miteinander verschraubt wurden. Wie in einer Nuss bergen die Metallkapseln, die manchmal inwendig graviert oder bemalt sind, kleine Bilder, Gedichte und Chroniken. Die Einlagen vermitteln uns ein Stück Denk- und Lebensweise ferner Epochen und unterstreichen das große Interesse früherer Generationen an erbaulichen Mitteilungen und Bildern. In Schraubtalern finden sich Szenen aus der Bibel und Heiligenbildnisse, Porträts gekrönter Häupter und Schlachtenszenen, aber auch Gebäude- und Stadtansichten. Beliebt waren ferner Trachten und Uniformen, und natürlich kommt alles, was mit Liebe und Erotik zu tun hat, als Beigaben der Schraubtaler und -medaillen nicht zu kurz.

Da mit den Jahrhunderten viele dieser gemalten, geschriebenen und gedruckten Einlagen verloren gegangen sind, rangieren komplette und vorzüglich erhaltene Exemplare, bestehend aus den Schraubtalern mit den dazu gehörigen Bilderfolgen, bei Sammlern und Händlern ganz oben. Mit Schraubtalern und eingelegten Bildern wurde Propaganda für und gegen die Reformation gemacht, und es wurden mit ihnen Ereignisse der Zeitgeschichte wie Kriege, Friedensschlüsse, Thronbesteigungen, ja auch Revolutionen und andere Themen dokumentiert. Beim Betrachten des reichhaltigen Materials kristallisieren sich Orte mit einem florierenden Schraubtalergewerbe heraus. Hier tat sich Augsburg besonders hervor, eine der reichsten Städte des römisch-deutschen Reiches, Sitz mächtiger Handelshäuser und berühmt durch seine Silberschmiede und Juweliere. In der Skala folgte Nürnberg, wo ebenfalls die eigene Münz- und Medaillenprägung die Grundlage für die Herstellung der "geschraufften Medaillen" bildete. Auch in unseren Tagen werden Schraubmedaillen hergestellt, wie Angeboten im Münzhandel und auf Numismatik-Börsen zeigen.

19. Februar 2021

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