Groschen, Taler, Mark und Euro -
Helmut Caspar unternimmt einen Streifzug durch Berliner Münz- und Geldgeschichte

Es gibt zahllose gelehrte Abhandlungen über Geld- und Münzgeschichte sowie dicke Katalogen und Korpuswerke, in denen lange Münzreihen aufgelistet sind. Fassliche Darstellungen für ein breites Publikum hingegen besitzen Seltenheitswert, denn die meisten Bücher über Münzen und Geldgeschichte sind von Spezialisten für Spezialisten geschrieben. Sie handeln von Münznamen, Münzgesetzen, Münzverträgen und Münzfüßen, von Münzstätten und vom Verhältnis der Münzmetalle untereinander, von Gewicht und Feingehalt, von den bei der Prägung angewandten Techniken, von Inflationen und Maßnahmen, fehlendes Geld zu beschaffen und falsches abzuwehren.

Von manchem ist in der neuen Wegleitung von Helmut Caspar durch die Berliner Münz- und Geldgeschichte die Rede. Das im Money trend Verlag Wien erschienene Buch „Vom Groschen zum Taler, von der Mark zum Euro“ hat 270 Seiten und zahlreiche meist farbige Abbildungen (ISBN978-3-9503347-4-6, 49,50 Euro). Vorangegangen waren im gleichen Verlag fünf ähnlich ausgestattete Bücher über Münzgeschichte der DDR sowie der Bundesrepublik Deutschland, ferner über die Münzen der Weimarer Republik einschließlich der Zeit des Nationalsozialismus. 2009 und 2010 brachte der Verfasser in Wien ein Buch über die Münzen der deutschen Kaiserzeit nach 1871 sowie über alles heraus, was mit den bei Sammlern beliebten Talern zu tun hat.

Die nunmehr sechste Folge der Reihe schlägt einen Bogen von den Münzen, die in der mittelalterlichen Doppelstadt Berlin-Cölln geschlagen wurden und umliefen, bis zur Gegenwart. Gezeigt wird, dass die Geschichte des Berliner Geldes nicht immer eine Erfolgsstory war, so wie auch die Entwicklung der Stadt von Auf- und Abschwüngen, von Kriegen und Katastrophen gezeichnet war. Neben Zeiten, da an der Spree die Münzproduktion florierte, gab es auch Perioden, als das Geld der Berliner woanders hergestellt wurde, weil man hier dazu nicht die finanziellen und technischen Mittel hatte oder kein Bedarf für neues Geld bestand. Es kam vor, dass man sich mit fremden Geldstücken mangels eigener Pfennige oder Taler behalf. Und auch das hat es gegeben – Münzbetrug, den man in alter Zeit auf grausige Art zu ahnden pflegte. In rauchigen Schmieden wurde frech geschummelt, indem man mehr Kupfer als Silber vermengte und dem Volk aber vorgaukelte, das Geld sei „nach des alten Reiches Schrot und Korn“ geprägt.

Erst unter Friedrich dem Großen wurden die von Pächtern betriebenen preußische Geldfabriken in straff organisierte Staatsunternehmen umgewandelt. Berlin erhielt 1750 den Münzbuchstaben A, sichtbar auch heute auf allen Euromünzen, die in der Hauptstadt entstehen. Als 1763 nach dem siegreich beendeten Siebenjährigen Krieg der Wiederaufbau vorangetrieben wurde und sich Preußen als europäische Großmacht etablierte, hat man im Geldwesen alte Zöpfe abgeschnitten. Gegen vielfältige Widerstände wurden die ersten, noch sehr einfach gedruckten Banknoten ausgegeben. Im frühen 19. Jahrhundert einigten sich Fürsten und freie Städte, um die Zersplitterung bei Münzen, Maßen und Gewichten im Deutschen Bund zu überwinden. Krönung dieser Mühen war nach der Reichseinigung von 1871 die Schaffung der auf Mark laufende Gemeinschaftswährung, verbunden mit einem bemerkenswerten Aufschwung der fabrikmäßigen Geldproduktion an der Spree und den anderen deutschen Münzanstalten.

Nach einer Inspektion der Königlichen Münze an der Unterwasserstraße unweit des Berliner Schlosses erzählt der Rückblick von Zeiten, als mit kunstvoll gestalteten Münzen und Medaillen monarchische Propaganda gemacht und nach dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) in der schrecklichen Inflationszeit selbst die Ärmsten zu Papiergeld-Milliardären wurden. Neue Einsichten in die Münzpolitik werden im Abschnitt über Weimarer Republik vermittelt, und im Kapitel „Münzen unterm Hakenkreuz“ ist unter anderem zu erfahren, warum es 1933 eine Umstellung von den schweren Reichsmünzen mit aus minderwertigem Silber auf handlichere und besser legierte Geldstücke gab und die Prägung von Hitler-Münzen auf die Zeit nach dem „Endsieg“ verschoben wurde, der dann aber ausblieb. Der Verfasser unternimmt schließlich einen Streifzug durch die getrennt verlaufende Geld- und Münzgeschichte im geteilten Berlin zwischen 1945 und 1990, schildert den Übergang von der Mark zum Euro im Jahr 2002 und nimmt die Leser in die Staatliche Münze Berlin mit, die Ende 2005 vom Molkenmarkt in den Bezirk Reinickendorf zog und dort ein sehenswertes Betriebsmuseum besitzt.